§ 2b UStG – BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2016

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veröffentlicht am 10. Januar 2017​

 

Der erste Entwurf eines lang erwarteten BMF Schreibens zu § 2b UStG wurde am 28. September 2016 zugänglich. Das finale Schreiben ist nun am 16. Dezember 2016 erschienen. Im ersten Vergleich zum Entwurf wurden einzelne Formulierungen präzisiert und Bespiele erweitert. Ein wesentlicher Punkt – die Frage des Vorsteuerabzuges bzw. die Anwendung der Regelungen des § 15a UStG – wurde mit aufgenommen. Auch die Frage des rückwirkenden Widerrufes der Option ist nun einheitlich geregelt.

 

​Begrifflichkeiten

Das BMF hat nach einem Entwurf nun mit Datum vom 16. Dezember 2016 das finale Schreiben zur Auslegung des § 2b UStG veröffentlicht. Viele Fragen bleiben weiterhin offen.

 

Im Vergleich zum Entwurf, in dem am Anfang die im § 2b UStG verwendeten Rechtsbegriffe erläutert wurden, sind nur wenige Änderungen enthalten. Als juristische Personen des öffentlichen Rechts wurden nunmehr explizit auch die staatlichen Hochschulen und Universitätsklinika in der Rechtsform von Anstalten des öffentlichen Rechts mit aufgenommen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts („jPdöR”) sind grundsätzlich nach deutschem Recht zu beurteilen. § 2b UStG soll aber auch auf ausländische jPdöR Anwendung finden, sodass auch diese in den Anwendungsbereich des § 2b UStG fallen können. Dies ist insbesondere interessant für übergreifende Kooperationen von Universitäten und anderen international verflochtenen Behörden.

 

Zu begrüßen ist, dass nach dem Wortlaut eindeutig auch öffentlich-rechtliche Verträge unter den Begriff der öffentlich-rechtlichen Gewalt fallen sollen. Als Indiz für das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages spricht lt. BMF die Eröffnung des Verwaltungsweges. Insofern ist hierdurch ein Prüfungs- und Argumentationspunkt aufgenommen und genannt worden. Auch Staatskirchenvertrag und Konkordat untereinander sowie Rundfunkstaatsverträge sind explizit mit aufgenommen worden.

 

Wettbewerbsverzerrungen

Bei der Frage der Wettbewerbsverzerrungen nimmt sich das BMF der jüngsten Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 16. Februar 2016 mit Bezug zum Urteil des EuGH vom 16. September 2008) ausdrücklich an. Maßgeblich ist zwar der potenzielle Wettbewerb, bloße Behauptungen und realitätsfremde Möglichkeiten sind jedoch nicht ausreichend, um Wettbewerbsverzerrungen zu begründen.

 

Bei Unterschreiten der Grenze von 17.500 Euro wird nach § 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG unwiderlegbar unterstellt, dass keine größeren Wettbewerbsverzerrungen vorliegen. Für die Prüfung der Grenze der Umsatzerlöse sind gleichartige Tätigkeiten zusammenzufassen. Bei der Beurteilung, ob gleichartige Leistungen im Sinne dieser Grenze bestehen, kommt es auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers an. An dieser Stelle wird das BMF-Schreiben in Bezug auf öffentlich-rechtliche Parkplatzüberlassungen konkret. Die Stellplatzüberlassung auf einem Parkplatz ist nicht mit der Überlassung von unselbständigen Parkbuchten zu vergleichen. Diese dienen der Ordnung des ruhenden Verkehrs und sind deshalb – auch aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers – nicht als gleichartig anzusehen. Das BMF geht anhand des konkreten Beispiels offensichtlich davon aus, dass hierin weiterhin eine Tätigkeit außerhalb größerer Wettbewerbsverzerrungen erbracht wird.

 

Sofern Leistungen per se (ohne Optionsmöglichkeit) steuerbefreit sind, sollen Wettbewerbsverzerrungen nicht vorliegen (§ 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG). Wettbewerbsverzerrungen können aber auch eintreten, wenn steuerfreie Umsätze erbracht werden, die den Vorsteuerabzug ermöglichen (bspw. steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 1-7 UStG). An anderer Stelle weist das BMF bereits darauf hin, dass Wettbewerbsverzerrungen sowohl zulasten privater Wirtschaftsteilnehmer als auch zulasten der jPdöR selbst bestehen können. Auch jPdöR können sich daher auf durch eine Nichtbesteuerung – besser wohl Nichtunternehmereigenschaft – ergebende größere Wettbewerbsnachteile zu ihren eigenen Lasten gegenüber privaten Unternehmern berufen (vgl. BMF vom 16. Dezember 2016 Tz. 30). § 2b UStG regelt die Frage der Unternehmereigenschaft, nicht die Frage der Besteuerung bzw. Nichtbesteuerung.

