Haftung und Versicherung im Facility Managment

PrintMailRate-it

​veröffentlicht am 06. Mai 2013

 

Hand aufs Herz… wer redet schon gerne und freiwillig über Haftung? Auftraggeber wie FM-Unternehmer freuen sich über die trockene Unterschrift unterhalb eines neuen FM-Vertrages, ggf. hat der FM-Unternehmer seinem Auftraggeber sogar wie gefordert das Bestehen einer Haftpflicht-Versicherung nachgewiesen und jeder der Beteiligten glaubt sich in Rechtssicherheit.

 

​Wie trügerisch diese gefühlte Sicherheit oftmals ist, stellt sich dann erst in einem Haftungsfall heraus und damit ist der Ärger meist vorprogrammiert. Mehr als Grund genug, sich bereits im Vorfeld über mögliche Haftungsszenarien sowie Möglichkeiten der Versicherbarkeit Gedanken zu machen und diese im FM-Vertrag entsprechend zu berücksichtigen. Die GEFMA-Richtlinie 330-1 (Zivilrechtliche Haftung und Versicherung im FM) gibt hierbei die notwendige Hilfestellung und erörtert diejenigen Fragestellungen, über deren Inhalt beide Vertragsparteien beim Zustandekommen des Vertrages ein gemeinsames Verständnis erlangen müssen, um zu einer unmissverständlichen Haftungsregelung zu kommen.
 
Facility Management ist wie jedes unternehmerische Handeln mit Chancen und Risiken verbunden. Allerdings sind die Haftungsrisiken im Facility Management aufgrund des hohen Potenzials unterschiedlich gelagerter Schadensfälle, der Komplexität vieler Arbeitsprozesse, der oftmals differenzierten Arbeitsteilung zwischen Auftraggebern, Auftragnehmern, Nutzern und ggf. mehreren Nachunternehmern mit entsprechenden Schnittstellen sowie dem hohen Grad an (Betreiber-)Verantwortung oftmals besonders umfangreich.
 
Diese Komplexität spiegelt sich auch in den Verträgen wider, in denen u.a. zu berücksichtigen gilt, ob die vertraglich vereinbarte Leistung als Werk- oder Dienstleistung zu qualifizieren ist. Während der Auftragnehmer bei der Werkleistung ein mangelfreies Werk schuldet und damit für den Eintritt des Erfolges haftet, hat der Auftragnehmer bei der Dienstleistung lediglich die Leistung zu erbringen und haftet unabhängig vom Eintritt des Erfolgs nur im Falle einer Schlechtleistung. Dies hat entscheidenden Einfluss auf die beim Auftraggeber verbleibenden Haftungsrisiken.
 
Erbringt der Auftragnehmer die vertraglich geschuldete Leistung nicht in der vereinbarten Art und Qualität oder nur fehlerhaft, so muss er dem Auftraggeber für den daraus entstandenen Schaden haften. Dabei hängt die Eintrittspflicht des Auftragnehmers maßgeblich an der vertraglich vereinbarten Leistung sowie der im Vertrag getroffenen Haftungsregelung bzw. Risikoverteilung, wobei auch eine verschuldensunabhängige Eintrittspflicht des Auftragnehmers denkbar ist.
 
Auch wenn die Haftungsfrage oft erst im Falle eines eingetretenen Schadens gestellt wird, beginnt sie letztlich bei der Ausgestaltung des Vertrages mit einer rechtswirksamen Delegation der zu übertragenen Pflichten, einer eindeutigen Leistungsbeschreibung, einer sachgerechten Haftungsregelung und damit einer für beide Vertragsparteien transparenten Risikoverteilung.
Das Interesse des Auftraggebers liegt aber nicht alleine in der bloßen Risikoübertragung auf den Auftragnehmer und ggf. nachfolgende Nachunternehmer, sondern vielmehr auch darin, ob das übertragene Risiko von diesen auch getragen werden kann, d.h. ob der Auftraggeber im Schadensfall den entstandenen Schaden auch tatsächlich ersetzt bekommt. Dies setzt voraus, dass der Auftragnehmer entweder ausreichend versichert ist oder über ein entsprechendes Kapitalvermögen verfügt.
 
Auch wenn der Abschluss und das Vorhalten einer Betriebshaftpflicht-Versicherung bis auf wenige Ausnahmen in Deutschland nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, dürfte das Bestehen einer solchen Versicherung für alle FM-Anbieter – aber auch für deren Auftraggeber – nahezu eine Selbstverständlichkeit sein. Genauso selbstverständlich ist mittlerweile die vertragliche Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer über den Abschluss bzw. den Nachweis einer derartigen Versicherung.
 
Leider ist es jedoch in einer Vielzahl von Fällen so, dass in Auftragsvergaben nur das Bestehen, nicht jedoch auch der substanzielle Inhalt  einer Betriebshaftpflichtversicherung überprüft wird. Doch genau diese Substanz ist im etwaigen Haftungsfall entscheidend. Dieser Umstand war einer der Gründe für die Erstellung der GEFMA-Richtlinie 330-1. Dort wird hinsichtlich eines möglichen Versicherungsschutzes im Detail beschrieben, innerhalb welcher versicherungsrechtlichen Klauseln sich die größten Fallen verbergen.
 
Sowohl Auftraggeber als auch FM-Unternehmer sollten sich – idealerweise bereits im Vorfeld der möglichen Auftragsvergabe – darüber im Klaren sein, in welcher Qualität Versicherungsschutz für den Fall der Fälle vorhanden ist bzw. eingekauft werden soll. Genau diese Frage spielt selbstverständlich auch bei Auftragsweitergabe an Nachunternehmer eine entscheidende Rolle.
 
