IFRS 15: Schlüsselfragen auch für den Aufsichtsrat

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zuletzt aktualisiert am 6. Juni 2018
 
Kapitalmarktorientierte sowie inhabergeführte Unternehmen, die freiwillig nach den internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) bilanzieren, sind mit der Änderungsdynamik der IFRS-Bilanzierung bereits vertraut und sollten daher eher selten Überraschungen erleben. Allerdings werden vom internationalen Standardsetter regelmäßig einzelne Standards so grundlegend überarbeitet und die Anwenderpraxis somit vor neue komplexe Anforderungen gestellt, dass deren Umsetzung einer besonderen Überwachung – u.a. auch durch die Aufsichtsräte – bedarf.
 
 
Der neue Standard zur Umsatzrealisierung (IFRS 15 „Revenue from Contracts with Customers”) ist solch ein Kandidat, da er abhängig vom Geschäftsmodell ggf. erhebliche Auswirkungen auf die Bilanzierungspraxis zur Folge hat. Seit dem 1. Januar 2018 sind Fragen zur Umsatzrealisierung unter Berücksichtigung eines prinzipien­basierten Ansatzes zu beurteilen. IFRS 15 regelt den Zeitpunkt und die Höhe der Umsatzrealisierung anhand des neu implementierten Fünf-Schritte-Modells:
 
Die größten Herausforderungen bestehen meist bei der Bilanzierung von Mehrkomponentengeschäften, insbesondere im Hinblick auf die Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen und der ent­sprechen­den Verteilung des Transaktionspreises. Aber auch andere Sonderthemen, die teilweise erstmalig im IFRS 15 geregelt sind, wie Gewährleistungen, Rückkaufvereinbarungen, Zahlungen an den Kunden oder Finan­zierungs­komponenten, können zu Abweichungen von der bisherigen bilanziellen Abbildung führen. Der Erst­anwendungs­zeit­punkt des IFRS 15 gilt für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen
 
Im besten Fall ist zum aktuellen Zeitpunkt die Umstellung auf IFRS 15 bereits erfolgreich abgeschlossen. In Abhängigkeit von externen Berichterstattungsverpflichtungen kann sich das Umstellungsprojekt noch in unter­schiedlichsten Phasen befinden. Spätestens bis zum Ende des Geschäftsjahres müssen die Projekte jedoch abgeschlossen sein, um auch künftig den Anforderungen der IFRS zu entsprechen. Unternehmen sollten die verbleibende Zeit nutzen und – falls noch nicht erfolgt – nunmehr mit der Analyse möglicher Auswirkungen beginnen, da umfangreiche Prozess- und Vertragsanpassungen erforderlich sein können.
 
Die sichtbaren Effekte im Ausweis der Umsatzerlöse und Jahresergebnisse sind nur die Spitze des Eisbergs. Darüber hinaus sind unter Einbindung der Vertriebs- und Rechtsabteilung auch Folgen für bestehende und neu abzuschließende Kundenverträge zu analysieren. Das aus dem IFRS 15 vermehrt zu erwartende zeitliche Auseinanderfallen von Rechnungsstellung und Umsatzrealisierung dürfte zudem einen erheblichen Anpassungs­bedarf der Prozess- und Systemlandschaft bewirken. In letzter Konsequenz können sich auch Auswirkungen auf Finanzkennzahlen ergeben. Sie sind u.a. Berechnungsgrundlage für Mitarbeitervergütungen. Unternehmen sollten in dem Fall gemeinsam mit der Personalabteilung mögliche Vertragsanpassungen prüfen. In dem Kontext hat insbesondere auch der Aufsichtsrat zu prüfen, inwieweit die Vorstandsvergütung betroffen ist und noch im Einklang mit den Unternehmenszielen steht.
 
Die Auswirkungen von IFRS 15 sind so vielfältig, dass sich Aufsichtsräte im Rahmen ihrer Über­wachungs­funktion frühzeitig mit folgenden Schüsselfragen beschäftigen und sie an den Vorstand adressieren sollten:
  • Wurden die Auswirkungen von IFRS 15 auf Umsatzkennzahlen analysiert?
  • Sind Vertragsanpassungen durchzuführen und ergeben sich dadurch Einschränkungen der Geschäftstätigkeit?
  • Wie hoch ist der Anpassungsbedarf der Prozess- und Systemlandschaft?
  • Inwieweit ist die erfolgsabhängige Vorstandsvergütung anzupassen?
  • Welche Übergangsvorschriften werden gewählt?
  • Welche Auswirkung hat der IFRS 15 auf Planungsrechnungen?
 
Insbesondere kapitalmarktorientierte Unternehmen und deren Aufsichtsräte sollten ein besonderes Augenmerk auf die Implementierung des IFRS 15 legen. Für 2018 hat die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung e.V. (DPR) die Anhangangaben zu den erwarteten Auswirkungen der Anwendung wesentlicher neuer Standards im Erstanwendungsjahr als Prüfungsschwerpunkt aufgenommen. Die Auswahl der Prüfungsschwerpunkte orientiert sich einerseits an erstmals anzuwendenden Standards, andererseits an Rechnungs­legungs­bereichen, die sich durch eine hohe Komplexität oder weitreichende Ermessens­spielräume auszeichnen. Beides wird zweifelsohne vom IFRS 15 erfüllt. Dem Aufsichtsrat ist im Zusammen­hang mit seiner Über­wachungs­funktion daher zu empfehlen, dafür Sorge zu tragen, dass der Vorstand sich frühzeitig und im erforderlichen Umfang mit den neuen Regelungen des IFRS 15 auseinandersetzt. Die Prüfungs­schwer­punkte der DPR können Aufsichtsräte dabei durchaus als Ansatz für eine präventive Überwachungstätigkeit nutzen.

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