 

Leistungen, die eine jPdöR mangels einer entgegenstehenden gesetzlichen Regelung auf dem freien Markt beziehen kann und darf (z.B. Gehaltsabrechnungen u.a.), werden nicht von § 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG erfasst. U.E. können sie aber bei entsprechender Gestaltung im Rahmen eines Paketes unter § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG fallen. Dies wird nun auch durch das BMF indirekt bestätigt. Als Beispiel führt das BMF die Erbringung von Aufgaben der Bezüge- und Entgeltfestsetzung „in Gänze” durch eine Versorgungskasse für eine Gemeinde auf. Die Übernahme dieser Aufgaben als Ganzes dient dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe.

 

Positiv ist weiterhin, dass § 2b Abs. 3 Nr. 2 b) UStG auch die Förderung, den Ausbau und die Errichtung der Infrastruktur mit aufnimmt und auch die materielle bzw. technische und digitale Infrastruktur benennt. Bedauerlich ist aber, dass das BMF nicht konkret wird in Bezug auf die Frage der Behandlung der Datenverarbeitungsdienstleister in Form von Zweckverbänden oder Anstalten des öffentlichen Rechts. Eine explizite Benennung würde wohl gegen das Urteil des BFH vom 10. November 2011 sprechen, in dem Leistungen der Datenverarbeitungszweckverbände als wettbewerbsrelevant gesehen wurden. Aufgegriffen bzw. beibehalten wurde aber die auch evidente Frage der Bauhöfe. Hier wird deutlich, dass nur die echte Zusammenarbeit geschützt sein soll. Entscheidend ist die Übernahme von Aufgaben „in Gänze” und damit die Frage des Paketes.

 

Option und Widerruf

Eine abgegebene Optionserklärung zur weiteren Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG idF vom 31. Dezember 2015 kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe der Optionserklärung folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden. Auch ein rückwirkender Widerruf zum Beginn eines auf 2016 folgenden Kalenderjahres ist grundsätzlich möglich. Dies soll allerdings nur für solche Veranlagungszeiträume gelten, deren Steuerfestsetzung nach den Vorschriften der Abgabenordnung noch änderbar ist, d.h. für die noch keine materielle Bestandskraft eingetreten ist. Umsatzsteueranmeldungen und -erklärungen stehen per Gesetz unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, sodass dann grds. ein rückwirkender Widerruf möglich ist. Von daher hat die jPdöR die Möglichkeit einer gezielten Gestaltung und der Wahl eines optimalen Zeitpunktes zur Umstellung auf das neue Recht. Dies umso mehr, als dass mit dem BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2016 auch die Fragen des Vorsteuerabzuges geregelt scheinen. Hier ist das BMF mit Beispielen konkret geworden, die insofern eine Beurteilung, Gestaltung und Entscheidung ermöglichen.


Vorsteuerabzug und Vorsteuerberichtigung

Bezieht eine jPdöR im Optionszeitraum Leistungen, ist für den Vorsteuerabzug danach zu differenzieren, ob die erstmalige Verwendung noch im Optionszeitraum erfolgt. Erfolgt die erstmalige Verwendung der Leistung während des Optionszeitraums nichtunternehmerisch und wird sie bei einer zur erstmaligen Verwendung unveränderten Nutzung nach dessen Ablauf unternehmerisch verwendet, ist ein Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezuges ausgeschlossen. Jedoch ist der Vorsteuerabzug aus dieser Leistung unter den weiteren Voraussetzungen des § 15a UStG einer späteren Berichtigung zugänglich. Erfolgt die erstmalige Verwendung der während des Optionszeitraums bezogenen Leistung nach Ablauf des Optionszeitraums unternehmerisch, ist ein Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezugs unter Berücksichtigung der beabsichtigten Verwendung und unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG zulässig. Diese Grundsätze gelten für Leistungsbezüge vor dem 1. Januar 2017 entsprechend. Erfolgte also die erstmalige Verwendung einer solchen Leistung bereits vor dem 1. Januar 2017, kommt auch bei diesen Leistungen unter den obigen Bedingungen und den weiteren Voraussetzungen des § 15a UStG eine spätere Vorsteuerberichtigung in Betracht.

 

Fazit

Nach dem Entwurf wurden zumindest die wesentlichen Fragen des Vorsteuerabzuges und der Vorsteuerberichtigung aufgenommen. Gleichwohl besteht weiterhin in vielen Fragen der Beurteilung der Leistungsbeziehung eine nicht unerhebliche Unsicherheit. Rechtssicherheit wird daher meist nur durch (verbindliche) Abstimmung mit der Finanzverwaltung erreicht werden können. Verbindliche Auskünfte werden aber nur für noch nicht verwirklichte Sachverhalte erteilt. Von daher ist auch weiter offen, wie die Finanzverwaltung das BMF-Schreiben in der täglichen Praxis interpretieren und anwenden wird.

 

Besonders spannend in diesem Kontext ist, dass der EuGH mit Urteil vom 12. Mai 2016 (C-520/14) entschieden hat, dass es auch auf die Höhe der Entgelte und eine wirtschaftliche Tätigkeit ankommt: Bei eine Asymmetrie zwischen Einnahmen und Aufwendungen kann es sein, dass keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Unionsrechtes vorliegt. Dies würde eine Unternehmereigenschaft und damit die Prüfung des § 2b UStG aber auch den Vorsteuerabzug ausschließen.

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