Kommunen wollen Finanzierungsbasis des ÖPNV verbreitern / Rödl & Partner-Studie: Umlagefinanzierung im Fokus

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Hamburg/Nürnberg, 2.09.2015: Die kommunalen Haushalte steuern auf eine gewaltige Finanzierungslücke im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu. Städte, Landkreise, ÖPNV-Unternehmen und Verkehrsverbünde prüfen neue Finanzierungsformen, um die anstehenden Investitionen finanzieren zu können. Die überragende Mehrheit von 80 Prozent favorisiert Umlagemodelle, bei denen neben den tatsächlichen Nutzern auch Drittnutzer des ÖPNV einen Beitrag leisten. Nur 14 Prozent können sich dagegen private Formen der Finanzierung vorstellen, wie sie etwa die Fratzscher-Kommission der Bundesregierung vorschlägt. Dies ergibt die Studie ÖPNV-Trendreport 2015 von Rödl & Partner.
 
„In der Finanzierung des ÖPNV steht eine Trendwende bevor. Die Kommunen brauchen einen neuen Finanzierungsmix für den ÖPNV, um Investitionen stemmen zu können. Dies betrifft nachholende Sanierung, Erhaltungs- sowie Ausbau und Zukunftsinvestitionen. Für die Einbeziehung von Drittnutzern bestehen aber hohe rechtliche Hürden. Zudem gibt es gesellschaftliche Akzeptanzprobleme. Denn mögliche Drittnutzer leisten bereits jetzt über die Grundsteuer, die Gewerbe- und die Mineralölsteuer einen Beitrag”, erklärt der Verkehrsexperte Jörg Niemann von Rödl & Partner, der die Studie durchgeführt hat. „Überraschend ist das klare Votum gegen private Investoren. Hier dürften auch die schlechten Erfahrungen mit PPP-Modellen mitschwingen. Kommunale Akteure befinden sich häufig „nicht auf Augenhöhe” mit privaten Investoren, so dass sich diese Modelle für die Kommunen häufig nicht rechnen.”
 
Die Sicherstellung der künftigen ÖPNV-Finanzierung ist eine der drängendsten Fragen der Branche. Bundes- und Landeszuweisungen sind seit Jahren rückläufig. Die Kommunen sind vielfach an ihrer Belastungsgrenze angelangt. Zudem werden technologische Entwicklungen im Bereich der Mobilität zu steigenden Kosten im ÖPNV führen. Verstetigt sich diese Entwicklung, fehlen zur Erhaltung des Systems in zehn Jahren etwa 14 Prozent des Gesamtbedarfs zuzüglich der Kosten für nachzuholende Sanierungen. Rödl & Partner hat im Trendreport untersucht, welche Formen der Finanzierung in der Zukunft präferiert werden. 172 Topentscheider aus Städten/Landkreisen, ÖPNV-Unternehmen und Verkehrsverbünden wurden über die künftige Finanzierung befragt. Die Ergebnisse zeigen klare Tendenzen auf:

  • Über 90 Prozent der Befragten messen neuen Finanzierungsformen eine hohe bis sehr hohe Bedeutung bei.
  • Mehr als 80 Prozent befürworten Umlagemodelle als dritte Säule der ÖPNV-Finanzierung. Diese Umlagemodelle sollen den bestehenden Finanzierungsmix aus Nutzerfinanzierung und öffentlicher Ko-Finanzierung ergänzen.
  • Eine klare Absage erteilt die Branche einem fahrscheinlosen ÖPNV. Lediglich 1,2 Prozent sprachen sich dafür aus. Das von der Piraten-Partei favorisierte Modell ist aus Sicht der Branche ungeeignet.
  • Unterschiedliche Auffassungen bestehen bei der Eignung konkreter Vorhaben wie etwa Bürgerticket, Umwelt- oder Parkraumabgabe sowie die Citymaut oder eine Ausweitung der Grundsteuer.
  • Private Finanzierungsmodelle werden künftig keine entscheidende Rolle spielen. Lediglich 14 Prozent der Befragten sprachen sich für Einbeziehung privater Finanzierungsformen aus. Damit präferiert die Branche offenkundig einen anderen Ansatz als die Bundesregierung.

 
„Der ÖPNV spielt in den Kommunen bei der Entwicklung hin zu einer modernen und umweltgerechten Verkehrsgestaltung eine zentrale Rolle. Dies zeigt der weltweite Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur und die selbstgesetzten Klima- und Umweltziele vieler Kommunen, die ohne zusätzliche Investitionen nicht zu erreichen sein werden”, betont Niemann. „Die Branche spricht sich klar für eine Finanzierung durch die Öffentliche Hand, die Nutzer – über den Ticketverkauf –, sowie diejenigen aus, die vom ÖPNV mittelbar profitieren, etwa Einkaufszentren, andere Gewerbetreibende oder Private, deren Immobilien vom Nahverkehrsanschluss aufgewertet werden. Dafür muss der Gesetzgeber nun die richtigen Weichen stellen.”
 
Die Studie „Trendreport ÖPNV-Finanzierung” kann hier angefordert werden.

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