FM-3D und FM-Recht an der TH Nürnberg und am praktischen Anwendungsbeispiel

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​veröffentlicht am 13. Mai 2015

 

Der nachfolgende Artikel knüpft an den vorhergehenden Beitrag „Recht im FM: Eine Standortbestimmung mit Ausblick auf 2015” (in Fokus Immobilien Februar 2015) an und erläutert die Anwendung von FM-3D und FM-Recht am Beispiel von Trinkwasser-Installationen.
 

Anlass für FM-3D: FM-Masterstudiengang an der TH Nürnberg

Das FM-3D Prozessmodell (siehe Abb. 4) wurde 2012/2013 ursprünglich für die Hochschullehre, konkret den FM-Masterstudiengang an der Technischen Hochschule Nürnberg, entwickelt. Ausgangssituation war die Konstellation eines Studiengangs mit 20 Dozenten, davon 15 externen Lehrbeauftragten, die jeder ihr eigenes facilitäres Weltbild und damit divergente Lehrmeinungen vertreten. Die gegenseitige inhaltliche Abstimmung zwischen den Dozenten und damit auch den Lehrinhalten und der Skripte erwies sich als schwierig, der Studiengang war (und ist derzeit noch) stark in die einzelnen Vorlesungen fragmentiert, ein sichtbarer roter Faden durch den gesamten Studiengang mit deutlich erkennbarer Verzahnung der einzelnen Vorlesungen ist aus Sicht der Autoren nicht gegeben.
 
Eine gemeinsame inhaltliche Orientierung an einem Managementmodell sollte helfen. Ein Masterplan für den Masterstudiengang gewissermaßen, wobei dafür die bisher bekannten und publizierten Modelle für sich alleine genommen nicht als geeignet erschienen. Daher wurden verschiedene Modelle wie folgt miteinander kombiniert:
 

Modell 1: PDCA-Zyklus

Das Modell des PDCA-Zyklus hat sich als ein Grundmodell eines prozessorientierten Problemlösungsansatzes durchgesetzt und bewährt.
 


Abb. 1: PDCA-Zyklus (Quelle: Wikipedia)

 

Er ist heute u.a. in den Management-Systemnormen ISO 9001, 14001 ff. zu finden.
 

Modell 2: FM-Modell EN 15221

Das FM-Modell der EN 15221 zeichnet sich durch mehrere Handlungsebenen aus, auf denen die beteiligten Parteien miteinander interagieren:


 
Abb. 2: FM-Modell aus EN 15221
 

Modell 3: GEFMA 100

Aus dem GEFMA-Modell wird die Lebenszyklusorientierung übernommen, die als wesentlich für das Verständnis des Zusammenhangs zwischen Planung, Errichtung und Betrieb sowie für die Nachhaltigkeit gilt.
 


Abb. 3: Lebenszyklusphasen mit FM-Hauptprozessen aus GEFMA 100
Ergebnis der Kombination (Zum Vergrößern bitte anklicken)
 

Das FM-3D Prozessmodell kombiniert nun die wichtigsten Merkmale der drei vorgenannten Einzelmodelle:

  • Die Abfolge der Prozessschritte Plan-Do-Check-Act in jedem FM-Haupt- oder -Teilprozess,
  • die (nun fünf) Handlungsebenen mit den beteiligten Parteien (inkl. Gesetz-/Normgeber und Behörden, wodurch das FM-Recht eine starke Berücksichtigung findet) und
  • die zeitliche Abfolge chronologisch nacheinander durchlaufener Prozesse in den einzelnen Lebenszyklusphasen (LzPh.).

 


Abb. 4: FM-3D Prozessmodell

 
Durch die Anordnung von mehreren PDCA-Zyklen in einer Gesamt-Prozess-Kette entlang des Lebenszyklus gelingt es nun auch besser darzustellen, dass die Ergebnisse (der Output) der Prozesse in der LzPh. 1 Konzeption gleichzeitig Eingangsvoraussetzungen (Input) der LzPh. 2 Planung sind, die Ergebnisse der Planung wiederum Input der Errichtung, deren Ergebnisse wiederum Input des Betriebs und so fort.
 
Dies gilt gleichermaßen, wenn die LzPh. in ihre Hauptprozesse zerlegt werden, z.B. die LzPh. 2 Planung in die einzelnen Planungsphasen nach HOAI.
 

Anwendungsbeispiel: Trinkwasser-Installation

Was zunächst abstrakt, theoretisch und wissenschaftlich erscheinen mag, erschließt seinen praktischen Nutzen recht schnell anhand eines Anwendungsbeispiels, hier gewählt die Trinkwasser-Installation in einem Gebäude:
 
Die Prozesskette beginnt in der LzPh. 1 Konzeption und der obersten normativen Handlungsebene. Hier finden sich die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) sowie für die Durchführung die DIN 18205 Bedarfsplanung im Bauwesen und das Leistungsbild des § 55 Technische Ausrüstung, Leistungsphase 1 Grundlagenermittlung nach HOAI. Unter Einbeziehung dieser normativen Bestimmungen werden aus den Nutzeranforderungen erste Ergebnisse erarbeitet: Ein Bedarfsplan/Lastenheft für die Trinkwasser-Installation, die als Input für die anschließende Planung dienen.
 
