Cloud-Computing im Steuerrecht: Server-Betriebsstätten, Umsatzsteuer und Rechnungslegung

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Cloud-Computing im SteuerrechtSeit dem Jahr 2010 können in Deutschland steuerpflichtige Unternehmen ihre „deutschen” Buchhaltungsdaten auf ausländischen Servern speichern. Damit kann die elektronische Finanzbuchführung in konzerneigene, im Ausland befindliche Public- /Private Clouds ausgelagert werden. Das entsprechende Verfahren ist den Finanzbehörden allerdings detailliert offenzulegen und muss durch sie genehmigt werden. Zudem müssen die Steuer­pflichtigen die Daten gegen Verlust, unberechtigte Eingaben und Veränderungen schützen, um eine ordnungsgemäße Buchführung vorlegen zu können.
 
Für Anbieter von Cloud-Dienstleistungen hingegen ist v.a. von Relevanz, ob durch die Installation eigener Hardware im Ausland eine Betriebsstätte entstehen kann. Nach der Definition im nationalen Recht ist eine Betriebsstätte „jede feste Geschäfts­einrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient” (§ 12 AO).
 
Laut Meinung der OECD kann Computer Hardware (Eigentum oder Anmietung) grundsätzlich eine feste Geschäfts­einrichtung sein und daher eine Betriebsstätte begründen. Im Rahmen des BEPS Projektes der OECD wurde in den letzten Jahren untersucht, inwieweit besondere Besteuerungsregelungen für die digitale Wirtschaft von Nöten sind. Dies wurde insbesondere in Bezug auf die wirtschaftliche Präsenz zum aktuellen Zeitpunkt zunächst verneint.
 
In grenzüberschreitenden Sachverhalten ist darüber hinaus grundsätzlich auch die jeweilige Definition im potenziellen Betriebsstättenstaat zu beachten. Die Begründung einer Betriebsstätte durch einen Server kann daher immer nur im Einzelfall beantwortet werden, erfordert aber bspw. nicht in jedem Fall, dass auch Personal zur Bedienung, Überwachung oder Instandhaltung der Hardware vor Ort ist.
 
Darüber hinaus erbringen Cloud-Anbieter verschiedene Dienstleistungen an ihre Kunden (sog. IaaS-, PaaS oder SaaS-Services), die eine Umsatzsteuerpflicht im Staat des Leistungserbringers oder -empfängers begründen können. Nach den innerhalb der EU gültigen umsatz­steuer­rechtlichen Regelungen ist für den Dienstleistungsverkehr zwischen Unternehmern grundsätzlich das Empfängerortprinzip anzuwenden, wonach die Leistung in dem Staat steuerpflichtig ist, in dem der Empfänger seinen Sitz hat. Durch die sog. „Reverse-Charge”-Regelungen können Rechnungen für Cloud-Dienstleistungen innerhalb der EU daher regelmäßig netto ausgestellt werden, da die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungs­empfänger übergeht. Dabei ist jedoch zu beachten, dass insbesondere bei Empfängern in Drittstaaten und solchen, die keine umsatzsteuerlichen Unternehmer sind, eine abweichende Beurteilung des Leistungsortes und des Steuerschuldners vorliegen kann. Bei Leistungen an Privatpersonen innerhalb der EU beurteilt sich die Umsatzsteuerbarkeit bei Leistungen von Unternehmen an Privatpersonen nach dem nationalen Recht, in dem die Privatperson steuerlich ansässig ist. Die umsatzsteuerliche Beurteilung von Cloud-Dienstleistungen ist daher vorab im konkreten Einzelfall zu prüfen und bei der Rechnungsstellung zu berücksichtigen.
 

zuletzt aktualisiert am 16.11.2016

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