Die PKW-Maut konkret: Daten und Fakten zur Infrastrukturabgabe

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zuletzt aktualisiert am 21. Februar 2019 | Lesedauer: ca. 6 Minuten
 
Die PKW-Maut – offiziell „Infrastrukturabgabe” genannt – ist immer noch nicht „durch” – eine endgültige Entscheidung rückt jedoch näher. Schon das Gesetzgebungsverfahren war von kontroversen Debatten bestimmt. Danach kam der Dämpfer aus Brüssel: Die EU-Kommission hielt die Maut in der verabschiedeten Form für europarechtswidrig, da sie nur Ausländer belaste und klagte schließlich Ende September 2016 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Ende des Jahres 2016 folgte die nächste Wendung: Aufgrund zugesagter Änderungen zog die EU-Kommission die Klage vor dem EuGH wieder zurück und setzte das Vertrags­verletzungs­verfahren aus. Im Oktober 2017 hat daraufhin Österreich gegen die geänderte Maut Klage vor dem EuGH erhoben. Eine Verhandlung der großen Kammer des EuGH fand am 11. Dezember 2018 statt. Im Februar 2019 hat sich der Generalanwalt des EuGH in seinem Schlussantrag nun positiv zur PKW-Maut geäußert. Das endgültige Urteil steht noch aus.
 
     

 

Wie ist der Umsetzungsstand?

Ende 2016 kam es zu einer Einigung zwischen dem damaligen Bundesverkehrsminister Dobrindt und der EU-Kommission. Nach Vornahme bestimmter Änderungen gegenüber dem bisherigen Gesetz wie Anpassung der Staffelung und Tarifhöhe von Kurzzeitvignetten sowie einer Erhöhung der im Kraftfahrzeugsteuergesetz vor­gesehenen Entlastung für besonders umweltfreundliche PKW der Emissionsklasse Euro 6 werde die Maut aus Sicht der EU-Kommission EU-rechtlich zulässig sein. Im Hinblick darauf hat sie die Klage vor dem EuGH wieder zurückgezogen und das Vertragsverletzungsverfahren ausgesetzt.
  

Am 25. Januar 2017 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf für eine Änderung des Infrastruktur­abgaben­gesetzes vorgelegt. Ende März haben Bundestag und Bundesrat – trotz vorheriger Kritik und Forderung nach Ausnahmeregelungen für grenznahe Regionen durch den Bundesrat – zugestimmt. Daraufhin hat die EU-Kommission am 17. Mai 2017 das Vertragsverletzungsverfahren offiziell eingestellt. Am 25. Mai 2017 ist die geänderte PKW-Maut in Kraft getreten.

 

Es bestanden und bestehen dennoch weiter europarechtliche Bedenken auf verschiedenen Seiten.
 

Im Auftrag der Grünen hat der Fachbereich Europa des Bundestages im Februar 2017 ein Gutachten zur Europarechtskonformität der PKW-Maut erstellt und kam zu dem Schluss, dass die Infrastrukturabgabe in Kombination mit der Entlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstelle und damit gegen EU-Recht verstoße.
 
Das Europäische Parlament hat Mitte März 2017 eine Resolution gegen die geplante Maut verabschiedet. Die Kommission soll „einschlägige Informationen über die Analyse der neuen Maßnahmen der deutschen Behörden für die PKW-Maut” bereitstellen und offenlegen – ebenso über deren Vereinbarkeit mit dem EU-Recht.
  

Widerstand gegen die deutsche PKW-Maut in anderen europäischen Staaten hatte dazu geführt, dass sich Vertreter von 11 Ländern unter der Führung von Österreich Ende Januar 2017 bei einem Treffen beratschlagt haben, ob und wie sie gegen die deutsche PKW-Maut vorgehen wollen. Sie sahen die Maut trotz der Einigung mit der EU-Kommission als ausländerdiskriminierend und damit als europarechtswidrig an. Am 12. Oktober 2017 hat Österreich daraufhin Klage gegen die Maut beim EuGH eingereicht. Auch die Niederlande haben sich der Klage angeschlossen, während Dänemark die deutsche Position unterstützt. Ein Rechtsgutachten, das Österreich im Vorfeld erstellen ließ, hatte eine Klage als aussichtsreich beurteilt.
 

