IP-Verletzungen auf Messen: Wie Sie Ihre Rechte bei Plagiaten effektiv verteidigen können

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zuletzt aktualisiert am 5. April 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten
Produktpiraterie ist deutschen Unternehmen schon seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge. Laut einer aktuellen Studie entstehen der deutschen Wirtschaft jedes Jahr Schäden von rund 56 Mrd. Euro durch gefälschte Waren. Die Schäden sind dabei nicht nur finanzieller Art, etwa durch Umsatz­verluste oder die Kosten der Bekämpfung von meist minderwertigen Fälschungen. Besonders hart können eigene Marken, Gebrauchs­muster, Geschmacks­muster, Patente und das Image eines Unternehmens unter Plagiaten leiden, was – je nach Unternehmensgegenstand – auch die Existenz des Unternehmens bedrohen kann.

Besonders dreist ist es, wenn Fälscher ganz öffentlich auf Messen in Deutschland ihre nachge­machten Waren zur Schau stellen, sogar auf derselben Messe, auf welcher das „Original” zu finden ist. Rechteinhaber fühlen sich in diesem Moment oft machtlos, denn aufgrund der kurzen Dauer von Messen scheint ein wirksames Vorgehen gegen Fälscher aussichtslos. Es ist allerdings kein guter Ratgeber, in den Situationen den Kopf in den Sand zu stecken und tatenlos zuzusehen, wie die Plagiate vermarktet werden. Wir zeigen Ihnen, in welchen Situationen ein Vorgehen gegen Fälschungen durchaus Sinn machen kann.

   

Wie kann ich bei Zeitdruck gerichtlich gegen Plagiate vorgehen?

Entdeckt man auf einer Messe Plagiate eigener Produkte, sollte das weitere Vorgehen mit Bedacht gewählt werden. Direkt zum Stand der betreffenden Konkurrenz zu gehen und die Mitarbeiter dort auf die Fälschungen anzusprechen, ist im Regelfall nur der zweitbeste Weg. Dort reagiert man oft ahnungslos oder uneinsichtig; vielleicht haben die Messevertreter auch tatsächlich keine Kenntnis von der Herkunft der Technologien hinter den Produkten. Erkennen Fälscher jedoch, dass Sie Ihnen auf die Schliche gekommen sind, so geben Sie Ihnen damit die Möglichkeit, die Produkte zu verstecken oder rechtzeitig vor dem Ergreifen weiterer Maßnahmen von dem Messestand zu entfernen. Das erschwert die Durchsetzung der eigenen Rechte erheblich und kann sie sogar unmöglich machen.

 

Auch wenn Messen nur wenige Tage dauern, kann es Sinn machen, gerichtliche Hilfe zu suchen und die Fälscher dennoch auf „frischer Tat” zu ertappen. Für derartige Fälle kann bei Gerichten eine einstweilige Verfügung beantragen werden, die das Gericht normalerweise innerhalb eines Tages, bei gut organisierten Gerichten auch binnen weniger Stunden erlassen kann.

 

Wie bekomme ich eine einstweilige Verfügung?

Um eine einstweilige Verfügung zu beantragen, muss ein begründeter Antrag beim Gericht eingereicht werden. Er ist derart zu begründen, dass das Gericht keine erheblichen Zweifel an der Rechtsverletzung hat. Es sind alle Tatsachen glaubhaft zu machen, die die eigenen Rechte, also ggfs. Marken, Gebrauchs­muster, Ge­schmacks­mus­ter oder Patente und die Verletzung der Rechte durch die Produktfälscher darlegen. Zudem muss die Dringlichkeit des gerichtlichen Vorgehens begründet werden. Ist das Unternehmen bspw. Inhaber eines Patents, so hat der Antrag das eigene Patent und die Rechte daran zu beschreiben. Darüber hinaus muss idealerweise durch einen Patentanwalt dargelegt werden, auf welche Weise das fremde Produkt den eigenen Patentanspruch verletzt. Zuletzt muss begründet werden, weshalb ein sofortiges Vorgehen notwendig ist und kein „normales” Patentverletzungsverfahren abgewartet werden kann. Bspw. kann es der Fall sein, wenn die Plagiate anbietenden Unternehmen im (außereuropäischen) Ausland ansässig sind und daher ein Zugriff nur während der Messe geschehen kann.

