Eigenkapitalnahe Finanzierungen: Wandeldarlehen und stille Beteiligungen

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zuletzt aktualisiert am 16. November 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Aktuell wird es auch für Unternehmen schwerer und schwerer konventionelle Finan­zierungen in Form von Bankdarlehen zu erhalten. Daneben verfügen private Investoren weiterhin über umfangreiche liquide Mittel und sind stets auf der Suche nach lukra­tiven Anlagemöglichkeiten. Die Schnittmenge der Ziele der beiden Gruppen können insbesondere eigenkapitalnahe Finanzierungen sein. Die Art der Finanzie­rungen ha­ben daneben noch einen weiteren Vorteil, sie können die Lücke zwischen Eigen- und Fremdkapital schließen. Je nach Ausgestaltung haben sie die Funktion von wirt­schaft­lichem Eigenkapital, so dass nicht nur Liquidität zugeführt, sondern verfüg­bare Sicher­heiten auch nicht geschmälert werden. Das führt dazu, dass die Kreditlinie des Unter­nehmens erhöht und eine bessere Mischfinanzierung erreicht wird.



Nichtsdestotrotz bieten diese Art von Finanzierungen nicht nur Vorteile. Der Investor geht bei den Finanzie­rungs­­instrumenten unter Umständen ein höheres Risiko ein als bei reinem Fremdkapital. Das Risiko wird in der Regel durch eine höhere Verzinsung kompensiert. Vor allem wegen der eher restriktiven Kredit­vergabe (vor dem Hintergrund des aktuellen Zinsniveaus, aber auch wegen aufsichtsrechtlicher Anforderungen) gewinnen eigen­kapitalnahe Finanzierungen für den Mittelstand weiter an Bedeutung.
 
Unter den gängigen eigenkapitalnahen Finanzierungen finden sich beispielsweise die stille Beteiligung und das Wandeldarlehen.


Die stille Beteiligung

Bei einer stillen Beteiligung beteiligt sich der Investor als Kapitalgeber am Unternehmensergebnis, nicht jedoch am Vermögen der Gesellschaft. Eine Verlustbeteiligung ist oftmals ausgeschlossen, kann jedoch bei der Ausge­staltung als hybrides Kapital sinnvoll sein. Die Gewinnbeteiligung ist unverzichtbares Merkmal der stillen Betei­ligung im Übrigen kann aufgrund der wenigen gesetzlichen Vorgaben (siehe §§ 230 ff. HGB) die stille Beteili­gung darüber hinaus flexibel zwischen der Gesellschaft und dem Investor vereinbart werden.
 
Im Unterschied zu einer „üblichen” gesellschaftsrechtlichen Beteiligung etwa als Gesellschafter hat der Inves­tor keine Mitsprache-, sondern lediglich Kontrollrechte. Über die Vereinbarung von Informationspflichten kann allerdings sichergestellt werden, dass auch der stille Beteiligte jederzeit über die Vorgänge im Unter­nehmen informiert ist. Anders als die Beteiligung als Gesellschafter wird die stille Beteiligung nicht in das Handels­register eingetragen (eine Ausnahme ergibt sich hier jedoch bei der Aktiengesellschaft für Teilgewinnab­füh­rungs­verträge im Sinne der §§ 292 ff. AktG). Vorteile des Investors sind insbesondere, dass er im Insolvenzfall gegenüber den Eigenkapitalgebern (i.d.R. Gesellschaftern) privilegiert ist und wie bereits dargestellt, üblich­er­weise einen höheren Zins erhält.
 
Daneben gibt es noch die Form der atypischen stillen Beteiligung, die nicht gesetzlich geregelt ist. Im Unter­schied zur stillen Beteiligung in der als gesetzlichen Normalfall vorgesehenen Form, ist bei der atypisch stillen Gesellschaft der Investor nicht nur am Gewinn und Verlust, sondern zusätzlich am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Darüber hinaus werden ihm umfangreichere Mitspracherechte gewährt.


Das Wandeldarlehen

Eine weitere Form der eigenkapitalnahen Finanzierung sind Wandeldarlehen. Sie werden häufig zur Finan­zie­rung von Start-up-Unternehmen verwendet und dienen der kurzfristigen Überbrückung von Liquiditäts­eng­pässen. Es handelt sich dabei um rückzahlbare Darlehen, die unter den im Darlehensvertrag vereinbarten Be­dingungen in Anteile am finanzierten Unternehmen gewandelt werden können. Falls keine Wandlung erfolgt, muss das Darlehen am Ende der Laufzeit zurückgezahlt werden.
 
Bei Wandeldarlehen sollte beachtet werden, dass sie bei Ausübung der Wandlungsoption zu einer Anteils-Verwässerung der bereits beteiligten Gesellschafter führen. Dafür kann der Investor durch die Wandlung stär­ker in die Gesellschaft eingebunden werden. Interessant wird das vor allem dann, wenn die Gesellschaft nicht nur von den finanziellen Mitteln, sondern auch von einem entsprechenden (branchenspezifischen) Know-how des Investors profitieren will. Für den Investor hat die Gewährung eines Wandeldarlehens den Vorteil, dass er das Unternehmen vor einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung besser kennenlernen kann, da er über das Darlehen bereits enger mit dem Schicksal des Unternehmens verflochten ist als ein außenstehender Dritter. Für beide Seiten ergibt sich hier eine Art „Probezeit”.


Fazit

Sowohl die stille Beteiligung als auch das Wandeldarlehen bieten einem Unternehmen die Möglichkeit, liquide Mittel einzusammeln, ohne auf Kreditinstitute angewiesen zu sein. Das ist jedoch in der Regel durch höhere Zinssätze zu kompensieren. Bei der Auswahl der passenden eigenkapitalähnlichen Finanzierung spielt es eine Rolle, ob man sich vorstellen kann, den Investor gegebenenfalls künftig am Unternehmen beteiligen zu wollen - dann sollte ein Wandeldarlehen favorisiert werden. Möchte man dem Investor diese Chance nicht gewähren oder hat der Investor daran kein Interesse, spricht das für eine stille Beteiligung.

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