Im Februar 2019 hat sich nun der Generalanwalt des EuGH geäußert. Er hält die deutsche PKW-Maut für mit EU-Recht vereinbar und spricht sich für eine Abweisung der Klage aus. Halter ausländischer Fahrzeuge würden nicht diskriminiert. Die Argumente Österreichs seien nicht nachvollziehbar. Eine Vergleichbarkeit der beiden Gruppen – Halter deutscher und Halter ausländischer Fahrzeuge – sei in der von Österreich vorgetragenen Form nicht gegeben. So müssten Halter ausländischer Fahrzeuge die Maut nur zahlen, wenn sie deutsche Straßen nutzen wollten, und hätten außerdem die Möglichkeit, Vignetten für Kurzzeiträume zu erwerben. Halter deutscher PKW hingegen hätten keine Ausweichmöglichkeit, sie müssten auf jeden Fall die Maut für das gesamte Jahr entrichten und würden zusätzlich noch mit KFZ-Steuer belastet. Aufgrund dessen sieht der General­anwalt keine nachteilige Diskriminierung durch die Infrastrukturabgabe für EU-Ausländer gegeben. Die Heranziehung auch von Fahrern ausländischer Fahrzeuge für die Kosten des Autobahnnetzes entspräche den Grundsätzen der EU-Verkehrspolitik, wonach die Kosten der Verkehrsinfrastruktur von deren Nutzern bzw. Verursachern getragen werden sollen.
 

Es bleibt nun noch die Entscheidung des EuGH abzuwarten. Sie soll Mitte 2019 erfolgen. In der Mehrheit der Fälle schließen sich die Richter den Argumenten des Generalanwalts an, sodass momentan die Zeichen auf „Go” für die Infrastrukturabgabe zu stehen scheinen. Bundesverkehrsminister Scheuer hat die Einschätzung des Generalanwalts des EuGH positiv aufgenommen und geht aktuell von einem Start der Maut im Oktober 2020 aus.
 
In der Zwischenzeit fanden die ersten Schritte zur praktischen Umsetzung der PKW-Maut statt: die Betreiber­firmen stehen nun fest. Den Auftrag für die Maut-Kontrollen hat im Oktober 2018 der österreichische Maut­system-An­bieter Kapsch TrafficCom bekommen. Ebendieser hat im Dezember 2018 zusammen mit dem deut­schen Konzertveranstalter und Ticketverkäufer CTS Eventim auch den Zuschlag für die Erhebung der Maut erhalten. Die vorgesehene Mindestvertragslaufzeit liegt bei 12 Jahren. Damit können nun technische und organisatorische Umsetzung sowie der Aufbau der Systeme beginnen.
 

Dennoch: es ist weiterhin unsicher, ob die Maut endgültig kommt. Das Verfahren vor dem EuGH ist noch nicht beendet. Nicht umsonst haben sich die Betreiberfirmen beim Bund für den Fall, dass die PKW-Maut vor Gericht scheitert, vertraglich abgesichert.
    
Das bedeutet: Es bleibt spannend!

    

Wer muss die PKW-Maut bezahlen?

  • Halter von im Inland sowie Halter von im Ausland zugelassenen PKW und Wohnmobilen für die Nutzung von Bundesautobahnen und
  • Halter von im Inland zugelassenen PKW und Wohnmobilen zusätzlich für die Nutzung von Bundesstraßen. 
     
Bei im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen zahlt auch der Führer des Kraftfahrzeugs während der Benutzung von Bundesautobahnen die Mautgebühr. Für im Ausland zugelassene KFZ kann die Mautpflicht noch auf bestimmte Abschnitte von Bundesstraßen ausgedehnt werden, wenn z.B. Ausweichverkehre vermieden werden sollen. Die Vignette ist elektronisch.
 
Befreiungen von der Abgabepflicht sind in den vom Gesetz genannten Grenzen möglich. Dies betrifft bspw. Kraftfahrzeuge von Personen mit Behinderung, die von der Kfz-Steuer befreit sind oder Elektro-Autos.
 

Wie hoch ist die Abgabe?

In Deutschland zugelassene PKW und Wohnmobile erhalten grundsätzlich eine Jahresvignette.
 
