Exportkontrolle ist Chefsache: Vorsicht ist besser als Nachsicht

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veröffentlicht am 24. März 2021 | Lesedauer ca. 5 Minuten

von Ewald Plum, Rödl & Partner Stuttgart, und Katja Conradt


Es gibt wenige Bereiche, in denen das Sprichwort „Vorsicht ist besser als Nachsicht” zutreffender ist als im Bereich der Exportkontrolle. Da die Ausfuhr bestimmter Güter und Technologien entweder gänzlich verboten sein kann oder einer vorherigen Genehmigung bedarf, ist große Vorsicht geboten. Bereits der Vertragsabschluss kann mit Gefängnisstrafe geahndet werden und somit nicht nur für die Geschäftsführung und die Verantwortlichen, sondern auch für das Unternehmen sehr empfindliche Konsequenzen in der Nachsicht mit sich bringen.




Allgemeine Informationen zur Exportkontrolle

Der Begriff Exportkontrolle ist selbsterklärend – es wird der Export von Gütern und Technologien kontrolliert.

Dem Grunde nach ist der Export frei, es sei denn es gilt ein Exportverbot (bspw. für Waffen in bestimmte Embargoländer) oder es bedarf einer (Ausfuhr-)Genehmigung im Falle bestimmter Güter, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können - sog. Dual-Use-Güter. Ebenso gelten umfangreiche Meldepflichten im Zahlungs- und Kapitalverkehr (die ebenfalls der Überwachung dienen), wie Z4-Z5-Meldungen gegenüber der Bundesbank bei Zahlungen, die eine Wertgrenze von 12.500 Euro übersteigen.

Die Exportkontrolle zieht sich folglich durch die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens, begin­nend beim Einkauf (Stichwort: US-Ursprungsware, ECCN-Klassifizierung), über die Entwicklung (Stichwort: Technologietransfer und technische Dienstleistungen) bis hin zum Vertrieb und der Logistik.

Verantwortlich für die Einhaltung der Vorschriften (Compliance) im Unternehmen ist die Geschäftsführung sowie die sog. Exportkontrollbeauftragten.


Achtung: Bereits das Versenden einer Auftragsbestätigung ohne Genehmigung kann nicht nur eine Gefängnis­strafe nach sich ziehen sondern auch für das Unternehmen empfindliche Konsequenzen haben (Stichwort: Sanktionsliste), was die Einhaltung der Exportkontrollvorschriften im Unternehmen zur Chefsache macht.


Auf Europäischer Ebene konzentrieren sich die Vorschriften im Bereich der Exportkontrolle im Wesentlichen auf die Europäischen Embargo-Verordnungen und die EG-Dual-Use-Verordnung, die EU-Anti-Folterverordnung sowie das Chemiewaffen Übereinkommen. In Deutschland sind das Außenwirtschaftsgesetz und die Außen­wirtschaftsverordnung maßgeblich.

Ganz aktuell ist im Dezember 2020 die Novellierung der EG-Dual-Use-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 428/2009) verabschiedet worden. Die aus dem Jahr 2009 stammende Vorschrift ist damit an die neuen technischen und politischen Entwicklungen angepasst worden. Insbesondere wurden neue, striktere Kontroll­vorschriften für das Ausführen bestimmte Abwehr und Überwachungstechniken eingeführt.


Dual-Use-Güter

Im Bereich der Exportkontrolle geht es nicht nur um die Kontrolle von Kriegswaffen und Rüstungsgütern, wie oftmals angenommen wird, sondern auch um den weitaus verbreiteteren Export der sog. Güter mit doppeltem Verwendungszweck („Dual-Use-Güter”).

Als solche Güter können z.B. Werkzeugmaschinen, elektronische integrierte Schaltungen, elektrotechnische Produkte für die Luft- und Raumfahrt, Software (Encryption- Technologie) oder ABC-Schutzausrüstung, Dämpfungs- oder Flotationsflüssigkeiten, etc. eingestuft werden.


