Übergangsregelung zur Verrechnung von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften

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​veröffentlicht am 28. Februar 2017

 

Durch die Finanzkrise 2008 erlitten zahlreiche private Anleger Verluste in diversen Wertpapieren. Die steuerliche Geltendmachung dieser Verluste steht seit 2014 faktisch auf der Kippe. Mit Urteil vom 06. Dezember 2016 hat der Bundesfinanzhof die auf 5 Jahre befristete Übergangsregelung zur Verrechnung von sogenannten Altverlusten als verfassungsmäßig eingestuft. Die zeitliche Beschränkung verstoße weder gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch werde verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen verletzt.

 


  

Hintergrund

Mit Einführung der Abgeltungsteuer durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 hat der Gesetzgeber die Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Aktien und anderen Wertpapieren ohne Berücksichtigung einer bestimmten Haltefrist den Einkünften aus Kapitalvermögen zugewiesen (Neugewinne). Maßgeblicher Stichtag für den Systemwechsel war der 1. Januar 2009. Veräußerungsverluste aus Wertpapieren, die noch nach dem alten Besteuerungssystem innerhalb einer Haltedauer von einem Jahr als private Veräußerungsgeschäfte im Rahmen des § 23 EStG entstanden sind, konnten übergangsweise bis einschließlich 2013 nicht nur mit nachfolgenden Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden, sondern auch mit Gewinnen aus Kapitalvermögen im Rahmen des § 20 EStG. Maßgebend für die Zuordnung von Verlusten zum alten Recht ist der Zeitpunkt des Erwerbs der Wertpapiere.
  

Nach Ablauf von 2013 wurden diese Altverluste, soweit sie noch nicht verrechnet waren, in Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nach neuem Recht umqualifiziert und können damit ab 2014 nur noch mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften wie z. B. Immobiliengewinnen oder Gewinnen aus Edelmetallgeschäften oder Fremdwährungsgewinne verrechnet werden. Mit Einführung der Abgeltungsteuer hat der Gesetzgeber bei den Einkünften aus Kapitalvermögen einen grundlegenden Systemwechsel vollzogen. Der Ausschluss der Verrechenbarkeit ist dem zulässigen Systemwechsel geschuldet.
  
Der BFH urteilt, dass aus diesem Blickwinkel der Gesetzgeber Altverluste für eine gewisse Dauer privilegiert habe, indem er zusätzlich die Verrechnung mit Neugewinnen zugelassen hat. Eine belastende Wirkung entfalte die Vorschrift allenfalls im Hinblick auf ihre zeitliche Begrenzung. Es verbliebe jedoch die nicht bloß theoretische Möglichkeit der Verrechnung mit steuerbaren Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften mit anderen Wirtschaftsgütern. In diesem Zusammenhang haben die Kläger nicht vorgetragen und hat das FG auch nicht festgestellt, dass oder weshalb die Kläger Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften in Zukunft nicht mehr erzielen können.
  

Die Frage, ob auch eine faktische Verlustvernichtung („Definitiveffekt”) rechtlich beachtlich sein kann, wurde vom BFH angesprochen, jedoch nicht geklärt, weil die Kläger dies nicht vorbrachten. Dabei weist der BFH zudem auf eine gewisse wirtschaftliche Entwertung der Verluste durch den Wegfall der Verrechnung der Altverluste mit Neugewinnen, gesteht dem Gesetzgeber jedoch aufgrund des Systemwechsels eine zeitnahe Übergangsregelung zu. Der BFH bekommt in einem weiteren, anhängigen Verfahren VIII R 5/15 die erneute Möglichkeit, die Frage der Verrechnung von Alt-Verlusten zu prüfen.
 

Mit Urteil vom 03. November 2015, Az. VIII R 51/13, bestätigte der BFH, dass zudem die nach altem Recht festgestellten Verluste aus Aktien, die nach dem Halbeinkünfteverfahren zu ermitteln waren, im Rahmen der Verrechnung mit Neugewinnen nicht in doppelter Höhe anzusetzen sind, sondern weiterhin nur mit dem hälftigen Verlust wie nach altem Recht festgestellt.
  

Fazit

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass zum Einen die Spekulationsfrist von einem Jahr bei der Ermittlung von Gewinnen und Verlust abgeschafft wurde, zum Anderen jedoch eine Verrechenbarkeit von Altverlusten faktisch nach 2013 abgeschafft wurde. Es tröstet den Anleger wohl nur wenig, dass er die theoretische Möglichkeit hat, diese Altverluste mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften weiterhin zu verrechnen. Gerade solche Anleger, die regelmäßig in Wertpapieren anlegen, um eine flexible Altersvorsorge privat zu betreiben, wären nun aus steuerlichen Gründen gezwungen, in hoch riskante Fremdwährungsgeschäfte, in ertraglose Edelmetallanlagen oder in Immobilien zu investieren. Es wäre sinnvoll gewesen, diese faktische Verlustvernichtung nochmals genauer unter die Lupe zu nehmen. Das bedeutet jedoch für die Anleger einen langen Atem zu haben und prognostizieren zu können, dass sie künftig keine Gewinne im Rahmen der privaten Veräußerungsgeschäfte machen.

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Ellen Ashauer-Moll

Diplom-Kauffrau, Steuerberaterin

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