Neues DBA Deutschland-China unterzeichnet

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Das neue Doppelbesteuerungsabkommen bringt wichtige Erleichterungen. Die Einschaltung von Holdinggesellschaften in Singapur und Hongkong ist künftig nicht mehr generell erforderlich. Die Besteuerung von Betriebsstätten wird vereinfacht. Umfassende zwischenstaatliche Auskunftsklauseln wurden vereinbart. Sogenannte passive Einkünfte, die deutsche Unternehmen in der Volksrepublik China erwirtschaften, werden sanktioniert.
 
 
Anlässlich des Besuchs des chinesischen Präsidenten Xi Jinping am vergangenen Freitag (28. März) wurde das seit Langem erwartete Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China unterzeichnet. Das derzeit gültige Doppelbesteuerungsabkommen stammt aus dem Jahre 1985. Seitdem hat sich die Volksrepublik China stark gewandelt, seit Oktober 2007 wurde das neue DBA verhandelt. Die Steuerrechtspraxis von Rödl & Partner in Peking hatte damals zusammen mit den Experten aus der Abteilung Internationales Steuerrecht in Deutschland den Start der Verhandlungen vor Ort in Peking begleitet und Praxisprobleme aufgezeigt, die sich aus der Anwendung des alten (und derzeit noch gültigen) Doppelbesteuerungsabkommens ergaben. 
 
Nachfolgend die wichtigsten Änderungen im ersten Überblick.
 

Quellenbesteuerung auf Gewinnausschüttungen sinkt auf 5 Prozent

Als positiv kann verzeichnet werden, dass Ausschüttungen deutscher Tochtergesellschaften in der Volksrepublik China künftig nur noch mit einer Quellensteuer von 5 Prozent (derzeit: 10 Prozent) belastet werden. Damit ist die Einschaltung einer Holding in Hongkong oder Singapur zur Verringerung der Quellensteuer bei Gewinnausschüttungen aus China nicht mehr erforderlich. Die Lösung galt als attraktiv, weil diese beiden Staaten mit der Volksrepublik China schon seit Jahren einen Quellensteuersatz von 5 Prozent auf Ausschüttungen vereinbart haben.
 
In der Praxis kann die bevorstehende Änderung möglicherweise bereits jetzt für Ausschüttungen genutzt werden. Viele deutsche Unternehmen, die ihre chinesischen Tochtergesellschaften über Singapur oder Hongkong halten, gelangen nicht in den Genuss des günstigeren Quellensteuersatzes, da die chinesischen Behörden den „Umweg” über Hongkong und Singapur steuerlich nicht anerkennen wollen. In aktuellen Verfahren sollten deshalb die chinesischen Behörden darauf aufmerksam gemacht werden, dass aufgrund des künftigen DBA ohnehin der Quellensteuersatz von 5 Prozent gilt, sodass es für die lokalen chinesischen Behörden keinen Grund gibt, die günstige Besteuerung für Ausschüttungen über Hongkong und Singapur abzulehnen. 
 
Unabhängig von der künftig günstigeren Besteuerung von Dividenden dürften aber nach unserer Einschätzung auch Hongkong und Singapur weiterhin als Standorte für Regional Headquarters- und Sourcing-Gesellschaften wichtig bleiben und möglicherweise sogar von weiteren Investitionen in der Volksrepublik China profitieren. Allerdings sollten bei Gestaltungen über Hongkong und Singapur nicht nur lokale Berater sondern nun auch verstärkt deutsche Experten hinzugezogen werden, sodass sichergestellt wird, dass die Gesellschaften auch der deutschen steuerlichen Überprüfung standhalten. 
 
Gestaltungshinweis bei geplanten Ausschüttungen: Deutsche Unternehmen, die in den nächsten Monaten Ausschüttungen ihrer chinesischen Tochtergesellschaften planen, sollten die neue Konstellation prüfen und ggfs. die Ausschüttung bis zur Verabschiedung des neuen DBAs durch den deutschen Bundestag und Bundesrat verschieben, um so von der günstigeren Quellensteuer profitieren zu können.
 

Änderungen im Bereich der Betriebsstättenbesteuerung

Erwartungsgemäß wurden auch Änderungen im Bereich von Betriebsstätten vorgenommen. Insbesondere die unterschiedliche Handhabung und Definition von Dienstleistungsbetriebsstätten führte in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr.
 
Zum Hintergrund: Anders als in den meisten deutschen Doppelbesteuerungsabkommen sieht bereits das derzeitige DBA vor, dass Dienstleistungen, die mehr als 6 Monate dauern, zu einer Besteuerung in der Volksrepublik China führen. Problematisch war dabei in der Vergangenheit, dass die Volksrepublik jeweils angefangene Monate als volle Monate berechnet hatte. 7 Tage Anwesenheit in der VR China konnten damit im „worst-case” die Gründung einer Betriebsstätte auslösen. Im künftigen DBA wurde die 6-Monats-Regelung zu einer 183-Tage-Regelung geändert, sodass in diesem Bereich Klarheit geschaffen wird.
 
Des Weiteren kann die Gewinnung von „natürlichen Ressourcen” eine Betriebsstätte auslösen, so das neue DBA. Damit dürfte vor allem für die Volksrepublik die Besteuerung der „grünen Energien” sichergestellt werden. Insofern ist das neue DBA ein sehr modernes Doppelbesteuerungsabkommen. Im Bereich der Solarenergie hat es China ja geschafft, innerhalb der letzten 10 Jahre Weltmarktführer zu werden. 
 
