Erfolgreich investieren in Südafrika

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zuletzt aktualisiert am 16. Juni 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten


 

 

​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Südafrika ein?

Südafrika befindet sich wirtschaftlich in einer schwierigen Lage. Die gesamte Wirtschaft leidet an der anhaltenden und sich verschlechternden Energiekriese. Die kontrollierten Stromabschaltungen („load shedding”) haben im letzten Jahr stark zugenommen. In den ersten vier Monaten von 2023 gab es nur einen Tag ohne load shedding. 
 
Neben des load sheddings wird die südafrikanische Wirtschaft auch durch die anhaltende Korruption und Miss­wirtschaft getrübt. 
 
Der Energiesektor war und ist ein wichtiger Bereich für Fördermaßnahmen der Regierung. Verstärktes Augen­merk gilt den Erneuerbare Energien („EE“), die im Land deutlich gestärkt werden sollen, unter anderem zur Bekämpfung des load sheddings. Südafrika bietet aufgrund seiner klimatischen Lage sehr gute Voraus­setz­ung­en, die zu einer umweltfreundlichen Energieversorgung und positiven Wirtschaftsentwicklung beitragen können.
 
Aufgrund Südafrikas gut aufgestelltem Agrarsektor und starker Lebensmittelproduktion ist Südafrika nur in geringem Maße auf Importe angewiesen und die Lebensmittelpreise sind im internationalen Vergleich weniger drastisch gestiegen. 
 
Trotz des aktuell geringem Wirtschaftswachstums bleit Südafrika eine der zentralen Wirtschaften Afrikas und der wichtigste Handelspartner Deutschlands in Afrika. Rund 600 deutsche Firmen sind in Südafrika tätig. 
 

Wie würden Sie das Investitions­klima in Südafrika beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Für deutsche Unternehmen, die in der Subsahara-Region investieren wollen, ist Südafrika nach wie vor ein at­trak­ti­ver Unternehmensstandort und Tor in andere Märkte des Kontinents. 
 
Aktuell bietet der Energiesektor, insbesondere EE, aber auch Batterien und Wechselrichter sehr gute Markt­chancen. Gemeinden, Industrie, Unternehmen sowie Privatpersonen sind aufgrund der intensiven load shed­ding Phasen stark an unabhängigen Stromversorgungslösungen interessiert und es gibt mitunter lange Warte­zeiten für Installationen. Auch die Anfang 2023 eingeführten Steuererleichterungen für PV-Solaranlagen für Unternehmen und Privatpersonen schaffen einen weiteren Anreiz für diesen Sektor. 
 
Auch der Infrastruktursektor bietet großes Potential und die südafrikanische Regierung plant in Zukunft, die Privatwirtschaft enger in diesen Sektor einzubinden. 
 
Der traditionell bedeutende Bergbau bietet sehr gute Aussichten für ausländische Unternehmen. Besonders die ansteigenden Rohstoffpreise, unter anderem aufgrund der starken Nachfrage aus der Volksrepublik China und das zunehmende Interesse an dem Edelmetall Platin – das ein wichtiger Bestandteil für die Antriebstechnologie auf Wasserstoffbasis ist – sagen dem Bergbausektor gute wirtschaftliche Aussichten voraus. Damit dürfte die Rohstoffindustrie weiter wachsen. 
 
Weitere große Potenziale für deutsche Unternehmen weisen daneben die Sektoren Verarbeitende Industrie wie beispielsweise Nahrungsmittelverarbeitung und -verpackung, Getränkeindustrie, Düngemittel-produktion, Auto­­mobilherstellung, Petrochemie, Medizintechnik und Telekommunikation auf. 
 
Potentielle Zukunftsmärkte werden vor allem in den Bereichen E-Mobilität, Herstellung von „Smart Textiles“, IT-Dienstleistungen beispielsweise „Business Process Outsourcing“, Agrobusiness, EE, Kreislaufwirtschaft (Re­cy­cling), nachhaltiges Bauen und die Herstellung von Biokraftstoffen vorausgesagt.
 
Hinzu kommt die stark voranschreitende Digitalisierung, vor allem in den Bereichen Agrobusiness, Gesundheit, Bildung, Informations- und Kommunikationstechnik (Mobilfunknetze, Cloudlösungen), Handel und E-Logistik. 
 

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Südafrika gegenüber?

Zu den Herausforderungen für deutsche Unternehmen in Südafrika gehört das „Broad-Based Black Economic Empowerment” (B-BBEE). B-BBEE verfolgt das Ziel, die vormals benachteiligten Bevölkerungsschichten stärker in die südafrikanische Wirtschaft einzubeziehen. Deutsche Unternehmen sollten sich frühzeitig mit B-BBEE auseinandersetzen, denn eine angemessene B-BBEE Struktur bedarf Zeit, Expertenrat und oftmals einen lo­ka­len B-BBEE Partner. Auch wenn B-BBEE sicherlich eine Herausforderung für deutsche Unternehmen ist, ist B-BBEE ein fester Bestandteil Südafrikas und sollte auch als Chance betrachtet werden, an der Transformation des Landes teilzunehmen. 
 
