Erfolgreich investieren in Indonesien

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zuletzt aktualisiert am 16. Juni 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

 

 

​​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Indonesien ein?

Die indonesische Wirtschaft hat sich in den letzten zehn Jahren mit jährlichen Wachstumsraten von ca. 6 Prozent dynamisch entwickelt. 2020 gab es jedoch aufgrund der Covid-19-Krise erstmalig ein negatives BIP-Wachstum von ca. -2 Prozent. Seit 2021 wuchs das BIP allerdings wieder langsam um 3,7 Prozent an und hat sich im Jahr 2022 weiter stabilisiert. Insbesondere arbeitsintensive Branchen wie der Tourismussektor und die Textilindustrie waren stark von der Pandemie beeinträchtigt erholen sich aber wieder. Der Wirtschaftseinbruch fiel im regionalen Vergleich eher moderat aus, da andere ASEAN-Staaten enger in internationale Lieferketten eingebunden sind als Indonesien.
 
Für die Wirtschaft bestehen weiterhin einige Probleme, insbesondere in Form schwerfälliger und intrans­paren­ter Bürokratie, wenig entwickelter Infrastruktur in weiten Landesteilen und des für einige Branchen ernsthaften Fachkräftemangels. Die Regierung hat jedoch Ende 2020 zahlreiche Erleichterungen für Investoren über ein Sammelgesetz eingeführt, das u.a. Änderungen in den Bereichen Steuer-, Arbeits- und Investitionsrecht vor­sieht. Der Regierung wurde seitens des Verfassungsgerichts aufgegeben dieses Gesetz nochmal zu über­ar­beiten, an der grundsätzlichen Erleichterung von Investitionen hat sich aber nichts getan. Diese Anpassungen werden für das zweite Halbjahr 2023 erwartet.

 

Wie würden Sie das Investitionsklima in Indonesien beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Angesichts der bislang positiven wirtschaftlichen Entwicklung und Wachstumsprognosen, rückte Indonesien in den letzten Jahren zunehmend in den Blickpunkt ausländischer Investoren. Das rohstoffreiche Land verfügt über einen großen Binnenmarkt und einen wachsenden Technologiebedarf. Wichtige Zielsektoren für mittel­ständische ausländische Direktinvestitionen in Indonesien finden sich neben dem Bereich Infrastruktur ins­besondere in den Maschinenbau-, Metall- und Elektrobranchen. 
 
Indonesische Investitionsförderprogramme sind mit denen in anderen Ländern vergleichbar. Es gibt v.a. Steuerermäßigungen, Steuerbefreiungen für gewisse „Pionierindustrien”, erweiterten Verlustvortrag bis zu zehn Jahren und die Möglichkeit des zollfreien Imports von Maschinen, Gütern oder Produktionsmaterialien für be­stimmte Industrien und Dienstleistungsbranchen. Die Kriterien sind ebenfalls vergleichbar mit anderen Ländern: Investitionen in abgelegene Provinzen, eine hohe Zahl von Arbeitnehmern, Technologietransfer, Vor­teile für die indonesische Wirtschaft oder Gesellschaft sowie Exportorientierung. Die Programme werden seit 2020 im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise für einige Branchen weiter ausgebaut.

 

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Indonesien gegenüber?

Defizite bestehen in Indonesien im Bereich der Infrastruktur, besonders bei der Elektrizitätserzeugung und im Verkehr (Straßen, Schienen, See- und Flughäfen). Das kann je nach Lage v.a. für Produktionsstätten zu Herausforderungen führen. Das indonesische Rechtssystem erscheint deutschen Unternehmern häufig in­transparent und wenig übersichtlich. Dem wird durch das genannte Sammelgesetz entgegengewirkt, was die regulatorische Umgebung im Land transparenter und nachvollziehbarer erscheinen lässt. 
 
Einschränkungen für Auslandsinvestitionen ergeben sich für einige Sektoren durch regulatorische Vorgaben, die zum Schutz des nationalen Interesses und der heimischen Wirtschaft bestimmte Geschäftsbereiche für Ausländer beschränken und eine insbesondere für KMU erhebliche Mindestkapitalisierung vorsehen.
 
Herausforderungen ergaben sich in der unternehmerischen Praxis zudem durch das bislang äußerst restriktive Arbeitsrecht. Es bleibt abzuwarten, wie sich die novellierten Regelungen insbesondere im Bereich des Inves­­ti­­ti­­ons­­recht und deren zum Teil noch nicht final definierten Durchführungsbestimmungen in der Praxis auswirken, es wird aber allgemein mit einer Vereinfachung gerechnet
 
Trotz der Tendenz zu einer stärkeren Gleichbehandlung von aus- und inländischen Investitionen bestehen in etlichen Wirtschaftsbereichen noch immer Restriktionen für Ausländer. Durch die im Februar 2021 erlassenen Ausführungsbestimmungen zum Sammelgesetz wurde der Marktzugang jedoch in weiteren Geschäftssektoren erleichtert.
 
