Große Investmentsteuerreform: Was kommt künftig auf Fondsanleger zu?

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zuletzt aktualisiert am 22. Februar 2017 

 

Der Gesetzgeber hat im Juli letzten Jahres die Reform der Investmentbesteuerung­ verabschiedet, die weitreichende Änderungen zur bisherigen Rechtslage vorsieht. Für Privatanleger eines Pub­li­kums­­fonds können sich durch die Reform steuerliche Mehrbelastungen ergeben. Das Kernelement des neuen Invest­ment­steuergesetzes (InvStG n.F.) besteht in der Abschaffung des bisherigen investmentsteuerlichen Transparenzprinzips (voll­ständige Steuerfreiheit auf Fondsebene und lediglich Besteuerungsfolgen beim Fondsanleger). Stattdessen wird ein intransparentes Be­steuer­ungssystem für Publikums-Investmentfonds sowie ein semi-transparentes Besteuerungsregime für Spezial-Investmentfonds eingeführt. Nachstehend wird ein allgemeiner Überblick über die vor­ge­sehene Neukonzeption der Investmentbesteuerung gegeben.
 

   

Publikumsfonds

Es kommt bei Beteiligungen des Fondsanlegers an Publikums-Investmentfonds grundsätzlich zu einer getrennten Besteuerung beim Fondsvehikel und Anleger. Im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage, sollen künftig regelmäßig alle Investmentvermögen, die als Organismen für gemeinsame Anlage in Wertpapiere (OGAW) oder Alternative Investmentfonds (AIF) strukturiert sind, erfasst werden. Davon sind auch sog. „Kapital-Investitionsgesellschaften” betroffen, während in der Rechtsform einer Personengesellschaft aufgelegte „Geschlossene Fonds” grundsätzlich ausgeschlossen sind.

Der Publikums-Investmentfonds wird mit bestimmten inländischen Beteiligungseinnahmen (zum Beispiel Dividenden), inländischen Immobilienerträgen (einschließlich Gewinne aus deren Veräußerung) sowie sonstige inländische Einkünfte im Sinne des § 49 Abs. 1 EStG einer 15 prozentigen Körperschaftsteuer unterliegen. Lediglich in Einzelfällen dürften die Fondseinkünfte zudem der Gewerbesteuer unterliegen. Eine Steuerbefreiung der erzielten Fondserträge gemäß § 8b KStG wird im Allgemeinen nicht gewährt.

Anstelle der bisherigen Besteuerung von ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen beim Fondsanleger wird er künftig mit den erhaltenen Ausschüttungen aus dem Publikums-Investmentfonds (einschließlich Substanzauskehrungen), gegebenenfalls einer Vorabpauschale (bisherige steuerpflichtige ausschüttungsgleichen Erträge) und den Gewinnen aus der Veräußerung der Fondsanteile der Besteuerung unterliegen. Bei Fondsanlegern, die ihre Investmentanteile im Privatvermögen halten, greift vorrangig die Abgeltungsteuer (pauschal 25 Prozent), während für betriebliche und körperschaftsteuerpflichtige Anleger die reguläre Besteuerung einschlägig ist.

Zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbelastung des Fondsanlegers aufgrund der steuerlichen Vorbelastung auf Fondsebene (Körperschaftsteuer und gegebenenfalls Gewerbesteuer) und seiner persönlichen, individuellen Besteuerung, sieht das InvStG n.F. auf Ausschüttungen, Vorabpauschalen und Veräußerungsgewinne pauschale Teilfreistellungen vor. Die Höhe der Steuerbefreiungen richtet sich dabei nach den Anlageschwerpunkten der jeweiligen Investmentfonds. Die Teilfreistellungen betragen unter bestimmten Voraussetzungen bei Aktienfonds 30 Prozent (bzw. 60/80 Prozent bei betrieblichen Anlegern), bei Immobilienfonds 60 Prozent (überwiegende Anlage in deutsche Immobilien) bzw. 80 Prozent (überwiegende Anlage in ausländische Immobilien) und bei Mischfonds lediglich die Hälfte der für Aktienfonds geltenden Aktienfreistellungsquoten.

