Das neue Myanmar Arbitration Law – Myanmar Gesetz

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von Ursus-Mortimer Negenborn

 

​I. Das neue Myanmar Gesetz zur Schiedsgerichtsbarkeit

Am 5. Januar 2016 verabschiedete das Myanmar Parlament das lang erwartete neue Myanmar Arbitration Law (im Folgenden Myanmar  Gesetz). Das neue Gesetz ersetzt seinen längst überholten Vorgänger aus dem Jahr 1944, welcher ausschließlich Regelungen zu Schiedsverfahren mit Sitz in Myanmar beinhaltete. Zum ersten Mal in der Geschichte Myanmars steht eine moderne Regelung für Schiedsverfahren zur Verfügung, die neben lokalen Schieds- und Durchsetzungsmechanismen auch Regelungen zur Anerkennung und Durchsetzung von ausländischen Schiedsurteilen beinhaltet. Myanmar hatte die entsprechende New York Konvention bereits 2013 ratifiziert. 
Das Myanmar Gesetz basiert in weiten Teilen auf dem UNCITRAL Modell-Gesetz über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit (im Folgenden Modellgesetz), das international in vielen lokalen Gesetzen Einfluss gefunden hat. Das Myanmar Gesetz weist  jedoch sowohl inhaltliche als auch sprachliche Abweichungen auf und mangels einer offiziellen Übersetzung ins Englische können sprachliche Abweichungen an einzelnen Stellen noch zu Auslegungsschwierigkeiten führen. 
 

1. Durchsetzung ausländischer Schiedssprüche

Das neue Gesetz zur Schiedsgerichtsbarkeit ist in 2 Abschnitte aufgeteilt. Der 1. Teil (Kapitel 1-8) regelt Schiedsverfahren mit Sitz des Schiedsgerichts in Myanmar, der 2.Teil (Kapitel 9) regelt die Anerkennung und Durchsetzung von ausländischen Schiedssprüchen.
Das neue Myanmar Gesetz reguliert in Abschnitt 46 die Durchsetzung von ausländischen Schiedssprüchen und entspricht grundsätzlich der Rechtslage des Modellgesetzes. Demnach darf die Durchsetzung eines ausländischen Schiedsspruches durch ein Myanmar Gericht nur verweigert werden, wenn einer der in Abschnitt 46 genannten Gründe vorliegt, insbesondere bei einem Verstoß gegen „national interests (public policy)”. In den Gesetzen zur Schiedsgerichtsbarkeit anderer Länder steht ein Verstoß des ausländischen Schiedsurteils gegen den „ordre public” ebenfalls einer Anerkennung entgegen. International werden hierunter Verstöße gegen grundlegende Werte wie Grundrechte und Menschenrechte verstanden. Es bleibt abzuwarten, wie die wörtliche Formulierung „national interest (public policy)“ in diesem Zusammenhang ausgelegt werden wird; es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass eine Auslegung im Einklang mit dem internationalen  Verständnis des „ordre public” vorgenommen werden wird und die Ablehnungsgruende in Myanmar nicht von den international anerkannten abweichen werden.
  

2. Überwiegende Übereinstimmung mit dem Modellgesetz

Das Myanmar Gesetz integriert einen Großteil der Regelungen des Modellgesetzes, wie bspw. das Recht der Parteien, die Schiedsregeln unterschiedlicher Schiedsgerichte zu wählen (Artikel 6 Modellgesetz/Abschnitt 22 Myanmar Gesetz), wobei derzeit für internationale Schiedsverfahren in Zusammenhang mit Myanmar bevorzugt die des Singapore International Arbitration Centre (SIAC)herangezogen werden.
Insbesondere Regelungen zum Gang des Verfahrens wurden dem Modellgesetz nachempfunden: die Benennung von Schiedsrichtern und deren Absetzung (Artikel 11-14 Modellgesetz/Abschnitt 13-16 Myanmar Gesetz), das Antidiskriminierungsverbot und der Anspruch auf rechtliches Gehör (Artikel 18 Modellgesetz/Abschnitt 21 Myanmar Gesetz), Regelungen zur Einreichung von Schriftsätzen und Ablauf von Anhörungen (Artikel 24 Modellgesetz/Abschnitt 27 Myanmar Gesetz), Formvorschriften und inhaltliche Bestimmungen zum Schiedsurteil sowie Voraussetzungen für die Anerkennung und Durchsetzung ausländischer Schiedssprüche (Artikel 35 und 36 Modellgesetz/Abschnitt 45 und 46 Myanmar Gesetz). Artikel 16 Modellgesetz/Abschnitt 18 Myanmar Gesetz regelt das Prinzip der Kompetenz-Kompetenz, wonach das bestehende Schiedsgericht über seine eigene Zuständigkeit entscheiden darf.

