Dieselgipfel: Eine Milliarde Euro für Luftreinhaltung in Kommunen – Chance zum Handeln nutzen!

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Der Dieselgipfel der Bundesregierung unter Beteiligung der Kommunen hat am 04. September 2017 erste wichtige Ergebnisse zur Reduzierung der Stickoxidbelastung gebracht. Kurzfristig stellen die Bundesregierung und die Industrie eine Milliarde Euro zur Verfügung. Dieses Geld soll primär den Kommunen zu Gute kommen.

Angelpunkt für die Luftreinhaltung sind die Kommunen. Ihnen obliegt die Verantwortung für die Luftreinhaltung in ihrem Gebiet. Werden die Grenzwerte überschritten, muss die Kommune in ihrem Luftreinhalteplan nach § 47 BImSchG geeignete Maßnahmen zur Einhaltung der Werte ergreifen. Die Kommunen haben dabei einen planerischen Gestaltungsspielraum. Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes muss aber durch die Luftreinhaltepläne eine „schnellstmögliche Zielerreichung” sichergestellt werden (BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 7 C 21.1).

 

In den letzten Jahren wurden Kommunen durch Verwaltungsgerichte dazu angehalten, die Luftreinhaltepläne zu überarbeiten und geeignete Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte zu ergreifen (z.B. VG Wiesbaden, Beschlüsse vom 11.01.2016   4 N 1726/15.WI(2) und 4 N 1727/15.WI(2); VGH Kassel, Beschluss vom 11.05.2016 – 9 E 448/16). Aufsehen erregten die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Stuttgart. Die Gerichte haben keine Fahrverbote für Dieselfahrzeuge anordnen können, da aufgrund von § 114 S. 1 VwGO ein Gericht nicht den Gestaltungsspielraum der Verwaltung an sich ziehen darf. Aber in beiden Entscheidungen haben die Gerichte deutlich gemacht, dass Fahrverbote eine zulässige Maßnahme zur Luftreinhaltung sind und daher in die Abwägung bei der Fortschreibung der jeweiligen Luftreinhaltepläne berücksichtigt werden müssen (VG Düsseldorf, Urteil vom 13.09.2016   3K 7695/15; VG Stuttgart, Urteil vom 28.07.2017 – 13K 5412/15).

 

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. hat am 24.08.2017 angekündigt, in weiteren 45 Städten formale Rechtsverfahren zur Durchsetzung von Luftreinhaltemaßnahmen anzustrengen, sodass insgesamt 62 Verfahren von ihr betrieben werden.

 

Weiterhin hat die Europäische Kommission am 15.02.2017 Deutschland und vier weitere EU-Mitgliedsstaaten förmlich gemahnt, die Stickoxidgrenzwerte einzuhalten. In 28 deutschen Luftqualitätsgebieten hat die Kommission anhaltende Überschreitungen der Stickoxidgrenzen festgestellt. Die Kommission sieht mögliche Maßnahmen zur Senkung der Stickoxidbelastung in der Verringerung des Verkehrsaufkommens insgesamt und der Verwendung alternativer Antriebstechniken und/oder der Anpassung des Fahrverhaltens. In diesem Zusammenhang sei die Senkung der Emissionen von Dieselfahrzeugen ein wichtiger Schritt zur Einhaltung der Luftqualitätsnormen der EU.

 

Der Dieselgipfel vom 04.09.2017 hat sich klar gegen Fahrverbote ausgesprochen. Die bereitgestellten Mittel sollen dafür eingesetzt werden, um Fahrverbote überflüssig zu machen. Als geeignete Maßnahmen wurden genannt: Die Konzentration und Förderung der beschleunigten Umstellung auf Elektrofahrzeuge und alternative (emissionsarme) Antriebe in den betroffenen Städten, Ballungs- und Verdichtungsräumen, die Förderung der notwendigen Ladeinfrastruktur, die Stärkung des ÖPNV, die Erstellung moderner Verkehrs- und Mobilitätskonzepte für Verkehrsführung und -leitung oder Carsharing sowie die Beseitigung regulatorischer Hemmnisse, um eine schnelle Umsetzung der Maßnahmen zu erreichen. Wegen der anstehenden Bundestagswahl am 24.09.2017 können gegenwärtig keine weitergehenden Maßnahmen beschlossen werden. Im Herbst (Ende Oktober, Anfang November) soll ein weiterer Gipfel stattfinden.

 

Die Ziele der Bundesregierung erfordern ein koordiniertes und kooperatives Verhalten von Bundesgesetzgeber und Kommunen. Die Beschaffung neuer Infrastruktur darf nicht unnötig durch vergaberechtliche Anforderungen verzögert und durch genehmigungsrechtliche Restriktionen des Personenbeförderungsgesetzes gehemmt werden. Notwendig ist ein Innovationsgesetz, welches eine zügige Umsetzung in die Praxis ermöglicht.

 

Auf kommunaler Ebene sind die Verantwortlichen aufgerufen, kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität zu ergreifen. Dies kann zum Beispiel durch einen Austausch öffentlicher Fahrzeugflotten erreicht werden. Flankierend muss die Ladeinfrastruktur schnellstmöglich weiter ausgebaut werden. Hierzu bedarf es entsprechender Mobilitätskonzepte, welche durch die Kommunen zu erstellen und umzusetzen sind.

 

Bereits heute fordern die kommunalen Spitzenverbände die zur Verfügung gestellte eine Milliarde Euro weiter zu erhöhen. Die nächste Bundesregierung wird sich dieser Aufgabe stellen müssen. Die Kommunen sollten daher rechtzeitig, die sich ihnen ergebende Chance zur Finanzierung ihrer Infrastruktur ergreifen, um so eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität in ihren Städten zu erreichen.

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Jörg Niemann

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