Aus der Praxis: Rechtsberatung im Mietrecht

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In unserer mietrechtlichen Beratung berichten uns Mandanten in den Erstgesprächen leider allzu oft über hoffnungslos verfahrene Situationen mit zerstrittenen Vertragsparteien und unsachlich geführten sowie emotional aufgeheizten Auseinandersetzungen. Der Grund hierfür liegt – sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite – in fast allen Fällen immer wieder in der fehlerhaften und nicht sorgfältigen Vorbereitung von Mietverträgen, insbesondere wegen der Auswahl und Anpassung von unzureichenden
Vertragsmustern. Dies endet zumeist in gerichtlichen Auseinandersetzungen, die zum einen das Vertrauensverhältnis der Vertragspartner restlos zerstören und mangels ausreichender Beweise oftmals nur in einem Vergleich enden. Dabei hätte eine Beratung im
Rahmen der Vertragsanbahnung den Rechtsverlust auf Aktiv- als auch auf Passivseite vermeiden können. Hierzu drei Beispiele aus
unserer täglichen Praxis:

​1. Wohnungs-/Teileigentum und Betriebskosten

Nicht selbstnutzende Wohnungs- und Teileigentümer sind von
der Rechtsordnung vor ein Sonderproblem gestellt, das in aller
Regel bei fehlender Beratung zum Tragen kommt. Wohnungseigentümer müssen auch dann, wenn sie selbst eine Abrechnung über die Bewirtschaftungskosten vom Verwalter erhalten,
eine Umlagevereinbarung mit dem Mieter treffen. Fehler wiegen
hier besonders schwer:

 

Der Vermieter V vermietet seine Wohnung an den Mieter M unter
Verwendung eines Formularmietvertrages aus dem Handel. Zur Abrechnung über die Betriebskosten vereinbaren die Parteien handschriftlich: „Abrechnung wie Hausverwaltung”. Der Mieter M zahlt
seine Abrechnung mit einem Nachzahlungsbetrag von 1.500 Euro
unter Berufung auf einen Mangel der Abrechnung nicht. Er ist der
Meinung, V müsse nach Fläche abrechnen. V hatte die Abrechnung
der Hausverwaltung, die ihn für den Zeitraum 1. Januar 2014 –

31. Dezember 2014 am 15. Juni 2015 erreicht hatte, noch „rechtzeitig” vor den Feiertagen und seinem Urlaub am 22. Dezember
2015 bei M abgegeben. V korrigiert nach anwaltlicher Beratung
die Abrechnung und stellt die Abrechnung bei der Anwendung
des Umlageschlüssels von „Miteigentumsanteil” auf „Fläche” um.
Die Nachzahlung beträgt nun aufgrund des geänderten Umlageschlüssels nur noch 260 Euro.

 

Die Abrechnung des Verwalters gegenüber den Miteigentümern
erfolgt nach den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung. Regelt diese nichts, sind die Kosten nach Miteigentumsanteilen zu verteilen, § 16 WEG. Folglich rechnet der Verwalter die Betriebskosten an V nach Miteigentumsanteilen ab. Die zwar handschriftliche, aber als formularmietvertragliche Regelung zu qualifizierende Vereinbarung zwischen V und M ist zu unbestimmt und damit unwirksam. Folge ist, dass V die Betriebskosten dem M nicht nach Miteigentumsanteilen, sondern zwingend nach Wohnfläche abrechnen muss, § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB. Das erfuhr V aber erst anlässlich der anwaltlichen Beratung im Januar 2016, also nach Ablauf des Abrechnungszeitraumes. Nach dem Urteil des BGH vom 17. November 2004 – Az.: VIII ZR 115/04 stellt die fehlerhafte Abrechnung nach Miteigentumsanteilen glücklicherweise keinen formellen Mangel der
Abrechnung dar. Wäre das der Fall, müsste M keine Nachzahlung
leisten und könnte wegen Verpassens der Abrechnungsfrist den V erfolgreich auf Rückzahlung aller Vorauszahlungen verklagen. V kann nun von M lediglich 260 Euro nach Korrektur seiner Abrechnung verlangen.

 

V hätte den Verlust von 1240 Euro leicht vermeiden können. Hätte er sich bei Abschluss des Vertrages beraten lassen, hätte er sowohl die Gleichschaltung der Abrechnung des Verwalters mit seiner Abrechnung dem M gegenüber vollständig erreichen können als auch die Information erhalten, nicht zu lange mit der Abrechnung an M abzuwarten. Übrigens kann sich M auch dann, wenn er 20 Jahre lang die Betriebskosten mit fehlerhaftem Umlageschlüssel zahlte, beim 21. Mal auf die Korrektur berufen (BGH, Urteil v. 13.2.2008, Az.: VIII ZR 14/06). 

