Erfolgreich investieren in Thailand

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zuletzt aktualisiert am 16. Juni 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

 

 

Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Thailand ein?

Thailand ist in Südostasien eines der wichtigsten und weitest entwickelten Länder. Damit ist es für viele aus­län­di­sche Firmen als Standort interessant. 

Seit dem wirtschaftlichen Einbruch der Corona Pandemie, die Thailand hart getroffen hat, konnte sich die wirt­schaftliche Lage langsam, aber stetig erholen. Während das Jahr 2021 noch immer im Zeichen der Pan­de­mie stand, wuchs die Wirtschaft im Jahre 2022 um ca. 2,64 Prozent. 

Für 2023 erwartet die Regierung ein Wachstum von 3 bis 4 Prozent.  Vorpandemische Level werden erst in den kommenden Jahren erreicht werden. Dabei kommt es vor allen Dingen auf die Entwicklung des Tourismus an:

Mit dem Ende der Null-Covid-Politik in China erwartet die Regierung eine ehebliche Zunahme der Touristen­einkünfte, da seit Januar 2023 auch für die Reisenden aus China keinerlei Einreisebeschränkungen mehr gel­ten, die für Thailand eine enorme wirtschaftliche Bedeutung haben. Dies läuft allerdings noch langsamer an, als erwartet.

Die Erholung u.a. im Tourismusbereich hat den Thai  Baht gegenüber dem US Dollar zum Ende 2022 deutlich gestärkt, auf Grund des ebenfalls stärkeren Euro wirkt sich dies auf den Europäischen Raum aber nicht so stark aus, der Kurs liegt bei um 37 Baht zu einem Euro. 

Für die Zukunft werden nach wie vor der Außenhandel und der Tourismus tragend sein. Die Regierung plant größere Investitionen in die Infrastruktur und lockt Investoren mit attraktiven Investitionsanreizen. Dennoch wird die Pandemie wird aufgrund der stark gestiegenen Verschuldung der Privathaushalte vorrausichtlich noch längerfristige negative Auswirkungen entfalten.

Die bisherigen Fördermaßnahmen, insbesondere der „Eastern Economic Corridor“, zeigen gute Resultate. Zu­letzt kündigte das Board of Investments (BOI) im Dezember 2022 zudem ein umfassendes Relocation-Program an, das Teil des Investitionsprogramms Thailand 4.0 ist und diverse Anreize bietet, um Unternehmen nach Thailand zu verlagern.

Im „Ease of Doing Business“ liegt Thailand weiterhin auf Rang 21. Innerhalb ASEAN sind nur Malaysia (Rang 12) und Singapur (Rang 2) besser bewertet. 
 
Leider besteht nach wie vor kein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Thailand. Jedoch wurde am 15. März 2023 bekannt gegeben, dass die Verhandlungen hierzu wieder aufgenommen werden, wobei die EU-Kommission betonte, dass Nachhaltigkeit im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen solle. Zuvor wurde im Jahre 2022 ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen unterzeichnet. 

Es bleibt zu hoffen, dass die Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen nach der Parlamentswahl Mitte Mai 2023 unter einer neuer Regierung, neuen Schwung bekommen.
 

Wie würden Sie das Investitions­klima in Thailand beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Auch weiterhin setzt die Regierung auf Innovationen im Rahmen der „Thailand 4.0“-Policy. Nach Land­wirt­schaft (Thailand 1.0), leichter Industrie (Thailand 2.0) und Schwerindustrie (Thailand 3.0) sollen Innovationen sowie die Digitalisierung den Durchbruch Thailands zu einem „High-Income-Country“ ermöglichen.

Jede Investition ist grundsätzlich willkommen. Gefördert werden sie aber besonders in den folgenden Be­reich­en:

  • Hochklassiger Tourismus
  • Biokraftstoffe und Biochemie
  • Lebensmittelvermarktung
  • Medizinzentren
  • Fortschrittliche Landwirtschaft und Biotechnologie

  • Luftverkehr und Logistik
  • Intelligente Elektronik
  • Roboterindustrie
  • Moderne Automobilindustrie
  • Digitale Industrie

Nach der Pandemie sollten v.a. im Bereich der Medizin Investoren angelockt werden. Prominentes Beispiel für die schnelle Umsetzung, ist die Freigabe von Marihuana für den medizinischen und industriellen Gebrauch. 

Insgesamt wird Thailand auch künftig auf Investitionen aus dem Ausland angewiesen sein, wobei an der Stelle die Volksrepublik China und andere Länder in Asien immer wichtiger werden. Im Vergleich dazu sinkt der euro­päische bzw. westliche Einfluss weiter ab.
 

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Thailand gegenüber?

