Der Automatische Informationsaustausch löst die EU-Zinsrichtlinie ab

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veröffentlicht am 26. Juli 2017

 

Sie wurde eingeführt, um dem grenzüberschreitenden Steuerbetrug und der Steuerhinterziehung  auf europäischer Ebene Herr zu werden: die EU-Zinsrichtlinie. Doch ihre Amtszeit währte nur gerade gut 10 Jahre. Denn seit Anfang 2016 hat die EU-Zinsrichtlinie bereits wieder ausgedient. Sie wurde durch den gemeinsamen Meldestandard (Common Reporting Standard, kurz: CRS) abgelöst.
 

 
Der automatische Informationsaustausch sieht vor, dass erstmals für das Steuerjahr 2016 steuerrelevante Daten unter den teilnehmenden Ländern ausgetauscht werden. Lediglich für Österreich und den nieder­ländischen Teil von Aruba und Sint Maarten gibt es eine Übergangsregelung: während Österreich an der EU-Quellensteuer bis einschließlich 2016 festhielt, meldeten die beiden niederländischen Gebiete die Zinseinkünfte für das Steuerjahr 2016 weiterhin an die Wohnsitzstaaten. Seit 2017 gehört jedoch auch dort die EU-Zins­richtlinie der Vergangenheit an.

 

Hintergrund

Die „Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen” (kurz: EU-Zinsrichtlinie) wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2005 eingeführt. Sie sollte dafür sorgen, dass die Zins­einnahmen aller EU-Bürger mit Wohnsitz in der EU vorschriftsmäßig im Wohnsitzstaat versteuert werden. Deshalb wurden seit Einführung der EU-Zinsrichtlinie die Informationen über Zinseinkünfte natürlicher Personen unter den EU-Mitgliedsstaaten sowie weiteren teilnehmenden Ländern ausgetauscht. Einige Länder – darunter Österreich, Luxemburg, Schweiz und anfangs auch Belgien – haben zur Wahrung ihres strengen Bank­geheim­nisses keine Informationen über Zinseinkünfte an den Wohnsitzstaat weitergeben. Stattdessen wurde eine pauschale Quellensteuer einbehalten: die sog. EU-Quellensteuer. Sie wurde durch die depotführende Stelle abgeführt und konnte durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung in voller Höhe auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden.
 

Höhe der EU-Quellensteuer
  • ab Juli 2005: 15 Prozent
  • ab Juli 2008: 20 Prozent
  • ab Juli 2011: 35 Prozent

75 Prozent der EU-Quellensteuer flossen in den Wohnsitzstaat des Anlegers, die restlichen 25 Prozent verblieben im Quellenstaat.

 
Aber Achtung: wer denkt, die eigene deutsche Steuerschuld ist mit dem Abzug der EU-Quellensteuer beglichen, der irrt!    
 

Der pauschale Abzug stellt lediglich eine Art Vorauszahlung dar und hat keine abgeltende Wirkung. Die Erträge, die bei dem ausländischen Kreditinstitut erzielt wurden, müssen in der deutschen Einkommen­steuererklärung angegeben werden. Daran hat sich auch mit Einführung der Abgeltungsteuer in Deutsch­land nichts geändert. Im Gegenteil: die Einkommensteuer auf Kapitalerträge (sog. Abgeltung­steuer) beträgt in Deutschland seit 2009 maximal 25 Prozent – also 10 Prozent weniger als zuletzt die EU-Quellensteuer. Wer also nur Zinserträge auf dem Auslandsdepot erwirtschaftet hat, kann im Zweifel sogar noch einen Erstattungsanspruch gegenüber dem deutschen Finanzamt haben. Doch die Uhr tickt. Ein Erstattungsanspruch kann nur dann durchgesetzt werden, wenn noch keine Verjährung der Steueran­sprüche eingetreten ist. Dennoch ist von einer übereilten Meldung beim Finanzamt dringend abzuraten. Der Sachverhalt und die Höhe der Erträge sowie die anrechenbaren Quellensteuern sind zuerst festzustellen; ggf. gibt es noch weitere Fragestellungen, denen man auf den Grund gehen sollte. Dazu gehört bspw. auch die Herkunft des Vermögens. Erst wenn der Sachverhalt komplett aufgeklärt ist, ist die Abgabe einer vollständigen und wirksamen Nacherklärung möglich.  

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Sonja Schwerdtner

Diplom-Betriebswirtin (FH), Steuerberaterin

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