Exemplarisch – aber markttypisch – einige Beispiele, die sich innerhalb des Geschäftsfeldes FM im Prinzip jeden Tag ereignen können :
 

Fall 1

Ein FM-Unternehmen wird beauftragt, die Stein-Fassade eines Gebäudes zu reinigen. Hierzu bedient man sich eines Dampfdruckreinigers. Infolge zu hoch dimensionierter Einstellung des Arbeitsdruckes am Hochdruckreiniger werden alle Fugendichtungen der Fassade so beschädigt, dass diese zwingend ausgetauscht werden müssen. Inklusive anfallender Gerüstkosten belaufen sich diese Reparaturarbeiten auf mehrere 100.000 Euro. Zu Beginn der FM-Dienstleistungen hatte der FM-Unternehmer – wie seitens des Auftraggebers auch verlangt – eine Versicherungsbestätigung vorgelegt. Hierin bestätigte ein namhafter deutscher Versicherer das Bestehen einer Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von 5 Mio. Euro pauschal für Personen- und Sachschäden. Bei obigem Schadensbeispiel handelt es sich zwar um einen Sachschaden – allerdings schließen sehr viele Versicherungspolicen im Kleingedruckten sogenannte „Tätigkeitsschäden“ summenmäßig ganz erheblich ein. So auch in diesem Fall: Es galten lediglich 50.000 Euro als versichert.
 

Fazit:

Der Auftraggeber sollte nicht nur prüfen, ob der Auftragnehmer eine Haftpflichtversicherung mit ausreichender Deckungssumme für Personen- und Sachschäden vorhält, sondern vielmehr auch, ob die sog. Tätigkeitsschäden in ausreichender Höhe mitversichert sind.
 

Fall 2

Ein FM-Unternehmen hat innerhalb seines Auftrages auch Schnelllauf-Selektionaltore zu warten. Diese Tore trennen die Lackierkabine einer LKW-Fertigungsanlage vom Trocknungsraum. Infolge Unachtsamkeit vergaß der Monteur Teflonschmiermittel aufzufüllen. Im Laufe des Folgetages fiel die Schmierung aus – das Tor öffnete sich nicht mehr nach entsprechendem Lichtschranken-Befehl. Es kam zu einem längeren Ausfallzeitraum und erheblichem Mehraufwand des LKW-Herstellers für erneut notwendige Lackierungen. 
 
Bei dem hier geschilderten Haftungsfall handelt es sich nicht um einen Sachschaden, sondern um einen reinen Vermögensschaden. Fast alle Betriebshaftpflicht-Versicherungen beinhalten allerdings bei Versicherungspolicen innerhalb der dort zur Verfügung gestellten Vermögensschaden-Deckung folgenden Ausschluss: „Ausgeschlossen sind Haftpflichtansprüche aus Schäden, die durch vom Versicherungsnehmer geleistete Arbeiten entstehen.” Die Folge: Haftung war zu bejahen, Versicherungsschutz bestand jedoch nicht.
 

Fazit:

Der Auftraggeber sollte prüfen, ob der Auftragnehmer auch für verursachte Vermögensschäden ausreichend versichert ist.
 

Fall 3

Wie Fall 1 oder 2 – allerdings werden hier die jeweiligen FM-Aufträge an Nachunternehmer weitergegeben. Das beauftragende FM-Unternehmen erteilt dem Nachunternehmer ebenfalls keinerlei substanzielle Vorgaben zum Versicherungsschutz. Es kommt dann zu den geschilderten Fällen 1 oder 2.
Im Verhältnis zum eigentlichen Auftraggeber kann sich das FM-Unternehmen nicht wegen der stattgefundenen Weitergabe an den Nachunternehmer als Erfüllungsgehilfen enthaften. Auch wenn die anschließende Möglichkeit eines Regresses im Innenverhältnis zwischen FM-Unternehmer und Nachunternehmer gegeben ist, wird die Erfolgschance eng an die finanzielle Ausgestaltung des Nachunternehmers geknüpft sein. Eine ganz wesentliche Finanz-Säule ist also auch die des jeweiligen Versicherungsschutzes.
 

Fazit:

Die Vertragsparteien sollten festlegen, unter welchen Voraussetzungen dem Auftragnehmer die Möglichkeit zur Beauftragung von Nachunternehmern gegeben werden soll und welche Vorgaben hierbei auch hinsichtlich des Versicherungsschutzes des Nachunternehmers einzuhalten sind. Mit diesen Beispielen soll verdeutlicht werden, wie wichtig es – auch und gerade bei langfristigen Partnerschaften und Auftragsvergaben – ist, sich über echten Risikotransfer in Form von geeigneten Versicherungsprodukten Gedanken zu machen.
 
Die GEFMA-Richtlinie 330-1 setzt sich detailliert und praxisorientiert mit möglichen Haftungsszenarien auseinander und weist dabei auch auf das „Kleingedruckte” in Haftpflicht-Versicherungspolicen hin. Teil 2 der Richtlinie (GEFMA 330-2), die noch in 2013 erscheinen wird, beinhaltet u.a. Checklisten der Substanzvorgaben, mit denen der Haftpflicht-Versicherungsschutz eines FM-Unternehmens mindestens auszugestalten ist. Um eine größtmögliche Rechtssicherheit zu erlangen, bietet es sich an, die jeweiligen Substanzvorgaben bereits im Vorfeld bzw. bei der Beauftragung im Detail anzusprechen und zu prüfen.

Kontakt

Contact Person Picture

Henning Wündisch

Rechtsanwalt

Partner

+49 911 9193 3551

Anfrage senden

Profil

Deutschland Weltweit Search Menu