Deutsche Unternehmer müssen sich zunächst die Frage stellen, ob die jeweiligen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Markteintritt in Thailand sowie ggf. der ASEAN-Region vorhanden sind und wie sich ihre Ziele möglichst effektiv erreichen lassen. Der thailändische Markt ist für ausländische Investoren streng reguliert. Jedoch gibt es zahlreiche staatliche Förderungsmöglichkeiten, die eine Investition gerade in Thailand attraktiv werden lassen. Dabei gilt es, die Investitionsgesetze zu berücksichtigen und den für das eigene Unternehmen besten Zugang zum Markt zu finden. 
 
Zudem ist es für einen erfolgreichen Markteintritt notwendig, die örtliche Unternehmenskultur und deren Be­son­derheiten zu erkennen und zu beachten. Ebenso ist ein gewisses Maß an interkulturellen Fähigkeiten von Vorteil – im Umgang mit thailändischen Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern ist das oft der Schlüssel zum Erfolg.
 

Wie weit ist Thailand mit der Digitalisierung?

In Thailand äußert sich die Digitalisierung in verschiedenen Bereichen, vor allen Dingen im Zuge der bereits erwähnten Policy „Thailand 4.0“. Administrativ wird darauf hingewirkt, die Kommunikation mit Behörden mehr und mehr elektronisch abzuwickeln. Es zeichnen sich bereits erste Erfolge ab. Durch die Pandemie wurden zudem die Vorschriften mit Blick auf das Abhalten elektronischer Gesellschafter- und Geschäfts­führer­versamm­lungen vereinfacht. Insgesamt hat die Pandemie der digitalen Weiterentwicklung geholfen.

Praktisch findet die Digitalisierung nach wie vor in der Industrie und in den städtischen Ballungsräumen statt. Die ländlichen Räume hinken hinterher. Sichtbare Änderungen gibt es im Bezahlverhalten von Konsumenten. Dabei hält sich der Trend zum bargeldlosen Bezahlen via Smartphone. Entsprechend sind Banken und Finanz­dienstleister Vorreiter im Bereich Digitalisierung. 

Es gibt vermehrt Angebote für Dienstleistungen im Rahmen von digitalen Vermögenswerten (Coins und Tokens). Hier sammelt sich zudem mehr Expertise in der Verwaltung, insbesondere in den Steuerbehörden. Wir gehen davon aus, dass es zu weiteren Regulierungen kommen wird.
 

Wie wird sich aus Ihrer Sicht Thailand weiterentwickeln?

Die politische Lage in Thailand bleibt volatil, wobei sich die großen Proteste aus den Jahren 2020 und 2021 bisher nicht wiederholt haben. Der politische Konflikt ist letztlich im starken Ungleichgewicht von Vermögen und wirtschaftlicher Macht in Thailand begründet und es zeichnet sich keine zeitnahe Lösung ab. Hier bleibt zu beobachten, welche Auswirkungen die Wahlen vom 14. Mai 2023 haben werden. Nach den ersten Ergebnissen haben die bisherigen Oppositionsparteien im Repräsentantenhaus eine Mehrheit. Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja wann dies in eine neue Regierungskoalition münden wird. 

Wirtschaftlich ist Thailand auf einem Pfad der Erholung, wenn gleich das Land von den Wachstumsraten nun­mehr hinter einigen Nachbarländern zurückbleibt. Die starke Abhängigkeit von Tourismus und FDIs in Thailand hat sich aber gerade in dieser Krise fatal ausgewirkt, insbesondere auf den großen Bevölkerungsteil mit nied­ri­gen Einkommen in informellen Beschäftigungsverhältnissen. Diese Bevölkerungsgruppe an der Entwicklung des Wohlstandes des Landes stärker Teil haben zu lassen, ist wesentlich für die Entwicklung des Landes und inner­politischen Frieden. 

Thailand ist bestrebt, mit innovativen Industrien, wie einer Fokussierung auf Erneuerbare Energien, digitale Dienstleistungen und hochtechnologische Industrie die Entwicklung des Landes voran zu treiben. Dazu trägt auch die, etwas langsame, aber stetige Weiterentwicklung wesentlicher Infrastrukturprojekte im Eisenbahn- und Straßenverkehr, sowie von Häfen und Flughäfen bereits positiv bei.  Dies weiter voranzutreiben, und Wachs­tum auf allen Ebenen anzukurbeln, wird eine der großen Herausforderungen einer neuen Regierung. Für die Zu­kunft wird auch die weltwirtschaftliche Gesamtlage entscheidend für Thailand werden. Im Zuge dessen bleibt zu hoffen, dass eine weitere Integration im Wirtschaftsraum ASEAN erreicht werden kann. Auch wäre ein zeit­naher Abschluss des FTA mit der Europäischen Union sehr wünschenswert.
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