Billigkeitsregelungen bei Kapitalmaßnahmen

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​Erfolgen internationale Kapitalmaßnahmen, stellt sich immer wieder die Frage, ob die eingebuchten neuen Aktien beim Anleger zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen führen oder eine steuerneutrale Behandlung erfahren. Häufig werden die Maßnahmen von den inländischen Zahlstellen vorsorglich als steuerpflichtige Kapitalerträge erfasst und Kapitalertragsteuer sowie Solidaritätszuschlag abgeführt. In gleicher Höhe werden die „jungen” Aktien zu diesem Wert als angeschafft eingebucht.


Das ist in zweifacher Hinsicht ärgerlich: Zum einen muss der Anleger bei reinen unbaren Maßnahmen die Steuer mangels Geldfluss selbst zur Verfügung stellen. Zum anderen führen die Maßnahmen in der Regel zu einem Wertverlust bei den „alten” Anteilen, der bei Erwerb vor 2009 steuerlich irrelevant ist. Auch bei Erwerb der Anteile ab 2009 realisiert sich der Verlust steuerlich erst bei Verkauf und kann zudem als Aktienverlust nicht mit dem Kapitalertrag, den eingelieferten „jungen” Aktien, verrechnet werden.
   
Verstärkt muss sich das Bundesfinanzministerium (BMF) nun mit den Kapitalmaßnahmen beschäftigen und prüfen, wie sie steuerlich zu behandeln sind. So auch im Schreiben vom 05.09.2016 in den Fällen der Kapitalmaßnahmen von China Petroleum & Chemical Corporation und Sinopec Shanghai Petrochemical Company im Juni 2013 sowie Air Liquide S.A. im Mai 2014.
   
Erfreulicherweise befindet das BMF in den genannten Fällen, dass die Kapitalmaßnahmen steuerneutral als Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zu behandeln sind, allerdings erst Jahre später. Das führt nun für die vorzunehmenden steuerlichen Korrekturen zu folgenden Konstellationen:
  

Betroffene Aktien befinden sich noch im Depot

Ausgehend von unveränderten Aktienbeständen bei den alten Aktien und den neuen Aktien ist das inländische depotführende Kreditinstitut dazu verpflichtet, die Anschaffungskosten steuerneutral im Sinne des § 20 Abs. 4a S. 7 EStG nach dem rechnerischen Bezugsverhältnis aufzuteilen. Die Anschaffungskosten der alten Aktien werden verringert und gehen entsprechend auf die neuen Aktien über.
  
Eine Korrektur des Kapitalertrages durch das Kreditinstitut erfolgt nicht. Der Kunde erhält eine Bescheinigung, dass lediglich die Anschaffungskosten der Anteile geändert wurden. Die Bescheinigung ist bei dem Wohnsitzfinanzamt einzureichen und eine Änderung des ursprünglichen Steuerbescheides zu beantragen. Ist der entsprechende Einkommensteuerbescheid bereits bestandskräftig, erfolgt nach dem BMF-Schreiben eine Änderung der Steuerbescheide 2013 oder 2014 im Wege einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO.
  
Der Anleger muss seinem Finanzamt folgende Unterlagen für die Änderung des Steuerbescheides zur Verfügung stellen:
   

  •  Vorgenannte Bescheinigung über die Änderung der Anschaffungskosten nach § 20 Abs. 3a EStG
  • Jahressteuerbescheinigung aus dem Jahr der Kapitalmaßnahme, hier 2013 oder 2014
  • Ursprüngliche Wertpapierabrechnung des depotführenden Kreditinstitutes zur Kapitalmaßnahme, hier aus 2013 oder 2014
     

Betroffene Aktien befinden sich ganz oder zum Teil nicht mehr im Depot

In den Fällen muss nicht nur die Korrektur des Kapitalertrages, sondern auch der Anschaffungskosten im Wege der Veranlagung erfolgen.

Der Anleger muss dazu nicht nur eine Änderung des Kapitalertrags im Jahr der Kapitalmaßnahme beantragen, sondern in der Folge auch eine Änderung der Steuerbescheide, in denen sich die Aktienbestände verändert haben, was meines Erachtens vor allem beim Verkauf eine Rolle spielt. Die geänderten Anschaffungskosten wirken sich auf die Höhe des Veräußerungsgewinns aus. Auch übernehmen die „jungen“ Aktien das Anschaffungsdatum der „alten“ Aktien. Wurden die „alten“ Aktien vor 2009 erworben, so wirkt sich der Bestandsschutz auch auf die „jungen“ Aktien aus, so dass ein Veräußerungsgewinn steuerlich irrelevant wird.

Der Anleger muss folgende Unterlagen seinen Änderungsanträgen beifügen:
  

  • Jahressteuerbescheinigung aus dem Jahr der Kapitalmaßnahme, hier 2013 oder 2014
  • Ursprüngliche Wertpapierabrechnung des depotführenden Kreditinstitutes zur Kapitalmaßnahme, hier aus 2013 oder 2014
  • Belege über den Kauf und Verkauf der Aktien
  • Depotauszüge 2013 bis 2016, denen das Vorhandensein/Nichtvorhandensein der Aktienbestände belegen.

  
Leider äußert sich das BMF nicht zu den Änderungsmöglichkeiten des Steuerbescheides 2015, der ja durchaus auch schon bestandskräftig sein kann. Wir gehen davon aus, dass auch hier eine steuermindernde Änderung im Wege des § 163 AO möglich ist.

  

Handlungsempfehlungen

Wenn Sie von diesen Kapitalmaßnahmen betroffen sind, prüfen Sie mit Ihrem Steuerberater, welche Handlungsalternative für Sie in Frage kommt. Insbesondere wenn die Korrektur durch Veräußerungen in 2016 zu einem (höheren) steuerpflichtigen Gewinn führt, der gegebenenfalls nur im Wege der Veranlagung erklärt wird, ist zudem der Antrag auf eine Verlustbescheinigung, spätestens am 15.12.2016, zu prüfen.
Je nach Höhe der steuerlichen Auswirkung können sich zudem Erstattungszinsen nach § 233a AO ergeben.
 

zuletzt aktualisiert am 12.10.2016

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Ellen Ashauer-Moll

Diplom-Kauffrau, Steuerberaterin

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