 

Gute Vorbereitung ist die halbe einstweilige Verfügung!

Eine einstweilige Verfügung ist durchaus mit erheblichem Aufwand verbunden. Wird am letzten Tag einer Messe also zufällig ein gefälschtes eigenes Produkt entdeckt, so dürfte es für die Einschaltung des Gerichts zu spät sein. Besonders gute Chancen auf ein erfolgreiches gerichtliches Vorgehen haben Sie dagegen, wenn Sie schon im Vorfeld der Messe Kenntnis davon eerhalten, dass Plagiate ausgestellt werden. Es macht daher Sinn, einen Überblick über mögliche „schwarze Schafe” in der Branche zu behalten und sich über ihre Produkte und Tätigkeiten, z.B. auch über deren Internetauftritte zu informieren. Erlangt man Kenntnis von dem Messeauftritt und den dort ausgestellten Produkten, so kann der eigene Rechtsanwalt bereits im Vorfeld der Messe die Rechtsverletzung prüfen und den Antrag für die einstweilige Verfügung vorbereiten. Sobald die Messe begonnen hat, kann dann umgehend gehandelt werden.

 

Erfahrungsgemäß zeigen sich die ersten Verletzungsfälle bereits am Tag des Aufbaus. Bereits zu dem Zeitpunkt ist es wichtig, dass eigene sachkundige Mitarbeiter ganz gezielt einen Rundgang über das Messegelände machen und die Stände der Konkurrenz, insbesondere die Stände der möglicherweise bereits bekannten Fälscher, genau im Auge behalten. Die Produktfälscher werden Augen machen, wenn am ersten oder zweiten Tag der Messe der Gerichtsvollzieher die einstweilige Verfügung am Messestand zustellt und die dort aus­ge­stell­ten Fälschungen sicherstellt.

 

Das Einschreiten auf Messen hat einen weiteren Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist: Der Abschreck­ungseffekt wird nicht nur bei dem fälschenden Unternehmen enorm sein, sondern es wird auch ein Zeichen an fremde Unternehmen ausgesandt, dass die eigenen Rechte effektiv verteidigt werden. Das kann fäl­schungs­ge­neig­te Unternehmen, die derartige gerichtliche Schritte, die damit verbundenen Kosten und sogar straf­recht­li­che Konsequenzen fürchten, von einer Rechtsverletzung abhalten.

 

Speziell: Patentverletzungen

Während der Richter die Verletzung von Marken- oder Designrechten und in technische einfach gelagerten Fällen auch die Verletzung von Patenten in der Kürze der Dauer einer Messe aus eigener Anschauung be­ur­tei­len kann, wird er sich hierzu als technischer Laie bei technisch komplexe Verletzungsprodukten meist nicht in der Lage sehen.

   

Dennoch ist der Rechteinhaber nicht wehrlos. Vielmehr kann die patentverletzende Maschine auf der Messe von einem Sachverständigen besichtigen lassen. Durchsetzbar ist das wiederum im Wege der einstweiligen Verfügung, ggf. flankiert von einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss.

  

Auch wenn das nicht zu Entfernung der patentverletzenden Maschine vom Messestand führt, kann der Pa­tent­in­ha­ber auf diese Weise doch die notwendigen Beweise für ein anschließendes Hauptsacheverfahren zur end­gül­ti­gen Durchsetzung seiner Rechte gewinnen.

 

Fazit: Wann lohnt sich eine einstweilige Verfügung?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Messen für Rechteinhaber bei entsprechender Vorbereitung, kom­pe­ten­ter juristischer Begleitung und schnellem Handeln ausgezeichnete Gelegenheiten bieten, Produktfälschern schnell und effizient entgegen zu treten und dabei zugleich öffentlichkeitswirksame Zeichen zu setzen.

 

Dabei bieten internationale Messen in Deutschland häufig sogar die einzige Chance, gegen solche Personen vorzugehen, gerade wenn die Täter aus Ländern kommen, in denen die Rechtsdurchsetzung schwierig ist.

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