Nivea-Blau und Sparkassen-Rot: Wie gefährlich sind Farbmarken?

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„Nivea-Blau”, „Sparkassen-Rot” oder „Langenscheidt-Gelb” – sog. abstrakte Farbmarken „geistern” derzeit vielerorts durch die Medien und erreichen durch teils erbitterte Streitigkeiten bis hin zum Europäischen Gerichtshof erstmals das Aufsehen einer breiteren Öffentlichkeit. Eine konkrete Vorstellung davon, was Farbmarken sind und worüber sich die beteiligten Unternehmen eigentlich streiten, haben jedoch die wenigsten. Dies hat zur Folge, dass die mit der Verwendung einer geschützten Farbe verbundenen Risiken häufig unterschätzt werden, bzw. regelmäßig gänzlich unbekannt sind. Flattert dann eine Abmahnung ins Haus, ist die Verwunderung bei den betroffenen Unternehmen oft groß. In der Regel war man sich bei der Auswahl einer bestimmten Farbe für eine Verpackung, eine Werbeanzeige oder einen Flyer nicht bewusst, dass eine geschützte Marke dabei verletzt wird. Auf Vorsatz oder Kenntnis kommt es für eine Markenverletzung aber nicht an – daher gilt: Farbgestaltungen sollten in jedem Fall gut überlegt sein.
 

Farbmarke vs. Wort- und Wort-/Bildmarke

Zunächst ist entscheidend, dass der Begriff der Farbmarke keine farbigen Darstellungen von Produkt- oder Firmenlogos meint. Letztere sind als Wort-, Bild- oder kombinierte Wort-/Bildmarken geschützt. Gegenstand einer abstrakten Farbemarke ist hingegen allein die Farbe an sich, losgelöst von jeglichen Konturen oder figürlichen Begrenzungen.
 
Anders als ein bestimmtes farbiges Logo werden abstrakte, konturlose Farben als solche meist nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrgenommen. Die Farbe an sich ist daher in der Regel nicht dazu geeignet, die Waren eines Herstellers von denjenigen eines anderen zu unterschieden, sodass die Anmeldung einer Einzelfarbe häufig an dem Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, der „fehlenden Unterscheidungskraft” scheitern wird. Hinzu kommt, dass solche Markeneintragungen wegen der geringen Zahl an tatsächlich verfügbaren Farben schnell zur Folge hätten, dass für bestimmte Waren oder Dienstleitungen der ganze Bestand an verfügbaren Farben erschöpft wäre. Eine derartige Monopolisierung zugunsten einzelner Hersteller wäre mit dem System eines unverfälschten Wettbewerbs nicht vereinbar.
 
Tatsächliche Eintragungen von Einzelfarben als Marke, wie die aktuell durch die Presse bekannten Farben „Nivea-Blau”, „Sparkassen-Rot” oder auch das „Telekom-Magenta”, beruhen daher allesamt auf einer sog. „erlangten Unterscheidungskraft”, sprich auf Verkehrsdurchsetzung. Die hierfür erforderliche Schwelle der Bekanntheit und die Art des Nachweises stehen aktuell im Fokus der Rechtsprechung.
 
Gelingt es einem Unternehmen jedoch, durch intensive Benutzung einer Farbe deren Bekanntheit „als Marke” nachzuweisen, so stehen ihm letztlich „Tür und Tor” offen, sich gegen jegliche Nutzung „seiner” Farbe zur Wehr zu setzen. Der große Vorteil eines solchen Bekanntheitsschutzes liegt nämlich darin, dass er auch dann greift, wenn in der Praxis gar keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne einer Herkunftsverwirrung entstehen kann, weil zwar vielleicht das „Milka-Lila” verwendet wird, aber nicht für Schokolade, sondern zur Bewerbung von gänzlich anderen Waren.
 
Das bedeutet, auf die klassische Verwechslungsgefahr im Sinne der Verwendung eines identischen oder ähnlichen Zeichens für identische oder ähnliche Waren, kommt es nicht an. Gerade dies ist der Grund, weshalb sich viele Unternehmen häufig völlig unbewusst mit dem Vorwurf einer Markenverletzung konfrontiert sehen.
 
Vor diesem Hintergrund sollte also bei der Erstellung von Logos, Designs, Produktverpackungen oder Werbekampagnen die angedachte Farbgestaltung stets hinterfragt und bei Zweifeln vorab rechtlich geprüft werden. Die unbedachte Verwendung von „Langenscheidt-Gelb” oder „Telekom-Magenta” könnte andernfalls ein schwarz auf weiß gedrucktes Abmahnschreiben auslösen.
 

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zuletzt aktualisiert am 02.12.2015

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