Die Beschaffung von Facility Services – Die neue GEFMA 500 als Orientierungshilfe

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veröffentlicht am 05. Februar 2020

 

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5% des BIPsKnapp 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bzw. 112 Mrd. Bruttowertschöpfung in der Bundesrepublik werden der Facility Management Branche zugeordnet. Wesentliche Teile davon sind die Facility Services, also die Erbringung operativer Leistungen in Immobilien. Die Beschaffung dieser Leistungen hat damit nicht nur regelmäßig für den einzelnen Auftraggeber eine hohe Relevanz, sondern auch eine nicht zu unterschätzende gesamtwirtschaftliche Bedeutung. Es erscheint daher folgerichtig, dass sich der Branchenverband GEFMA im Rahmen seiner Richtlinienarbeit jetzt diesem Thema unter der Überschrift „Beschaffung von Facility Services in Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung” eingehender widmet. Die neue GEFMA-Richtlinie 500 bietet dabei den Einstieg in Grundsätze der Beschaffung, definiert Begriffe und Beteiligte und beschreibt anschaulich die einzelnen Schritte einer empfohlenen Vorgehensweise. Der Beitrag stellt die Richtlinie vor und geht dabei insbesondere auf ausgewählte Grundsätze der Beschaffung ein.

 

Immobilieneigentümer oder -nutzer schreiben in mehrjährigem Turnus umfangreich Facility Services aus. In Abhängigkeit vom Portfolio, der Priorisierung innerhalb der Auftraggeberorganisation oder der Leistungsfähigkeit der eigenen FM-Abteilung wird dieser Prozess mehr oder weniger stringent umgesetzt. Die Vorbereitung einer solchen Beschaffung dauert häufig sehr lang und bindet umfangreiche Ressourcen. Das ist grundsätzlich gerechtfertigt, weil die Auslagerung von Facility Services komplex ist, insbesondere wenn man Themen wie Compliance, eine partnerschaftliche Zusammenarbeit oder gar die damit verbundene gesellschaftliche Verantwortung ernst nimmt. Viele Aspekte und Fragestellungen sowohl übergeordneter Natur, als auch sehr individuelle Themen müssen berücksichtigt werden, wenn eine zufriedenstellende Zusammenarbeit mit dem beauftragten Dienstleister sichergestellt werden soll. Aufgrund der regelmäßig nur in mehrjährigem Abstand anstehenden Beschaffung müssen diese Fragestellungen meist neben dem Tagesgeschäft besprochen und koordiniert werden. Externe Berater, zu deren Tagesgeschäft die Beschaffung gehört, verlassen sich häufig auf vorhandene Standards, hinterfragen die „bewährten” Formulierungen kaum und passen sie häufig nur bedingt an den individuellen Bedarf des jeweiligen Auftraggebers an. Dadurch werden erhebliche Chancen ausgelassen.

 

Die GEFMA-Richtlinie 500 setzt sich zum Ziel, Auftraggebern einen Anstoß und eine erste Orientierung zu geben, um die Chancen, die mit der Beschaffung von Facility Services verbunden sind, besser zu nutzen. Sie setzt Impulse, die in teilweise bereits bestehenden oder in geplanten zusätzlichen Richtlinien der GEFMA vertieft werden (z. B. im Bereich Rechtskonformität oder Nachhaltigkeit). Dabei baut sie auf einer Reihe von Grundsätzen der Beschaffung auf, von denen nachfolgend auf 3 besonders eingegangen werden soll.

 

GRUNDSATZ DER RECHTSKONFORMITÄT

Grafik RichterhammerEin wichtiger Grundsatz ist der Grundsatz der Rechtskonformität, den die Richtlinie an den Anfang ihres Kapitels über die Grundsätze der Beschaffung stellt. Dieses Thema hat in den letzten Jahren die Branche unter dem Stichwort „Betreiberverantwortung” sehr stark geprägt. Was seit der Veröffentlichung der GEFMA 190 vor inzwischen 16 Jahren langsam ins Bewusstsein der Branche gerückt ist, hat inzwischen eine Dynamik erreicht, die zum Teil eigenartige Blüten treibt und je nach Interessenlage sowohl aufseiten der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer stark instrumentalisiert wird. Der gesunde Menschenverstand bleibt dabei manchmal auf der Strecke und vernebelt etwas die Sicht auf wesentliche Fragen wie Ressourcenschonung oder Effizienz und Effektivität. Die Gründe für diese Entwicklung sind durchaus nachvollziehbar. Es ist urmenschlich, dass Unsicherheit diffuse irrationale Ängste entstehen lässt und diese objektiv übertriebene „Schutzreaktionen” auslösen. Gleichzeitig sind dabei aber auch attraktive Geschäftsmodelle entstanden, deren Nutzen bezweifelt werden kann. Das macht es umso wichtiger, dass einmal Eingeführtes immer wieder hinterfragt und am Bedarf und der aktuellen Rechtslage entlang weiterentwickelt wird (der sinnlose statische Tausch von Brandmeldern nach DIN 14675-1 sei hier nur als ein plakatives Beispiel genannt, vgl. DFM-Beitrag „Brandmeldertausch nach DIN 14675-1 – Empfehlung oder Pflicht?” in „Der Facility Manager” Ausgabe April 2019).