Soweit an dem in- oder ausländischen Publikums-Investmentfonds steuerbefreite Anleger (zum Beispiel gemeinnützige Körperschaften, Kirchen oder Stiftungen) beteiligt sind oder die Investmentanteile im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge gehalten werden, sind unter bestimmten Voraussetzungen Steuerbefreiungen auf Ebene des Publikums-Investmentfonds denkbar.

Spezial-Investmentfonds

Spezial-Investmentfonds und deren Anleger unterliegen grundsätzlich ebenfalls der vorstehend skizzierten intranspa­renten Besteuerung wie bei den Publikums-Investmentfonds. Eine Gewerbesteuer fällt hingegen nicht an. Allerdings kann abweichend unter bestimmten Voraussetzungen für eine steuerliche Transparenz von erzielten inländischen Beteiligungseinnahmen sowie Immobilienerträgen und sonstigen Einkünften optiert werden (Transparenzoption). In diesen Fällen würde – wie bisher – eine Besteuerung beim Spezial-Investmentfonds vermieden, sodass diese ausschließlich beim Anleger erfolgt. Somit werden Spezia-Investmentfonds weitgehend wie bisher besteuert.
 
Auf Anlegerebene erfolgt eine laufende Besteuerung mit den erhaltenen Ausschüttungen, ausschüttungsgleichen Erträgen sowie Gewinnen aus der Veräußerung. Betriebliche Anleger können in eingeschränktem Umfang weiterhin von den derzeit bestehenden Steuerbefreiungen (Teileinkünfteverfahren bzw. Schachtel­vergünstigungen im Sinne des § 8b KStG) profitieren.

Für die Qualifikation als Spezial-Investmentfonds werden die aktuell geltenden, engen und restriktiven Anlagebestimmungen des § 1 Abs. 1b InvStG weitgehend übernommen. Als Anleger kommen grundsätzlich nur institutionelle Anleger in Betracht (Begrenzung auf 100 Anleger), die keine natürlichen Personen sein dürfen. Im Gegensatz zur heutigen Rechtslage scheiden mittelbare Beteiligungen von Privatanlegern über zwischengeschaltete Personengesellschaften aus.

Positiv hervorzuheben ist die unveränderte Möglichkeit einer Thesaurierungsbegünstigung auf Ebene des Spezial-Investment­fonds (Fondsprivileg). Allerdings wird diese nur temporär gewährt, denn spätestens nach dem Ablauf von 15 Geschäftsjahren gelten die zunächst steuerfrei thesaurierten Erträge als den Fondsanlegern zugeflossen.

Anwendungsbereich

Das neue Investmentsteuerrecht ist unabhängig vom Geschäftsjahr grundsätzlich ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden. Anteile an Investmentfonds, an Kapital-Investitionsgesellschaften gemäß der heutigen Rechtslage und andere Investmentvehikel, die zum 1. Januar 2018 erstmals in den Anwendungsbereich des InvStG n.F. fallen, gelten zwingend mit Ablauf des 31. Dezembers 2017 als veräußert und mit Beginn des Inkrafttretens des neuen Investmentgesetzes als angeschafft.

Fazit

Die neue Reform der Investmentbesteuerung wird sowohl für die Anbieter von Investmentvermögen, Kapitalverwaltungsgesellschaften, Verwahrstellen und letztendlich auch für die Fondsanleger bedeutende Auswirkungen haben. Auf den ersten Blick scheint das neue Besteuerungsregime einfacher und mit geringerem administrativem Aufwand verbunden zu sein. Allerdings sind die nicht unerheblichen Nachweisdokumentationen nicht zu unterschätzen.

Ein Kritikpunkt dürfte die generelle Einführung der Besteuerung von künftigen Gewinnen aus der Veräußerung von Immobilien unabhängig von der derzeit bestehenden 10-jährigen Haltedauer für private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG) sein. Trotz eines Bestandsschutzes für solche Immobilien­veräuße­rungen, die bereits auf Fondsebene länger als 10 Jahre gehalten wurden, kann ein Publikums-Investmentfonds die zunächst steuerfrei vereinnahmten Gewinne nicht länger steuerfrei an den einzelnen Privatanleger durchleiten.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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