Wachstumsaussichten in Mittel- und Osteuropa

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​Es ist davon auszugehen, dass das Wirtschaftswachstum in Mittel- und Osteuropa in diesem Jahr per Saldo auf Wachstumskurs bleibt. So prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IWF) 1,3 Prozent Wirtschaftswachstum für 2016 in der gesamten MOE-Region mit ihren 22 Ländern.
 

In der Russischen Föderation, wo in diesem Jahr noch mit einer anhaltenden Rezession zu rechnen ist, sollte sich nach Ansicht des IWF die Situation danach wieder stabilisieren. Nach ersten Schätzungen dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der MOE-Region im vergangenen Jahr um etwa 3,4 Prozent gewachsen sein – der beachtlichste Anstieg seit der Finanzkrise. Es geht also wieder aufwärts in Mittel- und Osteuropa. Dazu leisten sicherlich auch die derzeit niedrigen Energiepreise sowie die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank ihren Beitrag. In Mittel- und Osteuropa fallen zudem die soliden Kapitalinvestitionen in die Auto- und Autozuliefererindustrie ins Gewicht. Sie tragen enorm zur Stabilisierung der Region bei.

 

Wachstumsaussichten in der Ukraine

Das bestätigt auch Klaus Kessler, Rechtsanwalt und Partner, zuständig u.a. für unsere Niederlassungen in der Ukraine. Er sagt: „Trotz Krisen und Konflikten ist die Situation in der Ukraine (UA) meiner Ansicht nach sehr stabil. Die Investoren lassen sich von Konflikten nicht abschrecken. Die UA ist nach wie vor ein lohnender Markt und Standort für Produktion. Insbesondere der Westen der UA wurde unlängst als verlängerte Werkbank entdeckt. Gerade Unternehmen aus dem Bereich Automotive und Zulieferung schätzen zunehmend die dortigen Möglichkeiten und siedeln sich an.
 
Dank gut ausgebildeter Fachkräfte, extrem niedrigem Lohnniveau und konsequenter westlicher, europäischer Ausrichtung ist der Westen der UA meines Erachtens ein wertvoller Geheimtipp.
Auch die unlängst in Kraft getretene Steuerreform zeigt Wirkung. Zudem entwickelt sich die Reform des Mehrwertsteuerrechts positiv. So gibt es mittlerweile so gut wie keine Probleme mehr mit der Erstattung von Mehrwertsteuerguthaben.”
 

Wachstumsaussichten in der Russischen Föderation

Ähnlich positiv schätzt Dr. Andreas Knaul, verantwortlicher Rechtsanwalt und Partner in der Russischen Föderation, die Situation in seinem Land ein. Dr. Andreas Knaul gibt zwar zu bedanken, dass „die wirtschaftliche Lage in Russland von Rezession geprägt ist, verstärkt durch den (vermutlich längerfristig) niedrigen Ölpreis und dem daraus folgenden Rubelverfall; wobei die gegenseitigen Sanktionen (auch gegen die Türkei) die Situation noch verschärfen.” Das hatte zur Folge, dass 2015 die russische Wirtschaftsleistung erneut einbrach. Auf der anderen Seite betont Dr. Andreas Knaul: „kommt ausländischen Investoren das billige russische Geld zugute. Die horrenden Mietpreise Moskaus bspw. „verringerten” sich deutlich. Das Lohnniveau hat sich aufgrund der günstigen Umrechnungskurse aus Fremdwährungssicht teilweise halbiert.” Insgesamt sieht Dr. Andreas Knaul die Situation durchaus positiv: Die Auswirkungen krisenbedingter Sanktionen auf das Wirtschaften deutscher Unternehmen sollten seiner Ansicht nach nicht überschätzt werden. Sie entfalten mehrheitlich punktuelle Wirkungen auf Unternehmen des russischen Finanzsektors. Deutsche Unternehmen sind meist nicht betroffen. Gleichzeitig ist Russland innenpolitisch stabil; das Land ist sicher, mit einem hohen Maß an Rechtssicherheit für ausländische Unternehmen. Die Bemühungen, (postsowjetische) Bürokratiehindernisse abzubauen, fruchten allmählich und die Korruptionsbekämpfung schreitet voran. Die Justiz kommt immer öfter zu investorenfreundlichen Urteilen.
 

