Gewerbesteuerkürzung: Betriebsstättendefinition des § 12 AO ist allein maßgebend

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zuletzt aktualisiert am 5. April 2017
von Christian Hackethal
 
Der für die gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG maßgebende Begriff der „Betriebs­stätte” ist nach dem deutschen innerstaatlichen Recht auszulegen und nicht nach der Definition des jeweils einschlägigen DBA, wie der BFH mit Urteil vom 20. Juli 2016 (Az. I R 50/15) entschieden hat. Das Gericht bestätigt damit die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegen der abweichenden erstinstanzlichen Entscheidung des FG Köln von 7. Mai 2015. Entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung (AEAO zu § 12 Tz. 4) hatte das FG Köln die engere Betriebsstättendefinition des im Streitfall anwendbaren DBA-Türkei als vorrangig erachtet. 



Infolge der Entscheidung des BFH ist der auf das türkische Einkaufsbüro des Steuerpflichtigen entfallende Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 3 GewStG zu kürzen, da dieses als Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO qualifiziert (Ein- oder Verkaufsstellen, § 12 Satz 2 Nr. 6 AO). Unerheblich ist, dass ein Einkaufsbüro i. S. d. DBA-Türkei insoweit ausdrücklich keine Betriebsstätte begründet (Art. 5 Abs. 4 lit. d DBA-Türkei). Das DBA-Türkei entspricht insoweit einer Vielzahl seitens der Bundesrepublik Deutschland geschlossener und in Kraft gesetzter DBA und insbesondere auch dem OECD-Musterabkommen sowie der deutschen Verhandlungsgrundlage DBA.
 
Die Frage war daher von allgemeinem Interesse. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs überzeugt vor dem Hintergrund des Inlandsbezuges der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 GewStG) und des Charakters von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) als inländische Steuertatbestände begrenzendes, nicht aber erweiterndes Recht.
 

Der BFH begründet sein Urteil insbesondere damit, dass DBA lediglich festlegen, in welchem Umfang die nach innerstaatlichem Recht bestehende Steuerpflicht entfallen soll. Die in den einzelnen DBA vorgenommene Bestimmung des Begriffs „Betriebsstätte” sei deshalb grundsätzlich nur im Rahmen des betreffenden DBA anwendbar. Die gewerbesteuerliche Kürzung sein hingegen eine Frage des innerstaatlichen Rechts. Zwar könne der Gesetzgeber prinzipiell eine Verknüpfung des innerstaatlichen Rechts mit dem Abkommensrecht vornehmen, jedoch sei dies in Bezug auf § 9 Nr. 3 GewStG nicht erfolgt.

 

Die Entscheidung ist aus Sicht betroffener Steuerpflichtiger zweifellos begrüßenswert. Die dem Urteil zu Grunde liegende Sachverhaltskonstellation sollte bei der steuerlichen Gestaltung entsprechender Auslandssachverhalte jedoch nach Möglichkeit vermieden werden, wenn ein DBA anwendbar ist, das - ebenso wie Art. 22 Abs. 2 lit. a) DBA-Türkei - die Freistellungsmethode vorsieht. Anzustreben ist in solchen Fällen regelmäßig die abkommensrechtliche Freistellung von der deutschen Steuerbemessungsgrundlage insgesamt, also auch von der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, und nicht nur von der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage. Die nur gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG kann für den Kläger im Urteilsfall so gesehen lediglich als Teilerfolg gewertet werden.

 

Für entsprechende Lösungsvorschläge stehen wir gern zur Verfügung.      

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