 

Nicht zuletzt mit der Einführung von Konformitätsleveln zur Einordnung des umfangreichen Gesetzes- und Regelwerks in der Neufassung der GEFMA 310 oder der längst überfälligen Novellierung der GEFMA 190 werden hier im laufenden Jahr wesentliche Grundlagen für die Branche aktualisiert und auf den neuen Stand der Erkenntnisse gebracht. Der Grundsatz der Rechtskonformität ist in der Branche gut verankert. Ihn in der Richtlinie zu adressieren, ist selbstverständlich und notwendig, ihn in der Praxis mit Augenmaß ebenso umzusetzen, ist wiederum die Aufgabe der Akteure am Markt und das wird hoffentlich durch neu gefasste Detailrichtlinien und frische Konzepte, wie die Risiko-Minderungs-Effekte als Vergabekriterium, in den nächsten Jahren noch seinen Beitrag zur Weiterentwicklung der Branche leisten.

 

GRUNDSATZ DER NACHHALTIGKEIT UND DES KLIMASCHUTZES

Grafik Hände und WeltEin weiterer in der Richtlinie genannter Grundsatz ist der der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes. Kaum ein anderes Thema hat das Jahr 2019 so geprägt wie der Klimaschutz und das mit Recht. Dabei wurde viel über die Verantwortung des Einzelnen diskutiert. Ob Inlandsflüge, ungebremstes Streaming oder Fleischkonsum für uns als Privatpersonen noch vertretbar sind, muss dabei jeder für sich entscheiden. Das Klima retten wird das Individuum alleine nicht. Schon gar nicht in der dafür verbleibenden Zeit. Nützlich wird die Sensibilität für dieses Thema aber, wenn es zum einen vom Gesetzgeber gestützt wird (die Freiheit des Einzelnen endet bekanntlich da, wo die Freiheit des Anderen beginnt und das setzt nun mal am besten der Gesetzgeber durch) und sie parallel dazu vom Markt gefordert wird. Das ist der Ausgangspunkt der gesellschaftlichen Verantwortung der Auftraggeber von Facility Services. Mit 5 Prozent der Bruttowertschöpfung hat die Beschaffung von Facility Services das Potenzial, einen nennenswerten Beitrag zur Nachhaltigkeit und zur Erreichung von Klimaschutzzielen zu leisten. Die Motive der Auftraggeber dafür können unterschiedlich sein. Ein besseres Arbeitgeberimage, geringere Energiekosten oder Vorteile bei der Marktgängigkeit von Produkten oder in Einzelfällen auch nur die Überzeugung eines Entscheiders (wie z. B. Dirk Rossmann) – was eine Beschaffung von Facility Services mit Blick auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz motiviert, ist im Ergebnis unerheblich. Entscheidend ist, dass ein Bewusstsein dafür entsteht, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz bei den Facility Services im Interesse des Auftraggebers liegt und dabei ganz nebenbei einen wesentlich höheren Effekt hat, als das Abschalten des Standby-Modus von Elektrogeräten zu Hause. Am Ende sind es immer die Individuen, die entscheiden, aber es hat maßgeblichen Einfluss auf die Wirkung für die Gesellschaft als Ganzes, in welcher Rolle sie handeln. Die GEFMA 500 möchte mit der Aufstellung dieses Grundsatzes die Akteure im FM dafür sensibilisieren, von ihren Möglichkeiten im unternehmerischen Umfeld Gebrauch zu machen und damit einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Umgebung zu leisten. Richtig so!

 

