Due Diligence süß-sauer – Typische Probleme im Reich der Mitte

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Beim anstehenden Erwerb von Anteilen an Unternehmen wird i.d.R. eine Financial Due Diligence (FDD) durchgeführt, um wesentliche ökonomische Aspekte vor dem Erwerb herauszuarbeiten. In China ist dies besonders wichtig, da jegliche Art von Finanzinformation oft mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist. Die Financial Due Diligence nach „westlicher Machart” stößt in China allerdings schnell an ihre Grenzen.
 
Ziel einer klassischen Financial Due Diligence ist, (geprüfte) Finanzdaten aufzubereiten, um zwischen den beteiligten Parteien bestehende Informationsasymmetrien abzubauen. Durch Beurteilung ökonomischer Zusammenhänge soll ein umfassendes Bild über die aktuelle und künftige wirtschaftliche Situation eines Unternehmens erlangt werden, um auf dieser Basis einen Kaufpreis bestimmen zu können. 

 
Dieser Ansatz lässt sich aber nicht ohne Weiteres auf China übertragen. Da es keine gesetzliche Pflicht zur Abschlussprüfung gibt, hat man es i.d.R. mit ungeprüften Abschlüssen zu tun. Falls das Testat eines lokalen Prüfers vorliegt, ist das Qualitätsniveau erfahrungsgemäß eher niedrig. Letztlich empfiehlt sich, die Financial Due Diligence um prüferische Aspekte zu erweitern.
 

„Doppelte” Buchführung

Viele chinesische Unternehmen halten zwei, mitunter sogar mehrere Buchführungen vor. Eine für Steuer-, eine für Offenlegungs- und evtl. eine für interne Zwecke, welche dem „true and fair”-View wohl am nächsten kommt. Hier gilt  es die „Richtige” zu bestimmen oder durch Anpassungen zu ermitteln, denn ein potenzieller Investor benötigt eine valide Grundlage, auf deren Basis er seine Entscheidung treffen kann.
 
Bei vielen chinesischen Unternehmen konnten interne Kontrollen und Strukturen des Rechnungswesens mit dem sprunghaften Wachstum des Geschäfts nicht Schritt halten. Die Zuverlässigkeit von Buchhaltungssystemen ist noch im Aufbau begriffen – bei gleichzeitiger Abhängigkeit von manuellen Prozessen. 
 
Mitarbeiter sind teilweise noch nicht ausreichend geschult, um mit den Systemen richtig umzugehen. Das zeigt sich oftmals schon daran, dass Informationen, die im Rahmen der Financial Due Diligence mit einer Anforderungsliste abgefragt werden, nicht oder nicht in erwarteter Qualität vorgelegt werden können. 
 

Neuralgische Jahresabschlusspositionen 

Der Forderungsbestand sollte im Rahmen einer Saldenbestätigungsaktion geprüft werden. Allerdings liegt die Rücklaufquote in China erfahrungsgemäß oftmals unter 10 Prozent, sodass alternative Prüfungshandlungen durchzuführen sind. Die Alterstruktur wird, wenn überhaupt, nur in Jahren gezeigt.
 
Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen und Personen werden oft nicht oder nur unvollständig offen gelegt. Doch Vorsicht: Zu viel investigative Arbeit kann in China mit Haftstrafen belegt werden. 
 
Umsatzrealisierung wird entweder vom Umsatzsteuerrecht getrieben oder erfolgt u.U. auf Cash-Basis. Hier sind im Rahmen der Financial Due Diligence fast immer Anpassungen erforderlich. Bei der Umsatzplanung ist zu berücksichtigen, dass eine gelebte Post-Closing-Compliance zu einem anfänglichen Abrutschen von Umsätzen führen kann. Werden vermeintliche Konsignationslager bei Kunden unterhalten, sind Schieflagen bei Umsatz, Wareneinsatz, Vorratsvermögen und Forderungen eigentlich schon programmiert. 
 
Überdies ist bei einer Financial Due Diligence beispielsweise zu berücksichtigen, dass der bisherige Gesellschafter-Geschäftsführer oft starken Einfluss auf Mitarbeiter und gute Verbindungen zu Kunden, Lieferanten und Behörden hat. Scheidet er nach dem Deal aus, kann sich das negativ auf das gesamte Zielunternehmen auswirken. Der Einfluss eines Patriarchen in ländlichen Gegenden ist ungleich größer. 
 
Zudem ist zu beachten, dass chinesische Unternehmen normalerweise selten von lokalen Behörden geprüft werden, Unternehmen mit fremden Wurzeln dagegen häufig. Insbesondere im Bereich Steuern und Sozialversicherung sind Nachbuchungen im Rahmen der Financial Due Diligence die Regel. 
 
Insofern sollte in China die Financial Due Diligence Hand in Hand gehen mit prüferischen Überlegungen. Nur dadurch erhält der Auftraggeber adäquate Informationen für seine Investitionsentscheidung. 
 

Bitte beachten Sie:

  • Den Financial Due Diligence-Ansatz modifizieren.
  • Prüfungshandlungen aus dem Bereich der Jahresabschlussprüfung punktuell integrieren.
  • Intransparenz und u.U. mangelnde Auskunftsbereitschaft beim Zielunternehmen berücksichtigen.
  • Skepsis gegenüber den vorgelegten Büchern an den Tag legen.
  • Einfluss des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht unterschätzen.

Kontakt

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Roger Haynaly

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Certified Public Accountant (USA)

Partner

+86 21 6163 5305

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