 
3. Einzelne Abweichungen vom Modellgesetz

In manchen Teilen weicht das Myanmar Gesetz jedoch in seinem Regelungsgehalt von dem Modellgesetz ab. In Abschnitt 11(a) wird den Parteien das Recht zugestanden, die Entscheidungszuständigkeit des Myanmar Schiedsgerichts bei einzelnen Verfahrensteilen auszuschließen. Möglich ist das bspw. im Hinblick auf die Erhebung und Sicherung von Beweisen und der Anordnung von vorläufigen und sichernden Maßnahmen. 
Für den Fall, dass die Parteien bei der Anzahl der Schiedsrichter nicht zu einer Übereinkunft kommen, sieht das Myanmar Gesetz in Abschnitt 12(b) lediglich einen Schiedsrichter für das Schiedsverfahren vor. Das Modellgesetz geht hingegen von drei Schiedsrichtern aus. In der Praxis empfiehlt es sich deshalb bei komplexeren und umfangreicheren Projekten deren Anzahl ausdrücklich zu regeln.
Eine viel ausführlichere Regelung trifft das Myanmar Gesetz in Abschnitt 30 zur Beweisaufnahme. Die detaillierte Klausel macht einen Rückgriff auf die derzeit ohnehin noch reformbedürftigen allgemeinen Vorschriften zur Beweiserhebung im Myanmar Zivilprozessrecht entbehrlich.
 

4. Regelungen zu vorläufigen und sichernden Maßnahmen.

Die Integration der Regelungen zu vorläufigen und sichernden Maßnahmen in das Myanmar Gesetz ist vorbildlich. Die Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht sah es im Jahr 2006 als erforderlich an, Artikel 17 im Modellgesetz durch relativ ausführliche Regelungen zu sichernden und vorläufigen Maßnahmen zu ersetzen. Dadurch wurde ein effektives Instrumentarium zur Durchsetzung solcher Maßnahmen erschaffen. Abschnitt 31 im Myanmar Gesetz beruht auf den neu geschaffenen Artikeln 17–17j im Modellgesetz und macht das Myanmar Gesetz mithin zu einem der fortschrittlichsten Gesetze über die Schiedsgerichtsbarkeit weltweit. In anhängigen Verfahren sind solche Maßnahmen häufig entscheidend für eine erfolgreiche Durchsetzung eines späteren Schiedsspruchs.
 

II. Starkes Signal für internationale Investoren 

Das neue Myanmar Gesetz setzt weitgehend das Modellgesetz über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit um und entspricht damit dem international üblichen Stand der Gesetzgebung zu Schiedsverfahren. In den letzten Jahren hat Myanmar wichtige Schritte unternommen um kontinuierlich ein freundliches Investitionsklima zu schaffen. Das neue Gesetz zur Schiedsgerichtsbarkeit sendet ein starkes Signal an ausländische Investoren und schafft damit einen verlässlichen gesetzlichen Rahmen für internationale Vertragsbeziehungen.
 
Dennoch sind weitere Anstrengungen nötig um den internationalen Standard in Schiedsverfahren auch bei rein inländischen Disputen zu erreichen. Die sich in Diskussion befindliche Gründung einer Myanmar Institution für Schiedsgerichtsbarkeit nach internationalem Vorbild ist hierfür ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

 

zuletzt aktualisiert am 31.03.2016

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