Der Preis für die Jahresvignette bestimmt sich für PKW nach dem Hubraum und den Umwelteigenschaften des Fahrzeugs. Je angefangenen 100 ccm Hubraum fallen jeweils bis zu einer festgelegten Höchstgrenze von 130 Euro folgende Abgabensätze an: 
  • Fahrzeuge mit einer Schadstoffklasse von „Euro 3” oder schlechter: 6,50 Euro (Ottomotor) bzw. 9,50 Euro (Dieselmotor),
  • Fahrzeuge der Schadstoffklassen „Euro 4” und „Euro 5”: 2 Euro (Ottomotor) bzw. 5 Euro (Dieselmotor),
  • Fahrzeuge der Schadstoffklasse „Euro 6”: 1,80 Euro (Ottomotor) und 4,80 Euro (Dieselmotor).
  • Für Fahrzeuge mit einem Oldtimer-Kennzeichen beträgt die Abgabe 130 Euro.
     
Der Abgabensatz für Wohnmobile bestimmt sich nach dem Gewicht des Fahrzeugs und beträgt 16 Euro für je 200 angefangene Kilogramm Gesamtgewicht bis zu einer Kappungsgrenze von 130 Euro.
 
Um eine Doppelbelastung von PKW oder Wohnmobilen, die in Deutschland Kfz-steuerpflichtig sind, zu vermeiden, werden im Kraftfahrzeugsteuergesetz Steuerentlastungsbeträge aufgenommen. Die Entlastung erfolgt mindestens in Höhe der Infrastrukturabgabe. Bei besonders umweltfreundlichen Fahrzeugen (Euro 6-Fahrzeuge) ist eine höhere Entlastung vorgesehen als die anfallende Infrastrukturabgabe.
 
Für im Ausland zugelassene KFZ gibt es eine Staffelung: Hier können eine Jahres-, eine 2-Monats- und eine 10-Tages-Vignette gebucht werden. Die Höhe der Abgabe für die Kurzzeitvignette bestimmt sich nach dem für das Fahrzeug zu entrichtenden Abgabensatz für ein Jahr:
 

Übersicht Kurzzeitvignetten (Quelle: BMVI)
  

Woher bekomme ich die Vignette?

Bei im Inland zugelassenen KFZ wird diese „automatisch” mit der Zulassung des KFZ verknüpft. Hier ist nur ein weiteres SEPA-Lastschriftmandat erforderlich. Bei bereits zugelassenen KFZ wird dem Halter der Bescheid über die Abgabe automatisch zugestellt.
 
Für im Ausland zugelassene KFZ kann die elektronische Vignette entweder über eine App, das Internet oder an sog. Einbuchungsstellen (z.B. Tankstellen) erworben werden.
 

Werden Kontrollen durchgeführt?

Es finden stichprobenartige Überwachungen durch das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) statt, die hierfür Kontrolleinrichtungen implementieren. Dies kann unter Mitwirkung eines privaten Dritten erfolgen. Eine solche Mitwirkung ist im Bundesanzeiger bekannt zu geben.
 

Was passiert, wenn keine erforderliche Vignette vorhanden ist?

Ist keine gültige Vignette vorhanden oder nicht die korrekte Vignette erworben worden, wird die Abgabe von der Infrastrukturbehörde nachträglich durch Bescheid erhoben. Die nachträglich erhobene Abgabe entspricht in ihrer Höhe der Abgabe für eine Jahresvignette bzw. wird auf den Betrag der Jahresvignette aufgestockt, wenn ein zu niedriger Betrag entrichtet wurde. Die Gültigkeit beträgt dann entsprechend 1 Jahr. Eine Erstattungs­möglichkeit besteht nicht. Bei Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) kann eine Geldbuße erhoben werden.
 

Wie sieht es mit datenschutzrechtlichen Bedenken aus?

Sämtliche erhobenen Daten dürfen ausschließlich für die Zwecke des Infrastrukturabgabengesetzes genutzt werden. Eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften ist unzulässig.
 
Sofern bei der Kontrolle Fahrzeuge erfasst werden, die der Abgabenpflicht nicht unterliegen, werden diese Bilder und Kontrolldaten sofort gelöscht. Daten, die für Verfahren der Nacherhebung bzw. für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten erforderlich sind, werden nur so lange aufbewahrt, wie sie für die Erfüllung der Aufgaben benötigt werden. 
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