Finanzierung von Pflegeeinrichtungen – Entwicklung eines bedarfsgerechten zukunftsfähigen Geschäftsmodells

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Die Einrichtungsträger stehen vor dem Hintergrund gestiegener baulicher Anforderungen, veränderter Refinanzierungsbedingungen für Investitionskosten und einer veränderten Pflegelandschaft vor großen Herausforderungen – die Lösung kann nur in einem individuell maßgeschneiderten Zukunftskonzept liegen.
Mit dem Ablauf der Frist zur Umsetzung neuer Landesheimgesetze besteht für viele Pflegeeinrichtungen Handlungsbedarf. Neue bauliche Mindestvorgaben sind bei verschärften Refinanzierungsbedingungen umzusetzen.
 

Gestiegene bauliche Anforderungen

 

Mit der bayerischen Ausführungsverordnung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (AVPfleWoqG) wird das Ziel der Barrierefreiheit der baulichen Anlagen verfolgt. Neben allgemeinen baulichen Vorgaben wurden insbesondere auch Maßgaben zur Mindestgröße von Wohn- und Gemeinschaftsräumen getroffen.1 In Nordrhein-Westfalen führt die Umsetzung des Gesetzes zur „Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihren Angehörigen” (GEPA-NRW) baulich insbesondere zu einer Regulierung der Mindestanzahl von 80 Prozent Einzelzimmern in Pflegeheimen.2
 
Speziell Träger in diesen beiden Bundesländern stehen mit der baulichen Umsetzung zeitlich unter Zugzwang, da die Übergangsfristen in Bayern bis 31. August 20163 und in NRW bis 31. Juli 20184 auslaufen und ein Großteil aktueller Bestandsbauten die baulichen Anforderungen ohne umfangreiche Sanierungen oder gar einen Neubau nicht bewerkstelligen kann. Insbesondere in Bayern gibt es zwar die Möglichkeit zu Ausnahmegenehmigungen, diese sind aber im Einzelfall mit der zuständigen Behörde zu verhandeln.5
 

Veränderte Refinanzierungsbedingungen der Investitionskosten

 

Zugleich hat sich die Refinanzierungssituation der Investitionskosten in den Ländern verschlechtert. Während in der Vergangenheit öffentliche und freigemeinnützige Träger vielfach einen Teil der Investitionskosten über Zuschüsse der Länder finanzieren konnten, wurden die Zuschüsse in den letzten Jahren weitestgehend zurückgefahren. Dies gilt insbesondere in Bayern. Dort fördern die Kommunen Pflegeeinrichtungen nur noch vereinzelt auf freiwilliger Basis.
 
Zusätzlich haben die neuen Landesheimgesetze die Berechnung der Investitionskosten verändert. In der bisherigen Refinanzierungsstruktur war es möglich und auch üblich, insbesondere durch Pauschalierungen, Überschüsse aus dem investiven Bereich zu erwirtschaften. Dies ist zukünftig nicht mehr möglich.
 
In Bayern wird die Refinanzierung der Investitionskosten prinzipiell durch die AVSG (Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze) geregelt. Seit dem BSG-Urteil aus dem Jahr 2011 zur gesonderten Berechnung der Investitionskosten sowie der in 2012 erfolgten Änderungen des § 82 SGB XI steht aber noch die notwendige Anpassung des §74 AVSG aus. Aktuell (seit Januar 2013) gelten die Umsetzungshinweise für die Bescheidung von Anträgen auf Festsetzung der gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen des Bayerischen Sozialministeriums (STMAS). Insbesondere im Bereich der Eigenkapitalverzinsung sowie den Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung der Anlagegüter haben sich die aktuellen Regelungen im Vergleich zu früheren Regelungen verschlechtert, da sie keine Pauschalierungen im Instandhaltungsbereich mehr zulassen und zu schwankenden Heimentgelten führen können.
 
In NRW führt die Neufassung der Regelung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen stationärer Einrichtungen ebenfalls für viele Einrichtungen zu einer Verschlechterung der Investitionskostenfinanzierung bei den gleichzeitig greifenden, oben angesprochenen gestiegenen baulichen Anforderungen. So wirken sich insbesondere die neuen Regelungen zur Refinanzierung von Eigenkapitalzinsen, die Regelungen zur Abstellung auf die tatsächliche Auslastung, der Wegfall der EDV-Pauschale und die Verwendungsbeschränkung der Instandhaltungspauschale negativ aus.6
 
Für die Einrichtungsträger stellt sich die zentrale Frage, welche Möglichkeiten bestehen, der Investitionsnotwendigkeit unter Berücksichtigung der Refinanzierungsmöglichkeiten gerecht zu werden. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass eine deutliche Erhöhung der gesondert berechenbaren Investitionskosten sich negativ auf die Markt- und Wettbewerbsposition der Einrichtung auswirken und einen Rückgang der Auslastung zur Folge haben kann.
 