In der LzPh. 2 Planung kommen auf der normativen Ebene nun zahlreiche weitere zu beachtende Normen und Richtlinien u.a. aus der Reihe DIN 1988-100ff, EN 806-1ff, EN 1717, DVGW W 551 und 553, VDI 2050-2 und VDI/DVGW 6023 hinzu. Die Planung erfolgt nach den Leistungsbildern der HOAI-Leistungsphasen 2 bis 5 (Vorplanung bis Ausführungsplanung). In jeder Planungsphase entstehen Ergebnisse und Dokumente, die in die jeweils nächste Phase bzw. in den Baugenehmigungsantrag einfließen. Durch die Baugenehmigung mit etwaigen Auflagen und Nebenbestimmungen bzgl. der Trinkwasser-Installation tritt auch die Behördenebene auf den Plan.
 
Es schließen sich die Vorbereitung und die Mitwirkung bei der Vergabe der Aufträge für die Errichtung an (LPH 6+7 HOAI). Zusätzlich zu beachten sind hierfür die Bestimmungen des Vergaberechts. Wichtige Ergebnisdokumente sind die Vergabe-/Ausschreibungsunterlagen, die einzelnen Angebote, der Preisspiegel, der Vergabevorschlag, schließlich der Zuschlag und die Dokumentation der Vergabe.
 
Die LzPh. 3 Errichtung startet mit der Übergabe der finalen Planungsergebnisse an die ausführende Firma, auf deren Grundlage die Werk-/Montageplanung erstellt wird. In dieser LzPh. gelten für die Ausführung wiederum zusätzliche Regelwerke, wie die DIN 18381 (VOB/C ATV) oder diverse Fachinformationen der Fachverbände ZVSHK und BTGA (früher BHKS). Für die parallel stattfindende Objekt-/Bauüberwachung gilt das Leistungsbild der Leistungsphase 8 HOAI.
 
Nach der Fertigstellung der Installation erfolgen eine Dichtheitsprüfung und Hygiene-Erstinspektion, die Behebung etwaiger Fehler, Befüllung der Anlage mit Wasser und Anmeldung zur Abnahme. Bis zur Abnahme hat die Übergabe der Anlagendokumentation (Revisionsunterlagen) und die Einweisung des Bedienungs- und Wartungspersonals zu erfolgen, ebenfalls festgelegt in DIN 18381 (VOB/C ATV).
 
Die aktuell bestehenden Planungs- und Ausführungsregeln für die Trinkwasser-Installation zeigen nicht nur, wie neue Anlagen richtig zu planen und auszuführen sind, sondern auch, welche z.T. erheblichen Änderungen gegenüber früher gängigen Ausführungen bestehen. Sei es bei der Trennung von Trinkwasser- und Löschwassersystemen, bei der Dimensionierung von Anlagen und Anlagenteilen, der Rohrleitungsführung zwecks Vermeidung von Stagnation, den Werkstoffen und vielen andern Punkten mehr. Bei einigen Änderungen dieser anerkannten Regeln der Technik kann Bestandsschutz geltend gemacht werden, nicht jedoch, wenn die Gesundheit der Nutzer gefährdet ist.
 
In der LzPh. 6 Betrieb und Nutzung gelten zusätzlich wiederum einschlägige Regelwerke, z.B. VDI 3810-2 und – soweit beauftragt – die Leistungsphase 9 Objektbetreuung der HOAI. Regelmäßig durchzuführen sind Beprobungen nach §§ 14 u. 15 TrinkwV, die sich z.B. nach DVGW W 551 in orientierende und ggf. weiterführende Untersuchungen aufteilen lassen. Es bestehen je nach Ergebnis der Untersuchungen abgestufte Handlungspflichten (von der Erstellung einer Gefährdungsanalyse über die Desinfektion bis hin zur Anlagensanierung) sowie Anzeigepflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde (meist Gesundheitsamt) mit der Möglichkeit behördlicher Anordnungen und Nutzungsuntersagungen (z.B. Duschverbote für Nutzer, auch über Monate hinweg, vgl. Donaucenter Ulm).
 
Daneben erfolgt die Instandhaltung der Trinkwasser-Installation z.B. nach den Angaben der VDMA 24186-6 oder AMEV Wartung 2014.
 

Vorteile der Darstellung nach FM-3D

Die Darstellung nach FM-3D zeigt folgende Vorteile:
  • In jeder LzPh. und jedem FM-Hauptprozess lassen sich die einschlägigen Regelwerke identifizieren und Prozessen zuordnen.
  • Die Rolle der Behörden als Genehmigungs- und/oder Aufsichtsbehörde wird deutlicher.
  • Die Abhängigkeit der Prozesse untereinander in ihrer zeitlichen Abfolge wird klarer. Es lassen sich z.B. Dokumente als Ergebnis eines Prozesses klar identifizieren, die als Input für die nachfolgenden Prozesse benötigt werden.
  • In der Summe der Dokumente über die einzelnen LzPh. hinweg lässt sich so durchgängig für jedes Gewerk eine Lebenslaufakte erstellen.
  • In der Summe der Lebenslaufakten aller Gewerke entsteht eine Übersicht über die erforderlichen Daten für ein Building Information Modeling (BIM).

 

Die vorgenannten Überlegungen am gewählten Anwendungsbeispiel wurden auf einem Schaubild in DIN A1 dargestellt, das im Internet kostenlos heruntergeladen werden kann.
Abb. 5: FM-3D: Prozess- und Datenmodell (Anwendungsbeispiel Trinkwasser-Installation) (Original in DIN A1 zum Download)

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