Der Unions-Zollkodex: Auf was sich Unternehmen in der Zukunft einstellen müssen

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Die Europäische Union hat das Zollrecht umfassend reformiert. Unternehmen sollten sich frühzeitig auf die Änderungen im neuen Unions-Zollkodex einstellen, insbesondere auf den elektronischen Datenaustausch mit der Zollverwaltung.
 
Das europäische Zollrecht besteht maßgeblich aus zwei Regelungswerken. Diese werden sich in den nächsten Jahren grundlegend ändern. Der neue Unions-Zollkodex (UZK) trat am 30. Oktober 2013 in Kraft, ist jedoch erst ab dem 01. Mai 2016 anwendbar. Bis dahin müssen die notwendigen Durchführungsvorschriften dazu erlassen werden. Für die Entwicklung der IT-Systeme ist dagegen aufgrund von Übergangsregelungen bis Ende 2020 Zeit. Hintergrund der Modernisierung des Zollrechts ist der zunehmende Einsatz von IT-Technik im Arbeitsumfeld. Die elektronische Zollanmeldung ist mittlerweile die Regel und papiergestützte Anmeldungen zur Ausnahme. Die Gelegenheit wurde auch genutzt, um den aktuellen Zollkodex grundlegend zu überarbeiten.
 
Der neue UZK enthält folgende wesentliche Änderungen im Vergleich zum zurzeit geltenden Zollkodex:
  • Jeglicher elektronische Austausch von Daten, Unterlagen, Entscheidungen und Mitteilungen zwischen den Zollverwaltungen und den Unternehmen sowie die elektronische Speicherung dieser Daten wird die Regel.
  • Das Modell der Zentralen Zollabwicklung stellt eine besondere Form der Abfertigung dar und soll einem Unternehmen auf Antrag die Möglichkeit eröffnen, eine elektronische Zollanmeldung bei der Zollstelle abzugeben, die für den Ort zuständig ist, an dem das Unternehmen ansässig ist unabhängig davon an welchem Ort die Ware eingeführt oder ausgeführt wird. Der Ort der Zollanmeldung wird somit unabhängig vom Ort der Gestellung.
  • Das Modell der einzigen Anlaufstelle (One-Stop-Shop) muss nach dem UZK von den Behörden anstrebt werden. Es sollen alle Kontrollen der Waren, auch von anderen Behörden als den Zollbehörden, an einen Ort und auf einen Zeitpunkt zusammengeführt werden. Diese Kontrollen sollen unabhängig von den jeweiligen Zuständigkeiten der einzelnen Behörden von den Zollbehörden strukturiert und koordiniert organisiert werden.
  • Im Bezug auf den zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten werden die Bewilligungsvoraussetzungen verschärft und die Vorteile ausgeweitet. Neu eingeführte Erleichterungen wie die ermäßigte Sicherheitsleistung beim Zahlungsaufschub oder die Eigenschätzung sind dem zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten vorbehalten. Durch die Eigenschätzung können bestimmte Zollförmlichkeiten und Kontrollen, welche normalerweise vom Zoll ausgeführt werden, vom Unternehmen eigenständig erledigen werden.
  • Es wird der Grundsatz auf rechtliches Gehör eingeführt und die Vorschriften zu Entscheidungen der Zollbehörden vereinheitlicht. Die Zollbehörden müssen auf Antrag im Bezug auf verschiedene Bereiche verbindliche Auskünfte innerhalb von 120 Tagen erteilen.
  • Die Frist gilt auch für verbindliche Zolltarifauskünfte. Diese werden jedoch nur noch 3 Jahre gültig sein.
  • Die bisher acht existierenden Zollverfahren werden mit den fünf zollrechtlichen Bestimmungen zusammengefasst. Zollverfahren sind nun: „Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr”, „besondere Verfahren” und „Ausfuhr”. Es gibt künftig mehrere Arten besonderer Verfahren: Versand (externer und interner Versand), Lagerung (vorübergehende Verwahrung, Zolllager und Freizone), Verwendung (vorübergehende Verwendung und Endverwendung), und Veredelung (aktive und passive Veredelung). Die bisherigen Verfahren werden somit beibehalten und erhalten nur teilweise neue Überschriften. Ferner werden die Regeln für besondere Verfahren (ausgenommen den Versand) weitgehend vereinheitlicht.
  • Es wird das Rückerstattungsverfahren bei der aktiven Veredelung, die Differenzverzollung bei der passiven Veredelung und die Freizone des Kontrolltyps II ersatzlos gestrichen.
  • Eine vorübergehende Verwahrung wird künftig unabhängig von der Beförderungsart 90 Tage lang möglich sein, jedoch nur mit einer Sicherheitsleistung.
  • Künftig wird die Überführung der Ware in ein Zollverfahren mit Abgabe einer Standard-Zollanmeldung, einer vereinfachten Zollanmeldung mit anschließender ergänzenden Zollanmeldung oder durch die Anschreibung in der Buchführung, sofern die Zollbehörden Zugang zu diesen Daten im elektronischen System des Anmelders haben, möglich sein. Auch bei der Anschreibung muss anschließend eine ergänzende Zollanmeldung abgegeben werden. Im Rahmen der Bewilligung zur Anschreibung kann auch eine Gestellungsbefreiung bewilligt werden.
  • Im Zollschuldrecht wird die Überführung in den freien Verkehr der Regeltatbestand und die bisher auf mehre Artikel aufgeteilten Tatbestände der Zollschuldentstehung bei Verstößen werden zusammengefasst. Bei nicht vorsätzlich begangenen Verstößen werden weitere Heilungstatbestände eingeführt, beispielweise ist die Heilung von einfachen leichtfertigen Formverstößen möglich. Eine Zollschuldentstehung ist künftig bei Falschmeldung auch für einen direkten Vertreter möglich.
 
Es bleibt abzuwarten, ob die Europäische Kommission die Umsetzung der erforderlichen elektronischen Systeme bis Ende 2020 bewerkstelligt werden kann. Zuvor ist die Ausgestaltung der Durchführungsvorschriften (delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakten) erforderlich. Mitte Januar wurde ein erster Entwurf dieser Vorschriften öffentlich. Teilweise sind gravierende Änderungen enthalten. Beispielweise wurde im Zollwertrecht die Möglichkeit gestrichen bei Reihengeschäften den Vorerwerbspreis anzumelden (sogenannte Vorerwerbsregel/First Sale). Auch im Bereich des nicht-präferenziellen Ursprungs (auch sogenannter Kammer-Ursprung) erhärten sich die Befürchtungen, dass der Ursprung künftig ähnlich wie im Präferenzrecht anhand von Listenregeln bestimmt werden muss. Unternehmen müssen deswegen den Prozess der Erstellung der Durchführungsvorschriften genau verfolgen, um eine fristgemäße Anpassung ihrer Prozesse, Programme, Daten, Arbeitsanweisungen und die Schulung der Mitarbeiter zu ermöglichen.
 
zuletzt aktualisiert am 07.09.2016

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Ewald Plum

Dipl. Finanzwirt (Zoll), Experte für Zoll-, Verbrauchsteuer- und Außenwirtschaftsrecht

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