Erfolgreich investieren in der Slowakei

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zuletzt aktualisiert am 16. Juni 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

 

 

​​Wie schät­zen Sie die der­zei­ti­ge wirt­schaft­li­che La­ge in der Slo­wa­kei ein?

Trotz der anhaltenden Unsicherheit im Zusammenhang mit den neuen globalen Herausforderungen dürfte die slowakische Wirtschaft wachsen. Der zweistellige Preisanstieg in diesem Jahr spiegelt vor allem Kosten­fak­to­ren wie Energie, Vorleistungen und Löhne wider. Inflation wird sich in den kommenden Jahren verlangsamen.
 
Die Wirtschaft erholt sich in diesem Jahr allmählich, aber die hohen Energiepreise schlagen sich weiterhin in steigenden Preisen der Konsumgüter und Dienstleistungen nieder, was den Verbrauch der Haushalte ein­schränken wird. Dennoch könnte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 1,5 Prozent und im nächsten Jahr um 3,0 Prozent wachsen. Der wichtigste Motor des Wirtschaftswachstums im Jahr 2023 wird die In­an­spruch­nahme von EU-Mitteln sein.
 
Die Kombination aus einem günstigeren externen Umfeld, einem Rückgang der Rohstoffpreise und einem Nach­lassen des Mangels an Komponenten dürfte die Exportleistung der Slowakei unterstützen. Auf dem Arbeits­markt schrumpft das Arbeitskräftereservoir, was sich im langsameren Beschäftigungswachstum in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres widerspiegelt. Ein Großteil der offenen Stellen wird mit ausländischen Arbeitskräften besetzt. Die Nachfrage nach Arbeitskräften wird wieder zunehmen und angesichts der un­günstigen demografischen Lage wahrscheinlich durch die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte gedeckt werden.
 
Die Inflation und geopolitische Konflikte sind die größten Bedrohungen der kommenden 12 Monaten. Lang­fristig werden es auch die Risiken der Cybersicherheit und der Klimawandel sein. Die Unternehmen müssen sich auf die Entwicklung der künstlichen Intelligenz vorbereiten, die in den nächsten Jahren zuzunehmen scheint.
 

Wie würden Sie das Investitionsklima in der Slowakei beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Die Slowakei ist in den letzten Jahren zu einem der beliebtesten Ziele in der Region geworden. Hunderte von prominenten Investoren – auch aus Deutschland – haben die Slowakei als geeigneten Standort vor allem für die Automobilindustrie ausgewählt. Die Standortfaktoren sind in der Slowakei unverändert gut geblieben.
 
Als Hauptfaktoren, die sie in die Slowakei locken, nennen die Investoren:
 
  • stabiles Investitionsumfeld;
  • günstige geografische Lage;
  • dynamisches Wirtschaftswachstum;
  • der Euro als offizielle Währung;
  • kontinuierlicher Ausbau der Infrastruktur;
  • hohe Qualität der Arbeitskräfte;
  • hohe Produktivität
 
Wir erwarten, dass sich die oben genannten Voraussetzungen auch nach dem Rückgang der Inflation/Ende des Kriegs nicht ändern werden. Im Gegenteil: Es ist zu erwarten, dass der Staat entsprechende Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft ergreifen wird, was das Investitionsumfeld in der Zukunft positiv beeinflussen kann. Zu den Industriezweigen, die sich schon seit Langem am dynamischsten entwickeln, gehören der Ma­schi­nen­bau, die Elektroindustrie und natürlich die Automobilindustrie. Die Aufnahme der Produktion von Jaguar Land Rover und Volvo wird die Dominanz der Branche in der Slowakei noch mehr verstärken.
 
Die wachsende Wettbewerbsfähigkeit der slowakischen Wirtschaft spiegelt sich auch in dem langfristigen An­stieg im Global Competitiveness Ranking (World Economic Forum) wider. Der Anstieg in der Rangliste ist das Ergebnis einer langfristigen und systematischen Umsetzung von Maßnahmen zugunsten von Unternehmern. Beispiele für solche Maßnahmen sind die regelmäßigen Anti-Bürokratie-Pakete.
 

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in der Slowakei gegenüber?

