Die elektronische Netznutzungsabrechnung

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veröffentlicht am 3. April 2014

 

GPKE und GeLi Gas ermöglichen dem Netzbetreiber einheitlich die elektronische Netznutzungsabrechnung gegenüber allen Netznutzern zu verlangen. Dies gilt auch, wenn der Letztverbraucher die Netznutzung selbst wahrnimmt und es sich um einen Privat- oder Kleingewerbekunden handelt. Netzbetreiber, die dies von Letztverbrauchern verlangen, begehen regelmäßig keinen Wettbewerbsverstoß.

 

Die elektronische Netznutzungsabrechnung hatte sich eigentlich bereits im Markt als Standard durchgesetzt. Sowohl Netzbetreiber als auch Lieferanten praktizieren regelmäßig die automatisierte, elektronische Netznutzungsabrechnung. War diesbei Netzbetreibern in der Anfangszeit eher deshalb der Fall, weil sie aufgrund eines Verlangens des Lieferanten dazu gezwungen waren, so haben inzwischen auch die Netzbetreiber die Vorteile der elektronischen Rechnung erkannt und nutzen diese aus eigener Initiative; Papierrechnungen werden dann nicht mehr erteilt.
 

Netznutzung durch Letztverbraucher

Aufgrund eines neuen Geschäftsmodells von Stromlieferanten kam es in der jüngeren Vergangenheit vermehrt zu Anfragen bei Netzbetreibern, Netznutzungsverträge direkt mit den Letztverbrauchern abzuschließen. Hiergegen ist im Grundsatz nichts einzuwenden. Allerdings handelt es sich bei den betroffenen Letztverbrauchern um Privat- und Kleingewerbekunden. Bis her kamen reine Stromlieferungen, bei denen der Kunde selbst Netznutzer ist, ausschließlich im Großkundensegment vor.
 
Im Rahmen des neuen Geschäftsmodells wurde nun – wohl mittels vom Stromlieferanten zur Verfügung gestellter Musterschreiben – vom Netzbetreiber verlangt, dass die Netznutzungs abrechnungen ab der Umstellung der Netznutzung auf den Letztverbraucher in Zukunft wieder in Papierform zu erfolgen hätten. Grund für diesen Rückfall in „alte Zeiten“ ist, dass für die GPKE- bzw. GeLi Gas-konforme Verarbeitung einer elektronischen Netznutzungsabrechnung die EDIFACT-Formate INVOIC und REMADV beherrscht werden müssen. Während Lieferanten hier auf teure Spezialsoftware und geschultes Personal zurück greifen können, fehlt es bei Letztverbrauchern in der Regel sowohl an der technischen Ausstattung als auch am Fachwissen.
 

Vorgaben der GPKE und der GeLi Gas

In der GPKE und der GeLi Gas ist ausdrücklich geregelt, dass für den Fall, dass der Letztverbraucher selbst Netznutzer ist, er in die Rolle des Lieferanten im Sinne der Prozessbeschreibungen eintritt, soweit diese Regelungen sinngemäß auf ihn anwendbar sind. Selbst, wenn er die damit verbundenen Aktivitäten nicht selbst wahrnehmen möchte und seinen Lieferanten hier mit beauftragt, liegt die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der sich aus der GPKE ergebenden Aufgaben auch weiterhin bei ihm. Mit ihrer Mitteilung Nr. 6 zur Umsetzung der GPKE vom 28. November 2007 hat die Bundesnetzagentur im Hinblick auf die Abwicklung der elektronischen Netznutzungsabrechnung via INVOIC/REMADV noch einmal klargestellt, dass die in der Festlegung GPKE ausgesprochenen Verpflichtungen zur Durchführung der elektronischen Netznutzungsabrechnung auch dann gelten, wenn ein Letztverbraucher einen eigenen Netznutzungsvertrag mit dem Netzbetreiber abgeschlossen hat. Hat ein Netzbetreiber sich für die Variante der elektronischen Netznutzungsabrechnung entschieden, ist es aus Sicht der Bundesnetzagentur sachgerecht, dies aus Effizienzgründen flächendeckend gegenüber allen Netznutzern verlangen zu können. Zu beachten ist hier die Verpflichtung des Netzbetreibers, den Netzzugang diskriminierungsfrei zu gewähren. Sofern noch Papierrechnungen gegenüber anderen Netznutzern erstellt werden, muss dies dann letztlich auch dem Letztverbraucher gestattet sein.
 

