Markteintritt in der Golfregion: Erfolg mit der richtigen Rechtsform

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zuletzt aktualisiert am 16. Oktober 2018 / Lesedauer: ca. 5 Minuten
 

Ausländische und vor allem deutsche Unternehmen sind in den Golfstaaten gern gesehene Partner. Allen voran der VAE-Staat Dubai mit der Expo 2020 und Katar als Ausrichter der Fußballweltmeisterschaft 2022 bemühen sich stark um deutsche Investoren.

 

   

 

Mehr als 800 deutsche Firmen sind derzeit in den VAE aktiv – angelockt von politischer Stabilität, einer liberalen Wirtschaftspolitik, geringen Steuerbelastungen sowie einer hervorragend aufgebauten Infrastruktur. Doch rechtlich unterliegen deren Geschäftsvorhaben immer noch zahlreichen Beschränkungen. Von einer Gleich­stellung mit inländischen Unternehmen kann noch keine Rede sein.

 

Vorteile der Freihandelszone: Kein Sponsor nötig

Gründer haben die Wahl zwischen einer der Freihandelszonen, den sog. Free Zones (FZ), und dem jeweiligen Staatsgebiet, dem sog. Mainland. Die FZs locken insbesondere mit exzellenter Infrastruktur, gerade im Hinblick auf die Abwicklung der Gründungsformalitäten.
 
In den Freihandelszonen ist auch die Gründung einer Ein-Mann-GmbH möglich, wobei die Anteile zu 100 Prozent in der Hand der ausländischen Gesellschafter liegen können. Ein Sponsor oder Mehrheitsgesellschafter mit der Staatsangehörigkeit des jeweiligen Gastlandes ist nicht erforderlich.
 
Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass sich dort gezielt Unternehmen einer bestimmten Branche ansiedeln. So ist eine der ältesten Freihandelszonen der VAE, die Jebel Ali Free Trade Zone, auf Industrie und Logistik speziali­siert und profitiert neben dem bestehenden Seehafen nun auch vom neuen Flughafen, dem Dubai World Central International Airport. Andere, wie etwa die Dubai Health Care City, fördern Ansiedlungen der Medizin­technikbranche.
 

Nachteil: Nur eingeschränkte Geschäftstätigkeit im Staatsgebiet

Der Nachteil der Freihandelszonen zeigt sich in dem Moment, in dem das Geschäft beginnt, die Grenzen zum Staatsgebiet zu überschreiten, denn dies ist für Unternehmen der Freihandelszonen nur mit Einschränkungen möglich. Ist also abzusehen, dass sich das Geschäft ausweitet, sollten Investoren eine Gründung im Staats­gebiet oder die Kooperation mit einem dort ansässigen Vertriebspartner in Erwägung ziehen.
 

Markteintritt mit Vertriebspartner

Unternehmen, die sich nicht sofort im jeweiligen Staatsgebiet niederlassen wollen, können den Markteintritt zunächst über einen Vertriebspartner wagen. Das wird oftmals ein Handelsvertreter sein, abhängig von den örtlichen Gepflogenheiten, aber auch ein Vertrags- oder Eigenhändler, ein Kommissionsagent oder auch ein lokaler Franchise-Nehmer.
 
Den richtigen Partner zu finden, ist jedoch eine Herausforderung. Denn die einheimischen Handelsvertreter genießen einen gesetzlich gut gesicherten Status.
 

Umfassender rechtlicher Schutz für Handelsvertreter

Bei der Auswahl des lokalen Vertriebspartners und der Ausgestaltung der Vertragsbeziehung sollten deutsche Investoren sehr sorgfältig vorgehen. Denn in den ganzen VAE genießen Handelsvertreter umfassende, gesetzlich garantierte Rechte.
 
In Bezug auf das Produkt und in der betreffenden Region hat der Vertreter Exklusivität in Form eines Alleinvertretungsanspruchs. Nur er kann das betreffende Produkt importieren. Ohne seine Unbedenklich­keitsbescheinigung lässt die Zollbehörde die Waren nicht ins Land; im Streitfall kann er den Import komplett blockieren. Auch die Vertragsbeziehung zu ihm kann nur in Absprache mit ihm oder durch Gerichtsurteil beendet werden. In Anbetracht der damit verbundenen Nachteile führt eine vorzeitige Beendigung daher in der Regel dazu, dass der deutsche Prinzipal umfangreiche Abfindungszahlungen an den Handelsvertreter leistet.
 

Markteintritt mit eigener Präsenz vor Ort

Wer als Unternehmer erst einmal das Terrain sondieren will, kann dies auch mit der Gründung einer Repräsentanz tun, dem sog. Representative Office. Um solch ein Büro im Staatsgebiet zu errichten, muss ein lokaler Agent bestellt werden und es wird eine Geschäftslizenz benötigt. Die Lizenz entspricht der deutschen Gewerbeerlaubnis, muss aber jährlich verlängert werden.
 

Representative Office oder Zweigniederlassung?

Das Representative Office erlaubt zwar keine eigene Geschäftstätigkeit, aber kostenlosen Kundendienst. Es ermöglicht dem Unternehmen, Vertragsabschlüsse vorzubereiten sowie persönlichen Kontakte aufzubauen.
 
Unternehmen, die eine eigene Geschäftstätigkeit planen, müssen einen Schritt weiter gehen und eine rechtlich unselbstständige Zweigniederlassung gründen, das sog. Branch Office. Deren Geschäftstätigkeit darf sich nur im Rahmen des Gesellschaftsgegenstandes des Mutterunternehmens bewegen. Auch für das Branch Office im Staatsgebiet muss ein lokaler Agent bestellt werden.
 