Wachstumsaussichten in Polen

Und Polen? Aneta Majchrowicz-Bączyk, Rechtsanwältin und Partnerin in Polen, ordnet die Entwicklungen in ihrem Land wie folgt ein: „Das Investitionsklima in Polen ist nach wie vor gut. Seit einigen Jahren verbessert es sich ständig und das ist auf gesamtstaatlicher Ebene sichtbar. Gleichzeitig werden die Selbstverwaltungsbehörden aktiver. Die Entschlossenheit, ausländische Investitionen nach Polen zu holen, wird immer größer und manifestiert sich in der Verringerung der administrativen Hürden sowie dem Willen zur Kooperation und der steigenden Flexibilität der lokalen Behörden. Auch die Dauer der Sonderwirtschaftszonen (SWZ), die aufgrund zahlreicher steuerlichen Erleichterungen für die in den SWZ tätigen Gesellschaften einen sehr guten Ort zum Investieren in Polen darstellen, wurde ein weiteres Mal verlängert (bis 2026). Die Entwicklung des inländischen Markts gepaart mit dem stabilen Anstieg des BIP und des Verbrauchs führen dazu, dass Polen nicht nur für Exporteure, sondern auch für Investitionen, die auf den Inlandsverkauf ausgerichtet sind, attraktiv ist.
 
Vom fruchtbaren Investitionsklima in Polen zeugt auch die Aktivität deutscher Unternehmen: Deutschland ist der bedeutendste Handelspartner Polens und der agilste ausländische Investor im KMU-Sektor. Nach Angaben der polnischen Nationalbank (NBP) beliefen sich 2014 sämtliche deutsche Direktinvestitionen in Polen auf über 114 Mrd. PLN – das sind 17 Prozent sämtlicher ausländischer Investitionen in Polen. Die stärkste Investitionstätigkeit war in folgenden Branchen zu verzeichnen: Verarbeitendes Gewerbe (31 Prozent), Finanzen und Versicherungen (26 Prozent) sowie Groß- und Einzelhandel (15 Prozent). Das zeigt, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen entwickelt, und man davon ausgehen kann, dass die Zahl deutscher Unternehmen in Polen weiter kontinuierlich steigen wird.”
 

Frau Majchrowicz-Bączyk ist daher überzeugt, dass „die polnische Wirtschaft sich in den nächsten Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin durch stabiles Wachstum sowie steigende Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt auszeichnen wird.” Die regierende Partei „Recht und Gerechtigkeit” (PIS) verabschiedete im Februar 2016 einen „Plan zur verantwortungsbewussten Entwicklung”, bei dem die Entwicklung Polens auf 5 Pfeiler gestellt werden soll:
 

  • Reindustrialisierung (Unterstützung bestehender und Entwicklung neuer Wettbewerbsvorteile sowie Spezialisierung der polnischen Wirtschaft)
  • Entwicklung innovativer Unternehmen
  • Entwicklungskapital (mehr Investitionen und Erhöhung der Sparquote)
  • Expansion im Ausland (Förderung des Exports und der Direktinvestitionen polnischer Unternehmen)
  • Gesellschaftliche und regionale Entwicklung (u.a. Reform des Berufsschulwesens, Einbeziehung von ländlichen Gebieten und Kleinstädten in die wirtschaftlichen Entwicklungsprozesse)

 

Besonders wichtig für KMU könnte sich eine neue Geschäftsverfassung erweisen – also ein Gesetz, das die Grundsätze für die Geschäftstätigkeit in Polen umfassend regelt sowie ein Förderprogramm für F+E und die Steigerung der Industrieproduktion. Laut den Regierungsplänen soll sich das BIP per capita in Polen auf etwa 70 Prozent des EU-Durchschnitts im Jahr 2020 belaufen.
 

OMV-Expertendialog: Rechtsdurchsetzung und Rechtsschutz in Osteuropa

Von guten Wachstumsprognosen ist in allen oben genannten Ländern der MOE-Region auszugehen. Was bedeutet das für deutsche Unternehmen in Russland, in der Ukraine oder in Polen unter Berücksichtigung der obigen Einschätzungen; aber auch unter Berücksichtigung der aktuellen politischen Entwicklungen in diesen Ländern? Wie schätzen die ausländischen Investoren ihre Situation in der Tschechischen Republik, in Bulgarien sowie in Rumänien ein, wenn es um den Schutz ihrer Investitionen sowie um die Durchsetzung ihrer Rechte geht? Darüber wollen wir mit Ihnen diskutieren.
 

Wir würden uns über Ihre Teilnahme bei unserem mit dem Osteuropaverein der deutschen Wirtschaft e.V. veranstalteten Expertendialog in Berlin freuen.

 

Weitere Informationen zu der Veranstaltung entnehmen Sie bitte dem Programm. Zur Anmeldung füllen Sie bitte das Anmeldeformular aus.  ​

    
zuletzt aktualisiert am 22.03.2016

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Dr. Alena Klikar

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