Die allgemeine politische Lage in der Slowakei ist als stabil anzusehen. Nach Angaben der Credit Insurance Group Credendo ist die Slowakei eines der sichersten und politisch stabilsten Länder in Europa. Das geringste Risiko unter den EU-Ländern weist die Slowakei insbesondere in folgenden Kategorien auf: Risiko politischer Unruhen, Risiko staatlicher Eingriffe in Privateigentum, Währungs- und Transferrisiko.
 
Bereits vor der Aufnahme der Geschäftstätigkeit in der Slowakei sollte berücksichtigt werden, dass sich die slowakische Gesetzgebung in einigen Bereichen vom deutschen System teilweise unterscheidet beispielsweise bei dem Arbeitsrecht. Darüber hinaus wurden in der Slowakei relativ häufige Änderungen der steuerlichen und rechtlichen Vorschriften beobachtet im Vergleich zu Deutschland. 
 
Die seit Jahren sehr niedrige Arbeitslosenquote stellt in der Slowakei eine der größten Herausforderungen überhaupt dar. Darüber hinaus hat der jahrelange Kampf der Arbeitgeber um qualifizierte Arbeitskräfte teil­weise zu einem Anstieg der Lohnkosten geführt. Während der Pandemie hat der Druck auf die Lohnkosten etwas nachgelassen, nimmt aber jetzt wieder zu, vor allem wegen der steigenden Inflation.
 

Welche Bedeutung hat Deutschland für die Slowakei?

Deutsche Gesellschaften gehören zu den größten Arbeitgebern in der Slowakei und sind deshalb wichtige Akteure auf dem slowakischen Markt. Ihre genaue Zahl ist jedoch schwer zu bestimmen, da viele Unternehmen im Besitz von Tochtergesellschaften sind, die in anderen Ländern registriert sind. Es wird geschätzt, dass auf dem slowakischen Markt etwa 2.400 Firmen mit direkter oder indirekter Beteiligung deutschen Kapitals tätig sind.
 
Das stärkste Land der Eurozone ist auch der wichtigste Geschäftspartner der Slowakei. Im Jahr 2022 entfielen auf Deutschland rund 21 Prozent der gesamten Exporte des Landes. Die Slowakei erwirtschaftet schon seit einigen Jahren einen Handelsüberschuss mit Deutschland. Im April 2023 kündigte ein weiteres deutsches Unternehmen eine Großinvestition in der Slowakei an, ebenfalls mit staatlicher Unterstützung, als Reaktion auf das wachsende Interesse an der Wärmepumpentechnologie und den Bedarf an alternativen Energiequellen.
 

Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Slowakei weiterentwickeln?

Die weitere Entwicklung der Wirtschaft hängt in hohem Maße von der weiteren Entwicklung der durch den Krieg und den Preisanstieg verursachten weltweiten Krise ab. Abgesehen von den derzeitigen Unwägbarkeiten dürfte die Slowakei als Investitionsstandort weiterhin an der Spitze der beliebtesten europäischen Länder Mittel- und Osteuropas stehen. Nicht zuletzt liegt es auch an der Fähigkeit, schnell und flexibel auf bestehende Markttrends und -bedürfnisse zu reagieren. 

 

Es ist zu erwarten, dass sich das seit Jahren anhaltende Wirtschaftswachstum fortsetzen wird, wenn auch wahrscheinlich nicht mit der gleichen Dynamik und im gleichen Umfang wie bisher. Die Aufrechterhaltung des Produktivitätswachstums – und damit die Grundlage für die wirtschaftliche Konvergenz der Slowakei – er­for­dert nachhaltige Strukturreformen und gezielte Investitionen in die Infrastruktur, Forschung und Innovation. 

 

Die Verbesserung der Qualität und der Integration des Bildungs- und Ausbildungssystems, der Abbau regio­na­ler Ungleichheiten und die Verbesserung der Qualität der öffentlichen Einrichtungen können der Slowakei helfen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, in der Wertschöpfungskette aufzusteigen und nachhaltiger zu werden. Außerdem wird erwartet, dass die Wirtschaft in den kommenden Jahren wieder an Dynamik gewinnt, was vor allem auf die Bereitstellung von EU-Mitteln zurückzuführen ist.

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Michal Kujan

Attorney at Law (Slowakei)

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