Auch die Rechtslage im Bereich des Einwanderungsrechts bleibt weiterhin kritisch und Entsendungen von Mit­arbeitern aus Deutschland müssen langfristig sowie gut geplant und organisiert werden.
 
Weitere Herausforderungen sind die volatile Währung des Landes, sowie das load shedding. 
 
Eine Herausforderung für die Automobilindustrie ist es, sich den Marktentwicklungen und den Absatzmärkten anzupassen und mehr in die Elektromobilität zu investieren. Gleichzeitig ist der Mangel an qualifizierten – aus­ländischen – Fachkräften insbesondere im Automobilsektor spürbar. Der notwendige Know-how-Transfer aus den unter anderen in Deutschland befindlichen Zentralen der Unternehmen erfolgt nur sehr eingeschränkt.
 
Das Inkrafttreten des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zum 1. Januar 2023 bedeutet eine weitere Hausforderung für die betreffenden deutschen Unternehmen, die südafrikanische Zulieferer haben. Denn sie müssen ihre globalen Lieferketten überdenken und sich gegebenenfalls neu aufstellen. Für Südafrika sind insbesondere die folgenden Sorgfaltspflichten des LkSG von Bedeutung: Verbot der Ungleichbehandlung in der Beschäftigung und Arbeitnehmersicherheit. In Bezug die die Arbeitnehmersicherheit spielt das Risiko der ungenügenden Ausbildung eine wichtige Rolle in Südafrika. 
 

Ist ein Ende des load sheddings in Sicht?

In der Politik wird immer wieder ein Ende des load sheddings in Aussicht gestellt. So hat sich zum Beispiel die Stadt Kapstadt zum strammen Ziel gesetzt, load shedding in den nächsten drei Jahren zu beenden. Der an­ge­spannte nationale Stromversorger „Eskom“ selbst spricht davon, dass load shedding bis 2027 anhalten wird.
 
Eine wichtige Hürde für die Bekämpfung des load sheddings wurde Anfang des Jahres überwunden. EE-Pro­jek­te benötigen seit Anfang 2023 keine Stromerzeugungserlaubnis mehr, unabhängig von der Größe der Strom­er­zeugungs­anlage. Das Erfordernis der Stromerzeugungserlaubnis gehörte in der Vergangenheit zu den Haupt­hin­der­nissen für unabhängige Stromerzeuger. Mit der Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen er­ken­nen wir einen deutlichen Interessenanstieg deutscher Unternehmen, den südafrikanischen Markt zu betreten. Da diese neuen Projekte aber Zeit brauchen, ist davon auszugehen, dass load shedding Südafrika noch einige Jahre begleiten wird.
 
Es gibt weitere Probleme, die ein Ende des load sheddings verhindern. In Zeiten der Stromabschaltungen werden täglich Kupferkabel und weitere Materialen des Stromnetzes im Land gestohlen, die ununterbrochen ersetzt werden müssen. Auch Misswirtschaft und Korruption innerhalb von Eskom trüben die Hoffnung auf ein Ende des load sheddings. 
 

Wie wird sich aus Ihrer Sicht Südafrika weiterentwickeln?

Es ist davon auszugehen, dass der Anteil unabhängiger Stromerzeuger stark ansteigen wird und der EE-Sektor dazu beiträgt, das Wirtschaftswachstum des gesamten Landes anzukurbeln.
 
Die Tourismusbranche wird sich schnell von den, durch die Pandemie verursachten, Einbußen erholen. Denn Südafrika ist insbesondere für Deutsche wieder ein interessantes Reiseziel. Nicht nur als Urlaubsort, sondern aufgrund des neuen Homeoffice Trends, ist es auch zunehmend ein Wunschstandort vieler deutscher Arbeit­nehmer. Es ist zu hoffen, dass Südafrika mit der Einführung eines passenden „remote working visas“ von dieser Chance Gebrauch macht. 
 
Die panafrikanische Freihandelszone eröffnet Chancen für die afrikanischen sowie europäischen Länder und somit auch für Südafrika als Drehscheibe für deutsche Investoren. 
 
Abzuwarten bleiben etwaige politische Maßnahmen und weitere Impulse zur Wirtschaftsbelebung im Hinblick auf die nächsten Wahlen. Präsident Ramaphosa wird sich bemühen, zum Ende seiner aktuellen Amtszeit eine positive Bilanz im Hinblick auf die wirtschaftlichen Entwicklungen vorzuweisen. Insbesondere mit Blick auf das konkurrierende politische Lager wird dieser Aspekt ausschlaggebend sein, ob Ramaphosa seinen aktuellen Kurs zur weiteren Entwicklung von Südafrika beibehalten kann. Förderlich wäre in jedem Fall eine Öffnung des südafrikanischen Marktes für qualifizierte ausländische Arbeitnehmer und weitere regulatorische Er­leich­te­run­gen für den Energie- und Infrastruktursektor.

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