Verklammerung von Vermietung und Verkauf bei Immobilien führt zur Gewerblichkeit

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​Das Geschäftskonzept einer Fondsgesellschaft bzw. eines Steuerpflichtigen besteht üblicherweise in dem Ankauf, der Vermietung und dem späteren Verkauf von Wirtschaftsgütern (zum Beispiel Container, Maschinen, Immobilien). Für Steuerzwecke handelt es sich bei einem solchen klassischen Geschäftsmodell regelmäßig um eine vermögensverwaltende Tätigkeit. Sieht das Geschäftskonzept jedoch die Veräußerung eines Wirtschaftsguts vor und wird erst durch den Verkauf der angestrebte Totalgewinn erzielt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen. Durch die Verklammerung der Vermietung und Veräußerung liegt eine einheitliche Geschäftstätigkeit vor, die die Grenze der privaten steuerlichen Vermögensverwaltung überschreitet. 

Der BFH hat diese Grundsätze bisher ausschließlich auf sogenannte bewegliche Wirtschaftsgüter angewendet (BFH-Urteil vom 8. Juni 2016, Az. IV R 30/14; BFH-Urteil vom 26. Juni 2007, Bundessteuerblatt 2009 II, 289; BFH-Urteil vom 31. Mai 2007, Bundessteuerblatt 2007 II, 768). In der kürzlich veröffentlichten BFH-Entscheidung vom 28. September 2017 (Az. IV R 50/15) wird diese „Verklammerungsrechtsprechung” erstmals auch auf unbewegliche Wirtschaftsgüter (zum Beispiel Immobilien) übertragen.  

Im Streitfall hat die Klägerin (GbR) im Streitjahr 2003 Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung bebauter Grundstücke nach § 21 EStG erzielt. Zu den Einkünften gehörten unter anderem auch solche aus der Vermietung von zwei Dienstgebäuden (Rathauserweiterungsgebäude und Straßenverkehrsamt), die besonderen Umständen unterliegen. Die Stadt sowie der Landkreis haben der Klägerin jeweils das Erbbaurecht an einem Grundstück auf die Dauer von 20 Jahren eingeräumt. Es wurde zudem vereinbart, dass die Klägerin auf dem jeweiligen Erbbaurecht ein Rathauserweiterungsgebäude bzw. ein Straßenverkehrsamt errichten sollte. Beide Dienstgebäude wurden während der 20-jährigen Laufzeit des jeweiligen Erbbaurechts an die Stadt bzw. den Landkreis entgeltlich vermietet: In dem Erbbaurechtsvertrag wurde ebenfalls vereinbart, dass die Stadt bzw. der Landkreis der Klägerin für den Fall des Erlöschens des jeweiligen Erdbaurechts durch Zeitablauf eine bereits im Voraus fest vereinbarte Entschädigung zu leisten hatte.

Die Klägerin behandelte sämtliche Vermietungseinkünfte als Einkünfte nach § 21 EStG. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Klägerin aufgrund des einheitlichen Geschäftskonzepts der Vermietung und des Verkaufs der beiden Dienstgebäude den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten habe. Aufgrund der gewerblichen Vermietung der Dienstgebäude sind sämtliche Vermietungseinkünfte aufgrund der gesetzlichen Infektion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG im vollen Umfang als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb umzuqualifizieren.  

Die gegen diese Auffassung eingereichte Klage hatte Erfolg. Das Niedersächsische Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeiten der Klägerin im Zusammenhang mit den Dienstgebäuden nicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten hätten. Insbesondere könne die bisher allein zu beweglichen Wirtschaftsgütern ergangene Verklammerungsrechtsprechung des BFH nicht auf den Streitfall übertragen werden. 

In der Revisionsentscheidung schließt sich der BFH jedoch nicht der Beurteilung des Finanzgerichts an. Die Rechtsprechung der Verklammerung von Teilakten zu einer einheitlichen Tätigkeit kann nach Ansicht des Senats sehr wohl auch auf unbewegliche Wirtschaftsgüter übertragen werden. Es ist kein Grund ersichtlich, diese Rechtsprechung nur auf bewegliche Wirtschaftsgüter zu beschränken. Falls das Geschäftskonzept der Klägerin darin bestanden hat, auf den Erbbaugrundstücken Bauwerke zu errichten, diese für einen Zeitraum von grundsätzlich 20 Jahren an die Grundstückseigentümer zu vermieten, um diese im Anschluss an die Vermietung gegen Erhalt einer von vornherein festvereinbarten Entschädigung entgeltlich an die Stadt bzw. den Landkreis zu übertragen und bereits bei Aufnahme der Tätigkeit festgestanden hat, dass sich das erwartete positive Gesamtergebnis nur unter Einbeziehung der Entschädigung erzielen lasse, wird die Grenze zur Gewerblichkeit überschritten.  

Die Veräußerung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern ist grundsätzlich nach dem Überschreiten der Haltefristen für die in § 23 EStG genannten Veräußerungsgegenstände steuerfrei (zum Beispiel Veräußerung von bebauten Grundstücken nach einer Haltefrist von zehn Jahren). Sofern der Geschäftszweck der Klägerin jedoch darin besteht, die Vermietung und den Verkauf der Dienstgebäude zu einer einheitlichen, gewerblichen Tätigkeit zu verklammern, liegt eine Steuerverhaftung vor. Damit sind eventuelle Haltefristen für private Veräußerungsgeschäfte gemäß § 23 EStG unbeachtlich. Es erfolgt eine Umqualifikation der Einkünfte in gewerbliche Einkünfte gemäß §15 EStG. 

Es ist nun die Aufgabe des Finanzgerichts im zweiten Rechtsgang zu prüfen, ob die Klägerin vorstehendes Geschäftskonzept verfolgt hat. Denn in einem solchen Fall sind die Einzeltätigkeiten einer derart gemischten Tätigkeit nicht getrennt zu würdigen, sondern zu einer einheitlichen, über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hinausgehenden Tätigkeit zu verklammern. Entscheidend für diese Beurteilung ist die – für jedes Objekt jeweils getrennt durchzuführende – Prognoseermittlung. Als Stichtag gilt der Beginn der jeweiligen Tätigkeit. Es ist sodann für den Zeitraum der tatsächlichen Vermietungsnutzung eine Prognose durchzuführen, ob ein Totalüberschuss erzielt wird. Bei der Ermittlung des Totalüberschusses ist von den Ereignissen auszugehen, die sich nach den einkommensteuerlichen Vorschriften voraussichtlich ergeben. 

Sollte die Klägerin tatsächlich aufgrund bestehender Verklammerung eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, müssen auch die weiteren Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebs im Sinne des §15 EStG vorliegen (Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, Nachhaltigkeit der Tätigkeit). Allerdings misst der BFH beiden Kriterien keine große Bedeutung zu und urteilt, dass sie im Streitfall vorliegen. 

In der Praxis ist insbesondere im Rahmen der Fondskonzeption von Bedeutung, ob die bisherige Verklammerungsrechtsprechung auch auf unbewegliche Wirtschaftsgüter übertragbar ist. Der Bundesfinanzhof hat diese kontrovers geführte Fragestellung nunmehr höchstrichterlich geklärt und für Rechtssicherheit bei Neugestaltungen geschaffen. Das vorgestellte BFH-Urteil sollte bei zukünftigen Strukturierungen beachtet werden.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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