Bestimmte Geschäftssektoren können zudem durch Spezialgesetze beschränkt werden. Viele Auslands­investoren haben in der Vergangenheit die lange Dauer der Verwaltungsverfahren beklagt, um die für das operative Geschäft einer neugegründeten Gesellschaft erforderlichen Lizenzen zu erlangen. Das Problem hat die Regierung Ende 2018 aufgegriffen: Über das Online Single Submission-Portal (OSS) können erforderliche Registrierungs- und Lizenzverfahren nunmehr digital durchgeführt werden, was die Bearbeitungszeiten mittler­weile spürbar reduziert. Gesellschaften können mittlerweile innerhalb von teilweise weniger als einem Monat gegründet werde. Dies ist im regionalen Vergleich durchaus durchschnittlich. 
 
Indonesien hat in den letzten Jahren seine Importbarrieren und nichttarifären Handelshemmnisse in einigen Bereichen ausgeweitet. Die Aufnahme von Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indonesien, dass u.a. die Handelshemmnisse zu mindern versucht, wurde am 18. Juli 2016 verkündet. Die 10. Verhandlungsrunde des „Comprehensive Economic Partnership Agreement” (CEPA) fand Ende Februar 2021 per Videokonferenz statt.

Präsident Joko Widodo ergreift verschiedene Maßnahmen, um das Investitionsklima in Indonesien zu verbessern und die Wirtschaft anzukurbeln. Welche Chancen sehen Sie für ausländische Investoren?

Am 2. Februar 2021 hat Indonesiens Präsident Joko Widodo die Präsidialverordnung Nr. 10 von 2021 über Investitionsgeschäftsfelder „Verordnung Nr. 10/2021” erlassen, die 30 Tage später am 4. März 2021 in Kraft trat. Die Durchführungsverordnung bezieht sich auf das Gesetz zur Schaffung von Arbeitsplätzen, das allgemein als „Omnibus-Gesetz” bekannt ist und am 2. November 2020 in Kraft trat. Anders als der bisherige Ansatz der Auflistung von Geschäftsfeldern, die für ausländische Investitionen geschlossen sind, sieht die Verordnung Nr. 10/2021 in einem Positivlisten-Ansatz vor, dass nun alle Geschäftsfelder für ausländische Investitionen offen sind, es sei denn,

  • sie sind anderweitig geregelt oder
  • sie dürfen nur von der indonesischen Regierung ausgeführt werden.

 

Interessante Änderungen in der Verordnung Nr. 10/2021 ergeben sich in den Bereichen der Vertriebs­dienst­leistungen, die bisher nur in einem engen Rahmen für ausländische Investitionen zugelassen waren. Nunmehr ist der Großhandelsvertrieb ohne Verbindung zur Produktion vollständig offen für ausländische Investitionen. Auch Einzelhandelsdienstleistungen und Kommissionsgeschäfte sind nun stärker für ausländische Investi­tionen geöffnet.
 
In manchen Feldern bleibt Protektionismus bestehen, insbesondere sind einige Sektoren lokalen Kooperativen oder Mikro/KMU vorbehalten. Inwiefern sich auch eine verfahrensrechtliche Erleichterung für die Registrierung und Lizensierung von Auslandsinvestitionen ergibt, bleibt abzuwarten, es fehlen bislang hinreichende Erfahr­ungen mit der neuen Verwaltungspraxis.
 

Wie wird sich aus Ihrer Sicht Indonesien weiterentwickeln?

Während der ersten Amtszeit des Staatspräsidenten Joko Widodo erschien Indonesien sowohl demokratisch als auch wirtschaftlich relativ stabil und konnte sich als Investitionsstandort positiv entwickeln. Diese Stabilität blieb in den vergangenen Jahren erhalten und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wurden weiter liberalisiert. Allerdings lässt die Politik des Präsidenten – aufgrund innerparteilichen Drucks – auch protektio­nistische Elemente erkennen. Beispielsweise soll die lokale Fertigung von Industrieprodukten gestärkt werden, zudem sollen vornehmlich ausländische Großinvestitionen in Indonesien genehmigt werden – dazu ist in der Regel mit einer Mindestkapitalisierung von 10 Milliarden Indonesische Rupiah zu planen. Im Jahr 2024 werden Neuwahlen stattfinden und Präsident Joko Widodo steht nach zwei Amtszeiten gesetzlich bedingt nicht mehr zur Wahl. Von den gegenwärtig drei potentiellen Nachfolgern ist grundsätzlich keine Abkehr der – langsamen – Öffnung zu erwarten. Traditionell werden größere staatliche Projekte in den letzten 12 bis 18 Monaten vor einer Neuwahl nicht weiter vorangetrieben. 

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Markus Schlüter

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