Achtung: Außerdem kann neben dem klassischen Fall eines Warenexports auch ein Technologietransfer oder eine technische Unterstützungsleistung in Form der Weitergabe von Know-how genehmigungspflichtig sein – und das nicht nur im Falle einer elektronischen Übertragung, sondern bereits auch bei einem mündlichen Austausch.


Aufgrund des doppelten Verwendungszwecks ist der Export von potenziellen Dual-Use-Gütern in Länder außerhalb der Europäischen Union ohne Genehmigung grundsätzlich verboten und im Falle des Verstoßes strafbewehrt. Das ergibt sich entweder aus dem europäischen Recht (Art. 3 der EU-Dual-Use-Verordnung) oder aus dem deutschen, nationalen Recht (§ 8 Außenwirtschaftsverordnung).

Die Lieferung von Dual-Use-Gütern innerhalb der Europäischen Union ist grundsätzlich frei.


Aber: Keine Regel ohne Ausnahme!

Vom Grundsatz ausgenommen sind nur ganz bestimmte Güter der Dual-Use-VO, deren innergemeinschaftliche Lieferungen ebenfalls genehmigungspflichtig sind. Darüber hinaus ist eine Lieferung von Dual-Use-Gütern, wie sie die deutsche Außenwirtschaftsverordnung definiert, dann genehmigungspflichtig, wenn der Hersteller oder Lieferant Kenntnis darüber hat, dass das endgültige Bestimmungsziel außerhalb der EU liegt.


Wichtig: Das endgültige Bestimmungsland und die Kenntnis darüber sind entscheidend.


Beantragung einer Ausfuhrgenehmigung in Deutschland

Eine Ausfuhrgenehmigung kann nur der Ausführer des konkreten Ausfuhrvorgangs beantragen. Ausfuhr­genehmigungs­anträge sind in Deutschland online über das sog. ELAN-K2-System (Elektronische Antrags­erfassung und Kommunikation) zu stellen. Zusätzlich sind oftmals weitere Dokumente wie Endverbleibs­er­klärungen beizufügen.

Die Antragsdokumente dienen dazu,

  • den Endempfänger,
  • den Endverbleib und
  • den Verwendungszweck der Produkte


näher zu bestimmen und gegenüber dem BAFA nachzuweisen.


Wichtig: Es gibt verschiedene Arten von Ausfuhrgenehmigungen und Unternehmen können diverse Erleichterungen nutzen.


Eine Einzelausfuhrgenehmigung ist auf ein konkretes Ausfuhrvorhaben beschränkt. Eine Höchstbetrags­genehmi­gung erlaubt eine Vielzahl von Ausfuhrlieferungen eines Ausführers bis zu einem bestimmten Betrag an einen Empfänger. Sie stellt eine Sonderform der Einzelausfuhrgenehmigung dar. Allgemeine Geneh­mi­gungen wiederum gestatten die Ausfuhr des dem Grunde nach genehmigungspflichtigen Vorgangs, ohne dass für das konkrete Ausfuhrvorhaben ein individuelles Genehmigungsverfahren erforderlich wäre. So kann z.B. die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern mit Ausnahme der Güter des Anhang IIg in bestimmte Länder wie Japan, Kanada, USA, Norwegen, die Schweiz oder UK mithilfe einer Allgemeingenehmigung erfolgen. Die Inanspruchnahme einer Allgemeingenehmigung löst bestimmte Registrierungs- und Meldepflichten gegenüber dem BAFA aus.


Wichtig: Es gibt die Möglichkeit, eine sogenannte Auskunft zur Güterliste beim BAFA zu beantragen (AzG). Es prüft das BAFA, ob die Ware in einer der Güterlisten aufgeführt ist. Die Auskunft zur Güterliste stellt ein verbindliches warenbezogenes technisches Gutachten dar und bezieht sich dementsprechend nur auf die dort bezeichnete Ware.


