Altersversorgungsmodelle im neuen Erbschaftsteuerrecht

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​veröffentlicht am 27. März 2017

 

Das neue Erbschaftsteuerrecht ist rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft getreten. Die Begünstigungsregelungen von Betriebsvermögen und Gesellschaftsanteilen wurden angelehnt an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2014 geändert.

 

 

 

Schädliches Verwaltungsvermögen

Vereinfacht ausgedrückt wird das sog. Verwaltungsvermögen, das sich in einem Unternehmen befindet nun nicht mehr (mit-)verschont. Es wird daher auch als „schädliches” Vermögen bezeichnet. Bei der steueroptimierten Nachfolgeplanung wird es daher in Zukunft darum gehen, das Verwaltungsvermögen im Zeitpunkt der Schenkung oder im Erbfall möglichst gering zu halten.
 

Was Verwaltungsvermögen oder „schädliches” Vermögen ist, wird im Katalog des § 13b Abs. 4 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) definiert. Bspw. gehören zum Verwaltungsvermögen Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Anteile an Kapitalgesellschaften von 25 Prozent oder weniger, Kunstgegenstände, Münzen, Wertpapiere und vergleichbare Forderungen sowie Oldtimer, Yachten, Edelmetalle und sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände. Finanzmittel (Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen) gehören nach Abzug der Schulden zum Verwaltungsvermögen, soweit der Saldo 15 Prozent des Unternehmenswerts übersteigt. In Höhe des Sockelbetrags von 15 Prozent des Unternehmenswertes liegt also begünstigtes Vermögen vor, um die notwendige Liquidität des Unternehmens zu sichern. Der Abzug von 15 Prozent des Unternehmenswertes findet nur Anwendung, wenn das begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck einer originär gewerblichen Tätigkeit dient.
  

Wurden in der Vergangenheit Wertpapiere oder ein erhebliches Finanzvermögen im Unternehmen für die Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen vorgehalten, qualifizierte solches Vermögen grundsätzlich als schädliches Verwaltungsvermögen. Das führte unter Umständen zu einer hohen Verwaltungsvermögensquote. Nach der Neuregelung in § 13b Abs. 3 ErbStG gehört Vermögen, das ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient, nicht zum Verwaltungsvermögen. Zugriff darauf dürfen nur die altersversorgeberechtigten Gläubiger haben. Die Befreiung wird auf die Höhe des gemeinen Wertes der entsprechenden Verbindlichkeiten begrenzt.
  

Beispiel:

Der gemeine Wert der Altersversorgungsverpflichtung beträgt 1,5 Mio. Euro. Nach § 6a Einkommensteuergesetz (EStG) hat das Unternehmen nur eine steuerliche Rückstellung von 800.000 Euro. Bis zur Höhe von 1,5 Mio. Euro sind u.E. die Gegenstände des Altersversorgungsvermögens, welches der Tilgung der Altersversorgungsverpflichtungen dient, nicht als Verwaltungsvermögen einzuordnen. Die Höhe der steuerlichen Rückstellung spielt hierfür keine Rolle.
  

Deckungsvermögen

Der neu eingeführte § 13b Abs. 3 ErbStG nimmt somit im Ergebnis Deckungsvermögen für betriebliche Altersversorgungsverpflichtungen aus dem Verwaltungsvermögenskatalog aus.
Doch was fällt unter den Begriff des Deckungsvermögens? Die Neuregelung in § 13b Abs. 3 ErbStG orientiert sich ihrem Wortlaut nach an § 246 Abs. 2 Satz 2 Handelsgesetzbuch (HGB): Danach rechnen zum Deckungsvermögen solche Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind (Insolvenzsicherheit) und ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen (Zweckexklusivität).
   

Altersversorgungsverpflichtungen

Aufgrund der Parallelität beider Vorschriften kann somit zur Klärung der Frage, ob Deckungsvermögen vorliegt, weiter auf die Stellungnahme des IDW RS HFA 30 zu der handelsrechtlichen Bilanzierung von Altersversorgungsverpflichtungen zurückgegriffen werden.
  
Zunächst ist zu bestimmen, ob die besicherte Verpflichtung eine Altersversorgungsverpflichtung ist. Hierunter zählen Verpflichtungen zur Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung, die aus Anlass einer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt wurden, also auch solche Verpflichtungen, die wegen eines Dienstverhältnisses zu einem Gesellschafter/Geschäftsführer oder mit einem Gesellschafter einer Personengesellschaft bestehen. Weitergehend bezieht § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB entgegen § 13b Abs. 3 ErbStG aber auch vergleichbare andere langfristig fällige Verpflichtungen mit ein. Ausweislich der Begründung zu § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB sind damit Altersteilzeitverpflichtungen sowie Verpflichtungen aus Lebensarbeitszeitkonten ebenso gemeint, wie auch Dienstjubiläen, Beihilfen, Vorruhestandgelder, Übergangsgelder sowie Sterbegelder. Ob das neue Erbschaftssteuerrecht auch so weit zu verstehen ist, ist gegenwärtig nicht abschließend geklärt. Die Gesetzesbegründung lässt diesen Schluss jedoch zu.
 

