Goodwill Impairment Test: Kein Buch mit sieben Siegeln

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zuletzt aktualisiert am 7. Juli 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Bei der Jahres­abschluss­prüfung von IFRS-Konzern­abschlüssen kommt es im Zu­sam­men­hang mit der Folge­bilanzierung des Geschäfts- oder Firmen­werts (Goodwill) nach IAS 36 regelmäßig zu teils kontroversen Diskussionen zwischen Jahres­abschlus­s­ersteller und -prüfer. Die Ursachen dafür liegen neben der Komplexität der Werthaltig­­keitsprüfung des Goodwill (Goodwill Impairment Test) an teilweise mangelnden Konkretisierungen und damit verbundenen Auslegungs­notwendig­keiten des IAS 36. Zur Klärung solcher Anwendungs­fragen soll mit dem IDW RS HFA 40 eine Verlaut­­barung des Instituts der Wirtschafts­prüfer beitragen.


Erst- und Folgebilanzierung des Goodwill

Bei einem Unternehmenszusammenschluss ist das erworbene Nettovermögen unter Aufdeckung der enthal­tenen stillen Reserven und Lasten neu zu bewerten und mit den Anschaffungskosten für das Transaktions­objekt zu verrechnen (Purchase Price Allocation, kurz „PPA”). Ein nach der Allokation verbleibender positiver Unterschiedsbetrag ist als Goodwill auszuweisen und gemäß den erwarteten Synergieeffekten denjenigen – ggf. zu Gruppen aggregierten – zahlungsmittelgenerierenden Einheiten (Cash Generating Units, kurz CGU) zuzuordnen, die voraussichtlich von dem Zusammenschluss profitieren. Dabei bildet die Berichtsebene, auf der der Goodwill intern überwacht wird, die Unter- und die operativen Segmente die Obergrenze.

Die Folgebilanzierung des Goodwill nach IAS 36 basiert – abweichend von den Regelungen des HGB – auf der Maßgabe des sog. „Impairment-Only-Approach”, bei dem lediglich außerplanmäßige Abschreibungen bei Vorliegen von Wertminderungen vorgesehen sind. Der Goodwill Impairment Test muss grundsätzlich jährlich und zusätzlich anlassbezogen bei bestehenden Wertminderungsindikatoren („triggering events”) durchgeführt werden.

Eine Wertminderung liegt dann vor, wenn der Buchwert einer Goodwill-tragenden CGU(-Gruppe) inklusive Goodwill („carrying amount”) deren erzielbaren Betrag („recoverable amount”) übersteigt. Den erzielbaren Betrag bildet der höhere Wert aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten („fair value less cost of disposal”) und Nutzungswert („value in use”). Für eine zahlungsmittelgenerierende Einheit wird der Nutzungs­wert stets und der Fair Value häufig auf Basis diskontierter künftiger Zahlungsströme ermittelt. Im Detail enthalten die Regelungen des IAS 36 stellenweise auslegungsbedürftige Vorgaben und induzieren nicht zuletzt aufgrund spezieller Bewertungsthemen eine gewisse Komplexität. Das führt in der Praxis regelmäßig zu Anwendungsfragen und kann schlimmstenfalls in Bilanzierungsfehlern münden.


Goodwill-Bilanzierung und die DPR

Die Bilanzierung des Goodwill war in den letzten Jahren schon mehrmals Prüfungsschwerpunkt der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), so auch wieder im Jahr 2021. Das ist zum einem auf die Folgen der Covid-19-Pandemie und zum anderen auf die hohe Fehleranfälligkeit von Impairment Tests zurückzuführen.

Die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen in Folge der globalen Pandemie stellt für eine Vielzahl an Branchen und Unternehmen ein „triggering event” dar, das die Durchführung eines Impairment Tests erfordert.

Eine Analyse der häufigsten Fehler in DPR-Verfahren der Jahre 2013 bis 2018 auf Basis der jeweiligen Tätigkeitsberichte zeigt, dass die Bilanzierung von Unternehmenstransaktionen und des Goodwill die häufigste Quelle regelgetriebener Fehler darstellt (vgl. dazu „Prüfungsschwerpunkte, Fehlerfeststellungen und Hinweise der DPR”). So entfielen etwa 2018 rund 35 Prozent der festgestellten Einzelfehler auf den Themenkomplex „Unternehmenserwerb/-veräußerung/Goodwill” [1]. Des Weiteren macht die DPR in ihrem Tätigkeitsbericht von 2018 auch auf das bilanzielle Risiko der stetig steigenden Goodwill-Buchwerte aufmerksam, das durch eine planmäßige Abschreibung des Goodwill deutlich reduziert werden könnte. Es ist daher davon auszugehen, dass die Bilanzierung des Goodwill auch künftig einen hohen Stellenwert bei DPR-Prüfungen einnehmen wird.

Neben der Fehleranfälligkeit wird der hohe Stellenwert des Goodwill bei der Bilanzierung durch quantitative Studien verdeutlicht. Eine Untersuchung von IFRS-Konzernabschlüssen der im DAX, MDAX und TecDAX notierten Unternehmen kommt zum Schluss, dass bei vielen Unternehmen der Goodwill im Verhältnis zur Bilanzsumme als wesentlich einzustufen ist und bei einzelnen Gesellschaften sogar das Eigenkapital übersteigt (vgl. dazu „Die Goodwill-Bilanzierungspraxis deutscher Unternehmen: Eine empirische Analyse”).


Anwendungshinweise des IDW RS HFA 40

Vor dem Hintergrund hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) zur Klärung einzelner Anwendungsfragen im Zusammenhang mit dem Goodwill Impairment Test im Mai 2015 den IDW RS HFA 40 („Einzelfragen zu Wertminderungen von Vermögenswerten nach IAS 36”) verabschiedet. Darin wird u.a. auf die Ermittlung des erzielbaren Betrags und des Wertminderungsaufwands, die Abgrenzung von zahlungsmittelgenerierenden Einheiten, Anhangangaben sowie auf die Werthaltigkeitsprüfung von assoziierten Unternehmen eingegangen.

Insbesondere für die Bestimmung des Nutzungswerts gibt die Stellungnahme konkrete Anwendungshinweise, die über die (allgemeinen) Regelungen des IAS 36 hinausgehen. Dazu zählen u.a. folgende Sachverhalte:
Overheadkosten (z.B. Kosten von Vorstands- und Zentralfunktion, IT, etc.) müssen bei der Prognose von Mittelabflüssen einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit berücksichtigt werden.

Zum Bewertungsstichtag vorhandene steuerliche Verlustvorträge sind kein Bestandteil einer zahlungsmittel­generierenden Einheit. Ergibt sich im Detailplanungszeitraum ein negatives Ergebnis vor Steuern, so dürfen Steuerzuflüsse (Steuererstattungen) berücksichtigt werden, unabhängig davon, ob steuerliche Verlustvorträge existieren.

Bei Verpflichtungen für Altersvorsorge ist es sachgerecht, zwischen bereits erdienten und den noch zu erdienenden Ansprüchen zu differenzieren. Während Zuführungen zu Rückstellungen hinsichtlich des Dienstzeitaufwands („service costs”) als zahlungswirksam anzusehen sind, wird der mit der Altersversorgung verbundene Zinsaufwand („interest cost”) – unabhängig davon, ob er im operativen Ergebnis oder im Finanzergebnis erfasst wird – als Finanzierungaufwand klassifiziert und somit nicht berücksichtigt.

Für die Behandlung des Net Working Capital (bestehend aus operativen, nicht zinstragenden, kurzfristigen Vermögenswerten und Schulden) sind zwei alternative Vorgehensweisen zulässig, die letztlich jedoch zum selben Ergebnis führen. Wenn das Net Working Capital in den Buchwert einbezogen wird, muss seine Veränderung bei der Ableitung der Zahlungsströme für den erzielbaren Betrag berücksichtigt werden. Wenn es wiederum nicht in den Buchwert einbezogen wird, so muss zusätzlich zur Veränderung des Net Working Capital der Stichtagsbestand des Net Working Capital vom erzielbaren Betrag in Abzug gebracht werden.


Fazit

Die konkreten Anwendungshinweise durch das IDW tragen maßgeblich dazu bei, Auslegungsunklarheiten im Anwendungsgebiet des IAS 36 zu reduzieren. Nichtsdestotrotz zeichnet sich der Goodwill Impairment Test nach wie vor durch eine hohe Komplexität und damit Fehleranfälligkeit aus. Das International Accounting Standards Board betreibt derzeit allerdings ein Forschungsprojekt zur Goodwill-Folgebewertung, aus dem sich mittelfristig Regeländerungen ergeben könnten (vgl. dazu „Goodwill Impairment Test: Regeländerungen Voraus?”). Sie gilt es zu verfolgen. Bis auf weiteres ist jedoch davon auszugehen, dass Wert­haltig­keits­prüfungen auch künftig einen hohen Stellen­wert sowohl bei der Jahres­abschluss­prüfung als auch bei DPR-Prüf­verfahren einnehmen werden.


 



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