Wettbewerbsrechtliche Anforderungen

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass Netzbetreiber generell die elektronische Rechnungslegung in ihrem Netzgebiet verlangen und in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass auch die Letztverbraucher zur Ermöglichung der elektronischen Netznutzungsabrechnung verpflichtet sind.
 
Dies hat in einem aktuellen einstweiligen Verfügungsverfahren auch das Landgericht Hamburg bestätigt. Allerdings sollte der entsprechende Hinweis an die Kunden sorgfältig formuliert sein, um Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht zu vermeiden.
 
Im konkreten Fall war dem Netzbetreiber von einem Stromlieferanten vorgeworfen worden, durch den Hinweis auf die elektronische Netznutzungsabrechnung irreführend zu werben, da die GPKE nicht auf Letztverbraucher anwendbar sei. Zudem sei eine zielgerichtete Behinderung des Lieferanten gegeben. Dessen Geschäftsmodell werde von dem Netzbetreiber dadurch herabgesetzt, dass bei Abschluss der Netznutzungsverträge direkt mit dem Letztverbraucher nur elektronisch abgerechnet wird. Der Kunde sei verunsichert und müsse gegebenenfalls umfangreiche Investitionen tätigen, um das angeblich zwingend vorgeschriebene elektronische Datenformat lesen zu können.
 
Diese Vorwürfe wurden durch das Landgericht Hamburg zurückgewiesen. Die GPKE-Festlegungen gelten auch für das Verhältnis Netzbetreiber/privater Letztverbraucher. Deshalb ist es nicht irreführend im Sinne des Wettbewerbsrechts, wenn sich ein Netzbetreiber an die Vorgaben der GPKE hält und vom Letztverbraucher die elektronische Netznutzungsabrechnung verlangt. Der Hinweis darauf ist auch nicht wettbewerbsbehindernd, selbst wenn die Form der Abrechnung möglicherweise Kunden davon abhält, den Strom vom entsprechenden Lieferanten zu beziehen. Denn die bloße Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Konkurrenten ist nicht ausreichend, um einen Wettbewerbsverstoß zu begründen.
 
Grenzen bestehen jedoch dort, wo Äußerungen sich gezielt gegen einen Wettbewerber richten. Außerdem sollte aus dem Hinweis auf die elektronische Netznutzungsabrechnung deutlich hervorgehen, dass diese Form der Abrechnung keine zwingende Folge der direkten Netznutzungsverträge mit dem Letztverbraucher - und damit des Geschäftsmodells des Stromlieferanten ist. Es steht vielmehr jedem Netzbetreiber frei, diese Abrechnung von den Kunden zu verlangen oder nicht.
 

Fazit

Netzbetreiber, denen entsprechende Anfragen von Letztverbrauchern vorliegen, können darauf bestehen, dass die Letztverbraucher die elektronische Netznutzungsabrechnung ermöglichen. Allerdings ist hier diskriminierungsfrei zu verfahren: Sofern noch Papierrechnungen gegenüber anderen Netznutzern erstellt werden, muss dies letztlich auch dem Letztverbraucher gestattet sein. Zudem sollten veröffentlichte Informationen über die elektronische Netznutzungsabrechnung sorgfältig und wettbewerbskonform formuliert sein.

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Dr. Thomas Wolf, LL.M. oec.

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