Schaffung von Planvermögen, das kein schädliches Verwaltungsvermögen ist

Ist die zu besichernde Altersversorgungsverpflichtung identifiziert, muss in einem 2. Schritt das zur Finanzierung bereitgestellte Vermögen für die Altersversorgungsverpflichtung „reserviert” und damit sogenanntes Planvermögen geschaffen werden. Dazu muss sichergestellt werden, dass die Vermögensgegenstände jederzeit zur Verwertung zwecks Erfüllung der Altersversorgungsverpflichtungen zur Verfügung stehen. Damit scheidet bspw. betriebsnotwendiges Anlagevermögen, das durch das Unternehmen selbst genutzt wird, von vornherein aus. Weiterhin muss das Vermögen auch in einer etwaigen Insolvenz dem Zugriff von Dritten zugunsten der Versorgungsberechtigten entzogen sein.

 
Insolvenzsicherheit ist gegeben, wenn dem Versorgungsberechtigten im Falle der Insolvenz ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zusteht. Wenn ein vergleichbarer Schutz des Versorgungsberechtigten durch ein Absonderungsrecht nach § 49 InsO erreicht werden kann, ist auch ein solches für das Vorliegen der Insolvenzsicherheit ausreichend. Diese Voraussetzungen sind typischerweise bei verschiedenen Modellen der Besicherung von Altersversorgungsverpflichtungen gegeben. So nimmt die Neuregelung des § 13b Abs. 3 ErbStG genauso wie § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB explizit CTA-Strukturen (Contractual Trust Arrangements) von der Besteuerung aus. Durch eine (doppelstöckige) Treuhand wird dabei das für die Altersversorgung vorgesehene Vermögen dem Zugriff des Unternehmens selbst wie auch sämtlicher Gläubiger mit Ausnahme der Versorgungsberechtigten entzogen.
 
Aber auch durch die Verpfändung von Ansprüchen aus Konten und Wertpapierdepots oder Rückdeckungsversicherungen kann im handelsrechtlichen wie im erbschaftsteuerrechtlichen Sinne Deckungsvermögen geschaffen werden. Erbschaft- und schenkungsteuerlich hat das den Vorteil, dass solches Vermögen bis zur Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen begünstigtes Vermögen ist.
 

Bewertung

Dieses begünstigte Vermögen ist mit den Schulden aus den Altersversorgungsverpflichtungen zu verrechnen. Deckungsvermögen kann „schädliches” Verwaltungsvermögen darstellen, wenn und soweit es den gemeinen Wert der Altersversorgungsverpflichtung übersteigt. Daher stellt sich die Anschlussfrage, was unter dem gemeinen Wert der Altersversorgungsverpflichtungen zu verstehen ist.
 
Handelsbilanziell werden Vermögensgegenstände, die Deckungsvermögen im Sinne des § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB darstellen, mit dem beizulegenden Zeitwert bewertet. Für die Anwendung der handelsrechtlichen Vorschriften auf § 13b Abs. 3 ErbStG dürfte die vom Gesetzgeber bewusst gewählte Ähnlichkeit des Wortlauts beider Vorschriften sprechen. Andere Stimmen sehen hingegen bei der Bewertung nur einen Rückgriff auf die ertragsteuerlichen Vorschriften des § 6a EStG als zulässig an. Dies wird allerdings u.E. zu Recht kritisiert, da § 6a EStG überholte Bewertungsregeln enthält.


Fazit

Auch wenn bei der erbschaftsteuerlichen Begünstigung von Vermögen, das der Finanzierung von Altersversorgungsverpflichtungen dient, noch Detailfragen offen sind, ist die Neuregelung in mehrerlei Hinsicht zu begrüßen: Einerseits wird das Deckungsvermögen, das sich in der Praxis nicht selten aus Wertpapieren und Rückdeckungsversicherungen zusammensetzt, in bestimmter Höhe nicht mehr zum schädlichen Verwaltungsvermögen gezählt und andererseits privilegiert der Gesetzgeber nunmehr die ohnehin notwendige Finanzierung einer längst eingegangenen und regelmäßig nicht hinreichend finanzierten Verbindlichkeit. Neben die erbschaftsteuerliche Begünstigung tritt die Verbesserung des Bilanzbildes und der Finanzierungskennzahlen.

 

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