Dazu kann entweder mit einer speziellen Software gearbeitet oder das Ergebnis der Prüfung der Artikel auf Ebene der Stammdatenverwaltung im Warenwirtschaftssystem dokumentiert werden. Erfahrungsgemäß sind die verschiedenen Softwaresysteme leider häufig nicht optimal miteinander verzahnt, wodurch Lücken entstehen.


Wichtig: Zur Vermeidung von Sanktionen ist Stammdatenpflege und eine saubere Dokumentation das A und O der Exportkontrolle.


US-Exportkontrollrecht und Chinesisches Exportkontrollrecht

Das US-(Re)-Exportkontrollrecht ist für seine extraterritoriale (weltweite) Anwendung bekannt: Bereits die Verwendung von US-Ursprungswaren, die Zahlung in US-Dollarn oder gesellschaftsrechtliche Verknüpfungen in die USA können einen Bezug zum US-Recht darstellen und Unternehmen aus Deutschland dazu verpflich­ten, ihre Waren nach dem US-Exportkontrollrecht zu klassifizieren (Stichwort: ECCN - Export Control Classification Number) und ggfs. eine Genehmigung beim BIS (Bureau of Industry and Security) einzuholen.

Verstöße gegen das US-Exportkontrollrecht können insofern sehr empfindlich sein, als dass das Unternehmen oder Personen aus dem Unternehmen sich plötzlich auf einer Sanktionsliste der USA wiederfinden können (Denied Persons List – DPL, Entity List – EL, Unverified List – UL).


Achtung: Mit dem, der auf der Liste steht, dürfen im Zweifel keine Geschäfte mehr gemacht werden. Aufgrund der extraterritorialen Anwendung des US-Exportkontrollrechtes kann das unmittelbare Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette des Unternehmens haben, sprich auf Lieferanten- und Kundenebene.


Seit dem 1. Dezember 2020 gilt auch in der Volksrepublik China ein Exportkontrollgesetz, das sowohl den Transfer von kontrollierten Waren aus dem chinesischen Territorium als auch die Bereitstellung kontrollierter Waren durch chinesische Staatsangehörige, juristische Personen oder andere Organisationen an ausländische natürliche oder juristische Personen oder andere Organisationen umfasst. Ebenso hat China eine Sanktions­liste („Unreliable Entity List”) eingeführt.


Achtung: Der Verstoß gegen chinesisches Exportkontrollrecht kann mit einem bis zu fünfjährigen Exportverbot geahndet werden, was wiederum sehr empfindliche Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette des Unternehmens haben kann.


Fazit

Exportkontrolle geht mit der Globalisierung des internationalen Handels einher und wird von Jahr zu Jahr komplexer. Sie betrifft längst nicht nur die Logistik, sondern zieht sich durch die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens vom Einkauf bis hin zum Vertrieb: Folglich ist Exportkontrolle Chefsache.

Es muss im Unternehmen ein Verständnis für die Notwendigkeit der Exportkontrolle vorhanden sein und ein funktionierendes (revisionssicheres) Compliance-System aufgebaut werden um in einer immer komplexer werdenden Welt nachhaltig erfolgreich zu bleiben.


Best Practice

Die EU hat dazu Leitlinien (Empfehlung (EU) 2019/1318 DER KOMMISSION vom 30. Juli 2019 - Best practice Ansatz) veröffentlicht. Insbesondere das in Deutschland für die Exportkontrolle zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) legt diese Leitlinien für die Bewilligung möglicher vereinfachten Ausfuhrgenehmigungen zugrunde.

Neben personellen Mitteln sind klare Prozesse und Zuständigkeiten zwingend notwendig. Nur so kann Export­kontrolle wirksam und ohne Verschwendung unnötiger Ressourcen durchgeführt werden.

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Ewald Plum

Dipl. Finanzwirt (Zoll), Experte für Zoll-, Verbrauchsteuer- und Außenwirtschaftsrecht

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