BMF-Schreiben zur aktuellen Situation in Sanierungsfällen

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​veröffentlicht am 28. April 2017


Mit dem am 8. Februar 2017 veröffentlichten Beschluss vom 28. November 2016 (GrS 1/15) hat der Große Senat des Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I S. 240) ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010 S. 18) – der sog. Sanierungserlass – gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

 

 

Nach einem aktuellen BMF-Schreiben vom 27. April 2017 (Gz. IV C 6 – S 2140/13/10003) gilt zur Anwendung der Grundsätze des vorgenannten BFH-Beschlusses aus Gründen des Vertrauensschutzes Folgendes:

 

Es sind 3 Sachverhaltsvarianten zu unterscheiden:

 

 

1. Schuldenerlass bis zum 8. Februar 2017

In Fällen, in denen der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis (einschließlich) zum 8. Februar 2017 endgültig vollzogen wurde, sind die BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (a.a.O.) und 22. Dezember 2009 (a.a.O.) weiterhin uneingeschränkt anzuwenden. In Insolvenzplanverfahren gilt als „Vollzugszeitpunkt” die Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichts über die Bestätigung des Insolvenzplans.

 

2. Vorliegen einer verbindlichen Auskunft oder verbindlichen Zusage

In den Fällen, in denen eine verbindliche Auskunft (§ 89 Absatz 2 AO) oder verbindliche Zusage (§§ 204 ff. AO) zur Anwendung des Sanierungserlasses bis (einschließlich) zum 8. Februar 2017 erteilt wurde, ist sie nicht nach § 2 Absatz 3 Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) aufzuheben und nicht nach § 130 Absatz 2 Nummer 4 AO zurückzunehmen, wenn der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zur Entscheidung über die Aufhebung oder Rücknahme der verbindlichen Auskunft oder verbindlichen Zusage ganz oder im Wesentlichen vollzogen wurde oder im Einzelfall anderweitige Vertrauensschutzgründe vorliegen.
 

3. Billigkeitsmaßnahmen unter Widerrufsvorbehalt

In allen übrigen Fällen (kein Forderungsverzicht aller an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zum 8. Februar 2017 und keine vorliegende verbindliche Auskunft oder verbindliche Zusage) gilt zur Anwendung der BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (a.a.O.) und 22. Dezember 2009 (a.a.O.) im Vorgriff auf die beabsichtigte gesetzliche Regelung:
 

Billigkeitsmaßnahmen in Form von abweichenden Steuerfestsetzungen nach § 163 Absatz 1 Satz 2 AO und Stundungen nach § 222 AO sind nur noch unter Widerrufsvorbehalt vorzunehmen. Erlassentscheidungen (§ 227 AO) sind zurückzustellen. Ein etwaiger Bescheid über die abweichende Steuerfestsetzung (§ 163 Absatz 1 Satz 2 AO) oder die Stundung (§ 222 AO) ist mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen. Danach soll die Stundung bzw. die abweichende Festsetzung widerrufen werden, wenn eine gesetzliche Regelung zur steuerlichen Behandlung von Sanierungserträgen in Kraft tritt oder bis zum 31. Dezember 2018 nicht in Kraft getreten ist.
 

Wichtig ist jedoch, dass verbindliche Auskünfte nach den vorgenannten Grundsätzen weiterhin möglich sind und die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen aus persönlichen und sachlichen Gründen im Einzelfall von den Regelungen unberührt bleibt.
 

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