 

2. Mietvertrag und Ausschluss der Vermieterhaftung

Immer wieder liegen uns Mietverträge vor, die die Parteien selbst „zusammengebastelt” haben, im Glauben daran, dass man unter Unternehmern weitläufig vom gesetzlichen Leitbild abweichen kann. Dem ist nicht so. Auch im „b2b-Bereich” gilt, dass mit vorgefertigten Vertragsregelungen (z.B. aus dem Internet) nicht zulässig vom gesetzlichen Leitbild abgewichen werden kann. Häufig werden dabei auch wesentliche, aber zulässige Abweichungen ausgelassen.

 

Das Grundstück des V liegt an einem Hang. Auf dem Grundstück in der Nähe zum Hang steht eine Halle, die V an M zum Betrieb eines Lebensmittelgeschäftes vermietet. Im benachbarten Hang liegt schon seit Jahren eine defekte Abwasserleitung, die anlässlich eines Starkregenereignisses platzt und den Hang aushöhlt. Dieser rutscht ab und in das Gebäude des V hinein. M muss daraufhin schließen und Ware im Wert mehrerer tausend Euro vernichten. M verlangt das Geld und Schadensersatz von V in Millionenhöhe.

 

Für anfängliche Mängel der Mietsache, wie hier, haftet V 

verschuldensunabhängig. Diese Haftung kann er im Mietvertrag
zulässig ausschließen. Gelingt ihm dies nicht oder vergisst er das
in seinem Vertrag, greift die gesetzliche Haftung. Im schlechtesten
Fall beruft sich die Versicherung des V und die des Nachbarn auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach deren Haftung wegen des Wetterereignisses ggf. ausgeschlossen ist. V sieht sich einer großen Schadensersatzforderung gegenüber. Auch dieser Fall wäre leicht zu vermeiden gewesen, hätte V die Beratung bei einem Fachmann aufgesucht.

 

3. Mietvertrag und Sanierungsgebiet

Nicht selten liegen gewerblich genutzte Immobilien in einem Gebiet, das die Gemeinde einer Sanierungssatzung unterworfen hat. Die Gemeinde kann ein Gebiet, in dem eine städtebauliche
Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden soll, durch Beschluss förmlich als Sanierungsgebiet festlegen. Die städtebauliche Erneuerung verfolgt dabei das Ziel, das überkommene bauliche Erbe zu bewahren, die Wohn- und Arbeitsbedingungen in der gebauten Umwelt zu verbessern und den Strukturwandel der gewerblichen Wirtschaft und der Landwirtschaft durch städtebauliche Maßnahmen zu begleiten.

 

In einem solchen Gebiet liegt die Immobilie des Gemeinderates V.
Endlich hat er einen Mieter M – einen Spielhallenbetreiber – gefunden.
V schließt mit M einen Mietvertrag zum ausschließlichen Betrieb als Spielhalle über 10 Jahre mit zweifacher Verlängerungs-Option um 5 Jahre ab. Nach einem Jahr stellt die Gemeinde eine
Sanierungsgebietssatzung auf, Spielhallen sind nun unzulässig.
M möchte den Mietvertrag nach 10 Jahren verlängern.

 

Mietverträge, die auf bestimmte Zeit und länger als 1 Jahr andauern,
sind nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 BauGB durch die Gemeinde zu genehmigen. Das gilt auch für die Optionsausübung. Die Gemeinde wird also die Genehmigung versagen müssen und auf eine Beendigung des dann baurechtswidrigen Zustandes hinwirken. V sitzt somit in der selbst gegrabenen Grube. Dabei hätte er bei Inanspruchnahme von Beratung dieses Szenario verhindern können. Eine genehmigungspflichtige Option hätte nämlich vermieden werden können, indem V mit M eine 30-jährige Festmietzeit vereinbart hätte und dem M revolvierend immer z.B. nach 5 Jahren, erstmalig nach 10 Jahren Mietdauer, ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt hätte.

 

Fazit

Alle drei Fallkonstellationen zeigen, dass eine Beratung vor oder bei Entstehen der Vertragsverhältnisse nicht nur sinnvoll, sondern im Hinblick auf die eintretenden wirtschaftlichen Folgen sogar geboten gewesen wäre. Dabei steht der wirtschaftliche Einsatz für diese Beratung meist in keinem Verhältnis zu dem eintretenden Schaden. Zwar lässt sich durch geschickte Beratung im Schadensfalle einiges „heilen”, eine Vermeidung von Rechtsverlust und wirtschaftlichem Schaden ist dann aber kaum noch möglich.

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Andreas Griebel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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