Veränderte Pflegelandschaft

 
Gleichzeitig hat sich die Pflegelandschaft in den letzten Jahren sowohl konzeptionell als auch bezogen auf die Vorstellungen der potenziellen Bewohner hinsichtlich der Wohnformen im Alter verändert. Der Wunsch, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu verbleiben, wird zunehmend geäußert.7 Der Grundsatz „ambulant vor stationär” wird von der Politik aus gutem Grund gefördert und finanziell gestärkt. Insbesondere im ersten Pflegestärkungsgesetz (2015), das aktuell zum 01. Januar 2015 in Kraft getreten ist, findet sich die Stärkung der „alternativen Wohnformen” wieder. Hier wird unter anderem die mögliche Inanspruchnahme der Kurzzeitpflege von vier auf acht Wochen erhöht, sowie die parallele Verwendung von Tages- und Nachtpflege mit ambulanten Pflegeleistungen ermöglicht. Es werden niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote gestärkt und der monatliche Zuschlag für ambulant betreute Wohngruppen erhöht.8
 
Die Herausforderung für die Einrichtungsträger besteht somit darin, ein Konzept zu entwickeln, das den heterogenen Bedürfnissen heutiger und zukünftiger älterer Generationen entspricht, die baulichen Anforderungen erfüllt, sich auf Grundlage der finanziellen Ausgangssituation und der gesetzlichen Rahmenbedingungen refinanzieren lässt und gleichzeitig im Wettbewerb bestehen kann.
 

Individuell maßgeschneidertes Zukunftskonzept als Lösungsansatz

 
Ein Allheilmittel für die Lösung dieses Problems gibt es nicht. Für jeden Träger ist vor dem Hintergrund der individuellen Situation vor Ort ein maßgeschneidertes Zukunftskonzept zu entwickeln und zu bewerten. Leistungsseitig kann eine Kombination verschiedener stationärer, teilstationärer und ambulanter Leistungen in einem vertikalen Leistungsverbund zielführend sein, weil dadurch die Erhöhung der betrieblichen Effizienz die Wirtschaftlichkeit des Gesamtportfolios stärken kann.
 
Die Grundlage für die Entwicklung eines solchen Konzeptes ist die Analyse der Ausgangssituation. Neben den baulichen, wirtschaftlichen sowie rechtlichen und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen des Einrichtungsträgers ist eine umfassende Markt- und Wettbewerbs- sowie Standortanalyse erforderlich. Um langfristig mit einer guten Auslastung kalkulieren zu können, ist insbesondere die erwartete zukünftige Nachfrage nach einzelnen Leistungen (Bedarfsanalyse und -prognose) von wesentlicher Bedeutung. Nur auf dieser Basis kann anschließend eine optimale Dimensionierung und Zusammensetzung des geplanten zukünftigen Angebotes erfolgen.
 
Aufbauend auf die Ist-Analyse ist ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Das mögliche Leistungsspektrum als Herzstück ist dabei – abhängig vom Bedarf – sehr vielfältig und kann z.B. von Leistungen des ambulanten Pflegedienstes über Leistungen im Bereich des „betreuten Wohnens” oder ambulant betreuter Wohngruppen, Angeboten zu Tages-/ Nacht- und Kurzzeitpflege bis hin zu Leistungen einer vollstationären Einrichtung reichen. Die Kombination verschiedener Leistungsbestandteile kann sich dabei insgesamt wirtschaftlich positiv auswirken. Vorteile können sich zum Beispiel bei der Sicherung der Auslastung durch Kundenbindung bei niedrigschwelligen Angeboten oder durch Skaleneffekte ergeben. Für das entworfene Leistungsspektrum ist ein zur Unternehmensstrategie passendes Betriebskonzept zu erarbeiten. Die zu erwartenden Investitionskosten, die rechtliche und steuerrechtliche Gestaltung sowie die Prognose zulässiger aber auch nachfragegerechter Entgelte sind dabei entscheidende Parameter. Die Entwicklung des zukünftigen Geschäftsmodells endet in der Erarbeitung eines Business Plans für einen mittelfristigen Betrachtungszeitraum. Die Bewertung des entwickelten Geschäftsmodells erfolgt abschließend unter Abwägung der Chancen und Risiken. Die Wirtschaftlichkeitsprognose ist letztendlich das ausschlaggebende Kriterium für die Umsetzung des Modells. Dennoch sollten auch qualitative Kriterien bei der Entscheidung Berücksichtigung finden.
 

 
Die oben stehende Grafik zeigt die Vorgehensweise bei der Entwicklung eines solchen Zukunftskonzeptes als beispielhaften Projektfahrplan.
 
Gerne begleiten wir Sie bei der Entwicklung und Bewertung Ihres individuellen zukünftigen Geschäftsmodells. Als interdisziplinäre Kanzlei vereinen wir branchenspezifisches betriebswirtschaftliches, rechtliches und steuerrechtliches Know-how.
 

1 §4 (2) AVPfleWoqG

2 §20 (3) WTG

3 §10 (1) AVPfleWoqG

4 §47 (3) WTG

5 vgl. §10 AVPfleWoqG

6 vgl. APG DVO

7 vgl. „Wohnen im Alter - Anspruch und Realität in einer alternden Gesellschaft”, Jones Lang LaSalle & DPF, 2013, S. 17

8 vgl. http://www.bmg.bund.de/pflege/pflegestaerkungsgesetze/pflegestaerkungsgesetz-i.html .

 

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