Business Process Outsourcing: Die Strategien der Auslagerung

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zuletzt aktualisiert am 18. Oktober 2017



Herr Schäfer, welche Motivation steht hinter dem Auslagern von Accounting- und Finance-Prozessen an Dienstleister wie Rödl & Partner?

Es gibt drei wesentliche Anlässe: Zum einen der Wunsch, bestehende Kosten zu senken und hierbei auch unter Umständen seit vielen Jahren eingefahrene Prozesse zu überdenken und schlank aufzusetzen. Dann natürlich die Expansion in neue Märkte mit neuen Betriebsstätten, Niederlassungen oder Tochtergesellschaften. Eine Administration lässt sich nicht so schnell aufbauen. Mitarbeiter im Bereich Buchhaltung und Löhne sind in allen Industrienationen teuer und rar geworden; und selbstverständlich die wachsende Heterogenität der Thematik. Hier eigene qualifizierte Mitarbeiter aufzubauen wird zunehmend schwieriger. Viele Mandanten sind gebrannte Kinder mit einer Leidensgeschichte, wenn sie zu uns kommen.

 

Hat sich in der Vergangenheit eine Verschiebung der Argumente ergeben?

Eindeutig. Als Rödl & Partner vor ca. 15 Jahren begonnen hat, zentrale Projektsteuerung bei BPO-Projekten anzubieten, dominierte bei unseren Mandanten der Wunsch nach Kostensenkungen. Kein Wunder: Der Anfang dieses Jahrtausends war schließlich geprägt durch Lean Management und Restrukturierung. Dann kamen für den Mittelstand Themen hoch wie „Corporate Governance”, IFRS oder die Übernahme der angelsächsischen Compliance Gedanken wie z.B. aus Sarbanes Oxley oder dem Foreign Corruption Practice Act. Das konnte man alles nicht mehr mit eigenen Mitarbeitern darstellen. Die Komplexität der Prozesse, deren Überwachung und Weiterentwicklung konnte nicht mehr in den Händen eines internen „Einzelkämpfers” liegen, der auf der eigenen Gehaltsliste steht. Dieser Trend aus den Konzernen hat sich sukzessive auf den Mittelstand ausgedehnt. Viele Mittelständler können sich heute nicht in jedem Land einen Fachmann für IFRS oder HGB leisten. Und wenn man vor der Entscheidung steht, dieses Wissen für ebenso teures Geld in den Zentralen in Deutschland anzusiedeln oder die Synergien eines externen Anbieters zu nutzen, landen wir wieder bei dem Kostenthema.
 

Ist das somit eher eine strategische Entscheidung?

Ganz klar! Die weit überwiegende Mehrheit unserer Mandanten wählt den BPO-Partner aus strategischen Gründen. Wer schon mal in Ländern wie Brasilien oder Russland gescheitert ist, wählt fortan einen erfahrenen Partner, um nicht nochmal auf die Nase zu fallen.
 

Nicht jedes BPO-Projekt ist ein durchschlagender Erfolg. Welche Fehler gilt es zu vermeiden?

Es ist erstaunlich, wie die Kosten bei einer „Make or Buy”-Entscheidung oft dargestellt werden. Da werden häufig Äpfel mit Birnen verglichen.
 

Zum Beispiel?

Nehmen wir den Spruch: „Da kann ich mir ja gleich einen eigenen Buchhalter leisten”. Stimmt. Einen einzelnen, der dann nie krank sein darf, keinen Urlaub macht und mit seinem hoffentlich umfangreichen Vermögen für Fehler haftet. Und er muss natürlich auch in HGB und IFRS fit sein und sich zu lokalen steuerlichen Themen ständig auf dem Laufenden halten. Eine externe Kontrolle der Arbeit findet entweder für viel Geld im Rahmen der internen Revision oder einmal im Jahr im Rahmen der Jahresabschlussprüfung statt. Das ist alles nicht zeitgemäß. Hinzu kommen Reisekosten der Financial Controller, die „nach dem Rechten sehen” oder Probleme lösen müssen oder die das Wissensdefizit zum Beispiel bei der Erstellung eines IFRS Abschlusses auszugleichen haben.
 

Und das ist bei einer ausgelagerten Buchhaltung anders?

Wir meinen schon. Denken Sie nur an die gemeinsame Nutzung von Spezialisten, die Haftung für Fehler und die Durchführung von Überwachungstätigkeiten, von der internen Reisekostenrichtlinie über Zahlungslimits bis hin zur datenschutzkonformen Auszahlung von Gehältern. All das ist bis zu einer bestimmten Größe extern immer günstiger – so man denn ordentlich rechnet.

 

Heißt das, nur für den Mittelstand oder kleine Tochtergesellschaften ist das ein interessantes Konzept?

Wie gesagt, überwiegt mittlerweile die strategische Komponente bei der Entscheidung, ob man die Prozesse des Rechnungswesens auslagert oder nicht. Gerade bei unseren börsennotierten Mandanten ist das ausschlaggebend. Und das sind richtig große internationale Gesellschaften.

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Ulrich Schäfer

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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