Erwartungsgemäß sind auch die Quellensteuern auf bestimmte Lizenzen auf effektiv 6 Prozent gefallen. Experten hatten diese Entwicklung bereits vorausgesehen, da die neueren DBAs der Volksrepublik China mit anderen Staaten hier ebenfalls eine geringere Belastung vorsehen. Der niedrigere Quellensteuersatz gilt für „Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder das auf Recht auf Benutzung industrieller, gewerblicher oder wissenschaftlicher Ausrüstung gezahlt werden”. Ein Quellensteuersatz von 10 Prozent gilt hingegen für Zahlungen, die für die Nutzung von Urheberrechten, an literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken, Patenten, Warenzeichen, Mustern, Modellen, Plänen, geheimen Formeln, oder Verfahren oder für die Information über gewerbliche, kaufmännische oder wissenschaftliche Erfahrungen (Know-how) gezahlt werden. Nun ist entscheidend, wie die chinesischen Steuerbehörden einzelne Sachverhalte einordnen. Hier wird es sicherlich in der täglichen Praxis zu Interpretationsfragen kommen.
 
In diesem Zusammenhang wird auch zu prüfen sein, wie künftig Zahlungen für technische Dienstleistungen steuerlich zu behandeln sind und ob die chinesischen Behörden diese als „Lizenzzahlungen” für Know-how qualifizieren oder künftig nur noch dann eine Besteuerung vornehmen, wenn klar eine (Dienstleistungs-)Betriebsstätte vorliegt. Es empfiehlt sich insofern vor Abschluss von entsprechenden Verträgen die Besteuerungsfolgen mit erfahrenen China-Experten zu klären, damit es im Nachhinein nicht zu unliebsamen Überraschungen kommt.
 

China ist keine Steueroase

Positiv kann angemerkt werden, dass das jetzt unterzeichnete DBA weiterhin die Freistellungsmethode vorsieht. In den vergangenen Jahren bestand bei deutschen mittelständischen Unternehmen fast eine gewisse Angst, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Exportorientierung aufgeben möchte und in den neuen Doppelbesteuerungsabkommen nur noch die sogenannte Anrechnungsmethode vereinbart. Bei der Anrechnungsmethode werden, vereinfacht ausgedrückt, ausländische Einkünfte unter Anrechnung der ausländischen Steuern in Deutschland besteuert. Es kommt regelmäßig zu Überhängen der ausländischen Steuer, sodass sich häufig eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung nicht vermeiden lässt. Anlass zu dieser Sorge gab z. B. das Doppelbesteuerungsabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, aber auch das neue DBA mit Zypern. Allerdings hat die Bundesrepublik zwischenzeitlich betont, dass sie grundsätzlich an der sogenannten Freistellungsmethode festhalten möchte. So gilt erwartungsgemäß auch in dem neuen DBA mit der Volksrepublik China weiterhin die Freistellungsmethode.
 
Allerdings sieht das neue Doppelbesteuerungsabkommen einen schärferen Aktivitätsvorbehalt für deren Anwendung vor. Die Freistellung gilt nur dann, wenn die Tochtergesellschaften vor Ort auch „aktiv” im Sinne des deutschen Außensteuergesetzes sind. Insbesondere für chinesische Tochterunternehmen deutscher mittelständischer Unternehmen liegt hier ein Risiko. Ist beispielsweise die deutsche Muttergesellschaft an der Erbringung von Vertriebs- oder Dienstleistungen der chinesischen Tochtergesellschaft beteiligt, kann es im schlimmsten Fall dazu führen, dass Deutschland Gewinnausschüttungen der chinesischen Tochtergesellschaft besteuert – gleichwohl prinzipiell eine Steuerfreistellung möglich ist. 
 
Die bisherige Anrechnung einer 15-prozentigen fiktiven Quellensteuer für Zinsen und Lizenzen fällt weg. Diese Regelung stammte noch aus der Zeit, als China als sogenanntes „Entwicklungsland” galt, und war seit der chinesischen Körperschaftsteuerreform und der damit einhergehenden Einführung einer Quellensteuer von 10 Prozent ohnehin weitgehend obsolet geworden. 
 
Klargestellt wurde ansonsten auch, dass das neue DBA China nicht für Hongkong, Macau und Taiwan gilt. Da Hongkong ein ganz besonderer Teil der Volksrepublik China ist (sogenannte Hongkong Special Administrative Region), gilt das allgemeine Steuerrecht der VR China dort nicht. Damit ist eine Einbeziehung Hongkongs in den Geltungsbereich des DBA China nicht gegeben. Entsprechendes gilt auch für Macau (Macau Special Administrative Region). Für die Republik China (Taiwan) besteht zwischenzeitlich ohnehin ein eigenes Doppelbesteuerungsabkommen. 
 
Durch die Unterzeichnung des Doppelbesteuerungsabkommens kann der Text nun dem Bundestag und Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt werden. Jüngsten Presseinformationen zur Folge bestanden Zweifel, ob die im DBA vereinbarte große Auskunftsklausel von der Volksrepublik China missbräuchlich verwendet werden könnte und deshalb der Deutsche Bundestag die Zustimmung zum neuen DBA verweigern muss. Im Protokoll zu dem neuen DBA sind nun umfangreiche Regelungen gefunden worden. Inwieweit diese als ausreichend angesehen werden können, wird sicherlich im Rahmen der parlamentarischen Diskussion überprüft werden erfolgen. Zu hoffen bleibt, dass die günstigen Regelungen des neuen DBAs möglichst rasch umgesetzt werden, sodass sowohl deutsche Unternehmen in China als auch chinesische Unternehmen in Deutschland schnell von den attraktiven Neuregelungen profitieren können! 
 
Das Abkommen vom 28. März 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen kann im Internetauftritt des Bundesfinanzministeriums heruntergeladen werden.
 
zuletzt aktualisiert am 30.03.2016

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