GRUNDSATZ DER FAIREN GESCHÄFTSPRAKTIKEN

Grafik Handschlag Der dritte Grundsatz der neuen GEFMA 500, der hier herausgegriffen werden soll, ist der Grundsatz der fairen Geschäftspraktiken. Auch wenn in der Richtlinie nur in aller Kürze auf diesen Grundsatz eingegangen wird, ist er von zunehmender Bedeutung insbesondere für die Auftraggeber von Facility Services. Über Jahre wurde deutlich, dass sich die Auftraggeber ihrer (vermeintlichen) Macht über die Dienstleister bewusst sind und diese auch weidlich durch einseitige Rabatte, unspezifische, aber weit ausgelegte Anforderungen und allerlei andere Praktiken ausgenutzt haben. Die Dienstleister haben sich darauf eingestellt und u. a. mit dem Prinzip der „Vertragsoptimierung durch Weglassen”, mit Einsatz von Scheinselbständigen und nicht selten mit einem übersteigerten Umgang mit (vermeintlichen) Risiken reagiert. Die Fairness und Verlässlichkeit im Umgang miteinander ist dabei immer wieder auf der Strecke geblieben und schon deshalb ist es wichtig, dass die GEFMA 500 diesen Grundsatz als Basis für die Beschaffung von Facility Services aufnimmt. Der Mehrwert dieses Grundsatzes liegt dabei aber nicht auf denjenigen Aspekten der Fairness, die bereits gesetzlich verankert sind, wie Bekämpfung der Korruption oder Fragen des fairen Wettbewerbs. Bedeutender sind die „weichen” Aspekte, wie wertschätzender Umgang, Anerkennung erbrachter Leistungen und Auskömmlichkeit der Vergütung eines Dienstleisters. Angesichts der aktuellen Marktlage aufseiten der Dienstleister ist dieser Grundsatz deshalb weniger als Appell an die Auftraggeber zu verstehen, sondern vor allem auch als Warnung. Es ist aktuell und wohl auch auf längere Sicht keine Seltenheit mehr, dass bei Ausschreibungen keine oder nur wenige Angebote abgegeben werden. Dienstleister konzentrieren sich auf ihre Bestandsmandate und wollen diese so gut es geht optimieren. Neumandate sind oft aufwändig und bislang meist nicht gut genug bezahlt, um seitens der Dienstleister unternehmerische Risiken eingehen zu wollen. Der Fachkräftemangel ist gleichzeitig eine natürliche Wachstumsbremse, sodass die Position der Auftraggeber aktuell deutlich schwächer zu werden scheint. Das zeigt sich im steigenden Selbstbewusstsein von Dienstleistern (Stichwort: Bedingung einer Übernahmebegehung, bevor die Betreiberverantwortung angenommen wird) oder in steigenden Preisen. Die Dienstleister gewinnen Augenhöhe mit den Auftraggebern und die Bedeutung des Grundsatzes der Fairness wird dadurch um eine Facette reicher. Wer privat auf Handwerker angewiesen ist, weiß, was insoweit vorstellbar ist. Möglicherweise wird man sich als Auftraggeber künftig – zumindest für eine gewisse Übergangszeit – darum bemühen müssen, attraktiv für einen Dienstleister zu sein. Faire Geschäftspraktiken sind dafür sicher keine schlechte Voraussetzung.

 

VORGEHENSWEISE BEI DER BESCHAFFUNG

Im ausführlicheren Teil der Richtlinie wird schließlich die Vorgehensweise bei der Beschaffung von Facility Services beschrieben und dabei werden die Grundsätze der Beschaffung anschaulich konkretisiert. Im Stil des gesamten Richtlinienwerks von GEFMA werden dabei gut verständlich die einzelnen Schritte des Prozesses dargestellt und zum Teil wird auf vertiefende Unterlagen für die Praxis verwiesen. Auf Unterschiede zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen der Privatwirtschaft wird dabei genauso überblicksartig eingegangen, wie auf Vergabekriterien, Vertragslaufzeiten oder Preismodelle. Mit Blick auf die relevanten Disziplinen, die an einer Beschaffung von Facility Services beteiligt sein sollten, wird deutlich gemacht, dass die Einbeziehung aller wichtigen Akteure (Fachbereich, Einkauf und Rechtsabteilung) möglichst von Anfang an erfolgen sollte. Damit wird die Richtlinie dem Anspruch gerecht, Orientierung für die Praxis zu bieten, ohne zu ausführlich und damit schwer handhabbar zu sein.


Die neue GEFMA-Richtlinie 500 „Beschaffung von Facility Services in Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung” ist eine Bereicherung für das GEFMA-Richtlinienwerk und die Branche insgesamt. Es bleibt zu hoffen, dass die maßgeblichen Entscheider der Auftraggeberorganisationen die darin enthaltenen Impulse aufnehmen und den Beschaffungsprozess entsprechend sinnvoll weiterentwickeln.

 

 

Naturgemäß nicht in der Richtlinie behandelt, aber dennoch in diesem Sinn hilfreich dürfte sein, dass Rödl & Partner ab dem Jahr 2020 sein Leistungsspektrum erweitert und voraussichtlich ab dem 2. Quartal in einem sehr strukturierten und EDV-gestützten Prozess die Erstellung von FM-Vertrag und Leistungsbeschreibung aus einer Hand anbieten wird. Ineffizienzen, die beim Abgleich der Arbeitsergebnisse von FM-Consultants mit dem FM-Vertrag entstehen, fallen damit weg und die frei werdenden Ressourcen können für die bessere individuelle Ausprägung der Grundsätze der Beschaffung im Sinne der GEFMA 500 genutzt werden. Interessiert? Dann sprechen Sie uns einfach an!

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Jörg Schielein

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