Ungleichbehandlung von Investoren durch Informationen über Portfoliodaten

PrintMailRate-it
​Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat sich am 13. November 2015 zu der Frage geäußert, inwieweit Kapitalverwaltungsgesellschaften einzelnen – aber nicht allen Anlegern (gleichzeitig) – bestimmte Informationen über die Zusammensetzung der Portfolien und Werte einzelner Vermögensgegenstände übermitteln dürfen. Dabei kommt die BaFin zu dem Ergebnis, dass es nicht zulässig ist, wenn Anleger ein und desselben Publikums-Investmentvermögens zu unterschiedlichen Zeitpunkten oder in unterschiedlichem Ausmaß Kenntnis über die Vermögensgegenstände im Portfolio und deren Wertentwicklung erhalten. 

Hintergrund und Anlass für die Befassung mit dem Thema sind Anfragen an die BaFin aus dem Bereich der Versicherungs- und der Bankenaufsicht. Zwar müssen auch Kapitalverwaltungsgesellschaften für jedes Investmentvermögen Jahresberichte nach § 101 KAGB sowie für Publikumsinvestmentvermögen zusätzlich Halbjahresberichte nach § 103 KAGB erstellen. Dazu gehört etwa auch eine Vermögensaufstellung, die nach §§ 9 und 10 KARBV die einzelnen Portfoliotitel und deren Werte aufführen muss. Diese Berichte stellen jedoch weder hinsichtlich ihrer Häufigkeit noch im Hinblick auf ihre Aktualität die im Bereich der Versicherungsaufsicht nach Solvency II und im Bereich der Bankenaufsicht nach der MaRisk geforderte Einsichtnahme der Anleger sicher. 

Sonstige Regelungen, unter welchen Umständen Kapitalverwaltungsgesellschaften ihren Anlegern Auskunft über die Portfoliobestände der Investmentvermögen erteilen müssen oder dürfen, enthält das KAGB nicht. Gegen eine entsprechende Vereinbarung zwischen Anleger und Kapitalverwaltungsgesellschaft, in regelmäßigem Rhythmus Portfoliodaten mit einer bestimmten Aktualität zu liefern, bestehen nach Auffassung der BaFin daher zunächst keine aufsichtsrechtlichen Bedenken. 

Nicht hinnehmbar ist es nach Ansicht der BaFin allerdings, wenn Anleger ein und desselben Publikums-Investmentvermögens zu unterschiedlichen Zeitpunkten oder in unterschiedlichem Ausmaß Kenntnis über die Vermögensgegenstände im Portfolio und deren Wertentwicklung erhalten. Denn gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsregeln nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAVerOV) sind Anleger von Publikums-AIF und OGAW fair zu behandeln. Die Interessen eines Anlegers oder einer Anlegergruppe dürfen nicht über diejenigen anderer Anleger gestellt werden.  

Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz wäre verletzt, würden institutionelle Anleger in Publikumsfonds von der Kapitalverwaltungsgesellschaft früher und/oder umfassender über die Vermögenslage des Investmentvermögens informiert als Privatanleger. Denn dadurch würden die institutionellen Anleger in die Lage versetzt, schnellere und besser informierte Entscheidungen über Aufbau, Halten oder Abbau ihrer Anlage in Anteilen an dem jeweiligen Investmentvermögen zu treffen. Auf kurzfristige Veränderungen hinsichtlich Zusammensetzung, Wert und Risikostruktur der Fondsanlage könnten sie zeitnäher und effektiver reagieren. Sie könnten sich so Vorteile gegenüber Privatanlegern verschaffen.  

Genau diese schnelle Reaktionsmöglichkeit, das heißt die Umsetzung der von den Kapitalverwaltungsgesellschaften gelieferten Portfoliodaten in Reaktionen im Rahmen des Risikomanagements ist Sinn- und Zweck der bank- und versicherungsaufsichtsrechtlichen Pflichten. Dieser Ungleichbehandlung kann daher auch nicht dadurch abgeholfen werden, dass die Datenmeldungen auf externe Dienstleister ausgelagert, von der Kapitalverwaltungsgesellschaft zum Beispiel in einer selbst errechneten Risikokennziffer „versteckt” oder mit Vertraulichkeitsklauseln und Nutzungsbeschränkungen versehen werden. 

Etwas anderes gilt nur unter bestimmten Umständen bei Spezial-AIF: Hier ist eine Ungleichbehandlung der Anleger nach § 26 Abs. 3 KAGB in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 1 KAVerOV zulässig, wenn eine Vorzugsbehandlung bestimmter Anleger in den Anlagebedingungen, der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag des AIF vorgesehen ist.
 

Fazit 

Sofern Kapitalverwaltungsgesellschaften die Beteiligung an den von ihnen verwalteten Publikums-Investmentvermögen auch Banken und Versicherungsunternehmen ermöglichen möchten, müssen sie die nach Solvency II oder MaRisk geforderten Portfoliodaten allen ihren Anlegern gleichzeitig zur Verfügung stellen.

Kontakt

Contact Person Picture

Dr. Ralf Ellerbrok

Rechtsanwalt

Partner

+49 40 2292 975 00

Anfrage senden

Profil

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu