Schweiz: Freizügigkeitsabkommen, Aufenthaltsbewilligungen und Grenzgänger

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zuletzt aktualisiert am 6. September 2017
 
Nach der im Februar 2014 angenommenen Masseneinwanderungsinitiative wurde die Zahl der Kurzaufenthalts- und Aufenthaltsbewilligungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit für Staats­angehörige von außerhalb der EU/EFTA (Drittstaaten) festgelegt und eingeschränkt. Obwohl für einige EU-Länder noch verschärfte Bedingungen gelten, sind EU-Bürgerinnen und Bürger nicht davon betroffen.


 
  

Grundsätzlich benötigen EU-27/EFTA-Bürgerinnen und -Bürger gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen (FZA) keine Arbeitsbewilligung für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit [1]. Sie benötigen lediglich eine Aufenthalts­bewilligung, die gleichzeitig die Arbeitsbewilligung darstellt. Eine solche Aufenthaltsbewilligung wird bei Vorliegen eines Arbeitsvertrages mit einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen ausgestellt. Die Aufenthaltsbewilligungen für EU-27/EFTA-Bürgerinnen und Bürger wurden nicht kontingentiert. Kroatische Staatsangehörige profitieren seit dem 1. Januar 2017 ebenfalls vom Abkommen über die Personenfreizügigkeit (FZA). Für sie gelten jedoch Übergangsbestimmungen. In Bezug auf erwerbstätige Staatsangehörige von Bulgarien und Rumänien hat der Bundesrat per 1. Juni 2017 die Ventilklausel angerufen. Das führt dazu, dass die Kontingentierung der Aufenthaltsbewilligungen B EU/EFTA für Staats­angehörige der EU-2 während eines Jahres wieder eingeführt wird.

 

In Europa ist es heute möglich und auch nicht ungewöhnlich, in einem Land zu wohnen und in einem anderen angestellt zu sein. Die Arbeitnehmer werden als sog. Grenzgänger bezeichnet und müssen dazu wöchentlich mind. einmal an ihren ausländischen Hauptwohnsitz zurückkehren.

 

Auch wenn die Arbeitnehmer weiterhin ihren Wohnort außerhalb der Schweiz behalten, benötigen sie für die Ausübung ihrer Tätigkeit bei einem Schweizer Arbeitgeber eine Grenzgängerbewilligung, die von den kantonalen Behörden des Arbeitsortes erteilt wird.

 

Aus steuerlicher Sicht kann es notwendig sein, zwischen einem (steuerlich echtem) Grenzgänger und einem Wochenaufenthalter (unechtem Grenzgänger) zu unterscheiden – je nachdem ob zwischen den betroffenen Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vorliegt und ob es eine Spezialnorm für Grenzgänger darin gibt (z.B. im Verhältnis Deutschland-Schweiz die Distanz sowie die Dauer der Fahrt zwischen dem Wohnort und dem Arbeitsort). Der (steuerliche) Grenzgänger wird grundsätzlich am Wohnort, in seinem Ansässigkeitsstaat, besteuert. Um zu vermeiden, dass es zu einer Doppelbesteuerung kommt, muss das jeweils gültige und zuständige Doppelbesteuerungsabkommen angewendet werden.

 

Aus dem oben Genannten ergibt sich, dass eine steuerrechtliche Auslegung nicht davon abhängt, welche Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Deshalb kann nicht von einer Grenzgängerbewilligung automatisch auf einen Grenzgänger im steuerlichen Sinn geschlossen werden. Im Zusammenhang mit der Grenzgänger­thematik möchten wir auch auf die Vorschriften bezüglich der Privatnutzung eines Firmenwagens hin­weisen. Die zollrechtliche Praxis ist seit 2015 verschärft worden. Werden Firmenfahrzeuge entgegen der geltenden Rechtslage benutzt, so besteht die Gefahr der Beschlagnahme des Fahrzeuges am EU-Zoll.

 

Fazit

Die Anstellung von Arbeitskräften aus der EU stellt in der Schweiz keinen enormen bürokratischen Aufwand dar, sie muss allerdings vorab gut organisiert werden. Wir empfehlen deswegen jede konkrete Situation individuell prüfen und lösen zu lassen.

 



[1] Für Entsendungen, d.h. temporäre Einsätze in der Schweiz, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit einem Schweizer Unter­nehmen vorliegt, gilt das nur eingeschränkt. Das FZA regelt nur Entsendungen mit Einsätzen bis zu 90 Tagen Dauer. Für länger andauernde Tätigkeiten gelten ausschließlich unilaterale Regelungen der Schweiz, die restriktiver sind als das FZA.

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Patrick Jurt

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Diplom-Kaufmann (FH), LL.M. in Swiss and International Taxation

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