Der „Winterdienstvertrag“

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veröffentlicht am 02. September 2013
Bei der Bewirtschaftung von Gebäuden verursachen Reinigungs-, sowie Räum- und Streuleistungen im Winter und die damit verbundenen Verkehrssicherungspflichten besonders hohe Kosten. Aufgrund der praktischen und auch finanziellen Bedeutung dieser Leistungen rücken vermehrt Fragen der Vertragsgestaltung und der Vertragsauslegung in den Fokus.
Das Urteil des BGH macht deutlich, dass bei der Gestaltung von (Winter-)Reinigungsverträgen ein relativ weiter Spielraum besteht und im Einzelfall zu entscheiden ist, ob ein Werk- oder Dienstleistungsvertrag vorliegt. Es empfiehlt sich, um Streitigkeiten, insbesondere über die Rechtsnatur und über Fälligkeitsvoraussetzungen der vereinbarten Vergütung, zu verhindern, ein besonderes Augenmerk auf eine unmissverständliche Vertragsgestaltung zu richten.
Die Frage nach der rechtlichen Einordnung des Winterdienstvertrags wurde in der Vergangenheit von den Instanzengerichten unterschiedlich beurteilt. Mit Urteil vom 6. Juni 2013 hat das höchste deutsche Gericht, der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung zum Winterdienstvertrag getroffen. Der BGH hat sich mit der Frage befasst, ob ein Winterdienstvertrag dem Werkvertragsrecht oder dem Dienstvertragsrecht unterliegt und wann die Fälligkeitsvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs vorliegen. Die Unterscheidung zwischen Dienstleistungs- und Werkvertrag ist nicht lediglich dogmatischer Natur, die Einordnung hat vielmehr auch erhebliche praktische Konsequenzen. So ist bei Dienstleistungen die Tätigkeit an sich geschuldet, bei Werkleistungen dagegen ein vereinbarter Erfolg. Ferner unterliegen Dienstleistungen einem anderen Leistungsstörungsrecht als Werkleistungen. Die Rechte und Pflichten im Fall von Mängeln oder Schlechtleistungen unterscheiden sich dabei zum Teil ganz erheblich. Urteil des BGH lag folgender Fall zugrunde:

Sachverhalt

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, der Eigentümer eines Hausgrundstücks ist, Restvergütung aufgrund eines sogenannten „Reinigungsvertrages Winterdienst”. Die Klägerin hatte sich vertraglich verpflichtet, während der Zeit vom 1. November des Jahres bis zum 30. April des Folgejahres die vereinbarten Flächen gemäß den Pflichten des Straßenreinigungsgesetzes des Bundeslandes bzw. der kommunalen Satzung von Schnee freizuhalten und bei Glätte zu bestreuen. Der Beklagte hat eingewandt, dass die Klägerin die vereinbarte Leistung an näher bezeichneten Tagen nicht vollständig erbracht habe und hat einen Teil der vereinbarten Vergütung einbehalten. 
 

Die Entscheidung des BGH

Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten hat der BGH das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Der BGH hat ausgeführt, dass die Parteien einen Werkvertrag geschlossen haben. Gegenstand eines Werkvertrags kann auch ein durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB). 
 
Das Gericht hat erläutert, dass es sich bei einem Winterdienstvertrag nicht lediglich um einen Reinigungsvertrag mit sog. Überwachungspflichten (Überwachung des Wetters) handele, sondern vielmehr die im Vertrag konkret vereinbarten Flächen von Eisschnee und Glätte freizuhalten seien. Das Gericht hat bei seiner Beurteilung der Rechtsnatur des Vertrags insbesondere angeführt, dass für die Einordung des Vertrags mit werkvertraglichem Charakter spricht, dass der Auftragnehmer einen Erfolg schuldet und zwar unter Übernahme der Pflichten des Straßenreinigungsgesetzes die vereinbarten Flächen von Schnee- und Eisglätte „freizuhalten”. Danach sei ein bestimmtes Arbeitsergebnis geschuldet.
 
Der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Vergütung nicht nach aufgewendeter Zeit, sondern nach der Leistung berechnet worden sei, spreche ebenfalls nicht gegen den werkvertraglichen Charakter der Leistungsbeziehung. 
 
Im Zusammenhang mit Winterdienstverträgen spielt auch immer wieder die Frage nach der „Abnahmefähigkeit” der Leistungen eine Rolle. Das OLG Brandenburg (Urteil vom 4. Oktober 2012 – 12 U 39/12) hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wie es zu werten ist, dass die werkvertraglichen Leistungen nicht abgenommen worden sind, was ja grds. eine Fälligkeitsvoraussetzung für den Vergütungsanspruch im Werkvertragsrecht ist. Das Gericht führt aus, dass jedoch gerade bei Winterdienstarbeiten eine (monatliche) Abnahme kaum praktikabel durchzuführen und deswegen unüblich sei sowie nach der Verkehrsauffassung auch nicht erwartet werde. Gemäß § 646 BGB trete an die Stelle der Abnahme damit die Vollendung des Werkes, also die vollständige Fertigstellung der geschuldeten Leistung. Eine werkvertragliche Abnahme ist insofern nicht erforderlich und keine Fälligkeitsvoraussetzung.

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Klaus Forster, LL.M.

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