Lokale Mehrheitsgesellschafter bei lokalen Tochterunternehmen

Der endgültige Schritt ins Land ist die Gründung eines eigenen Tochterunternehmens. Es bekommt die Rechtsform einer lokalen Kapitalgesellschaft mit begrenzter Haftung, vergleichbar der deutschen GmbH. Das Tochterunternehmen hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und benötigt einen lokalen Mehrheitsgesellschafter. Dieser muss mindestens 51 Prozent der Anteile besitzen. Sonderrollen nehmen Bahrain, Katar und Saudi-Arabien ein, denn sie erlauben unter bestimmten Voraussetzungen, sogar eine zu 100 Prozent im ausländischen Eigentum stehende Kapitalgesellschaft zu gründen.

 

Beschränkung von Einzelrechten nur teilweise möglich

Die deutsche Minderheitsgesellschafterin kann sich einzelne Rechte, etwa zur Gewinnverteilung, rückübertragen lassen, um so trotz einer gesellschaftsrechtlichen Minderheitsbeteiligung die ausländische Gesellschaft ­maß­geblich lenken zu können. Doch diese Rückübertragung von Rechten an die Minderheitsgesellschafterin darf das emiratische Recht in der Summe nicht aushöhlen. Sonst besteht die Gefahr, dass Gerichte sie im Streitfall für nichtig erklären. In steuerlicher Sicht bietet die Gründung einer lokalen Kapitalgesellschaft jedoch erhebliche Vorteile.
 

Zukünftige Ausnahmen vom Prinzip der lokalen Beteiligung?

Entgegen der Annahme vieler Experten wurde weder im Jahr 1995, als die VAE der Welthandelsorganisation (WTO) beitraten, noch im Jahr 2015, als das emiratische Gesellschaftsrecht geändert wurde, eine allgemeine Öffnungsklausel aufgenommen, die es Ausländern erlaubt, auch ohne lokale Beteiligung ein Unternehmen im Staatsgebiet zu gründen. Seit September 2017 ist nunmehr zwar eine Lockerung gesetzlich möglich, bedarf zur Umsetzung jedoch noch eines Kabinettbeschlusses. Aufgrund öffentlicher Verlautbarungen gehen Experten nun davon aus, dass mittlerweile ein Beschluss gefasst wurde, wonach bestimmte Wirtschaftssektoren in Zukunft von diesem lokalen Mehrheitserfordernis ausgenommen werden sollen. Welche Bereiche das sein werden und wie die Umsetzung genau aussehen wird, bleibt abzuwarten.  
 
Für deutsche Mittelständler, die eine Gesellschaft oder Niederlassung im Staatsgebiet, dem Mainland, gründen möchten, bedeutet dies, dass sie weiterhin maximal 49 Prozent der Anteile halten dürfen. Nebenabsprachen, die das Modell aushebeln, sind zwar üblich, aber wohl rechtswidrig. Gleichwohl wurden sie in den vergangenen Jahren vielfach praktiziert. Oft lag das wirtschaftliche Eigentum tatsächlich beim ausländischen Investor, der lokale Partner trat nur vor dem Gesetz als Mehrheitseigner auf. Dennoch ist von solchen Absprachen abzuraten. Die Justiz in den Emiraten hat klargestellt, dass entsprechende Vereinbarungen im Streitfall unwirksam sind und vor Gericht keinen Bestand haben.
 

Bevorzugung der Freihandelszonen

Da für die meisten Gesellschafter eine Minderheitsbeteiligung für ihr Unternehmen nicht in Frage kommt, und sie ungern einen lokalen Partner involvieren möchten, sind die meisten mittelständischen Unternehmen zögerlich in der Gründung von Mainland-Gesellschaften, sodass sie Gründungen in den Freihandelszonen bevorzugen.
 
Rein rechtlich gesehen handelt es sich bei den Free Zones um geographisch abgegrenzte Sonderwirtschafts­zonen. Zollrechtlich werden sie wie das Ausland behandelt. Und auch die arbeits-, gesellschafts- und gewerberechtlichen Rahmenbedingungen gelten nur für die jeweilige Freihandelszone. Streng genommen dürfen Unternehmen, die ihren Sitz in einer Freihandelszone haben, Waren und Dienstleistungen nur zu den Bedingungen in das Staatsgebiet der Emirate einführen, die auch bei einem Import aus Deutschland gelten würden.
 
Das Ergebnis ist eine „gewollte Grauzone”: Mitarbeiter von Unternehmen in der Freihandelszone besuchen ihre Kunden im Staatsgebiet. Ob sie dort dann nur allgemeine Kundengespräche führen oder beispielsweise bestimmte Dienstleistungen ausführen, ist von den VAE-Behörden in der Praxis kaum nachprüfbar. Bei deren Abrechnung drücken offizielle Stellen ebenso häufig ein Auge zu.
 

Erfolgreich in den VAE mit einem guten lokalen Partner

Auch abseits des rechtlichen Zwangs ist es ratsam, auf eine lokale Beteiligung zu setzen. Denn ein Erfolg in den VAE ist nur mit einem guten lokalen Partner möglich. Dieser kennt sich im Land aus, weiß um die kulturellen Gepflogenheiten und kann Tore zu öffentlichen Aufträgen öffnen.
 
Schließlich sind und bleiben alle politischen und behördlichen Entscheidungsträger vor Ort Emiratis. Ein guter lokaler Partner hilft, aktuelle Änderungen zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Zudem kann er im Streitfall als Mittler dienen. Unternehmer sollten sich daher viel Zeit für die Suche nach dem passenden Partner nehmen.
 
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