GEFMA 924: Datenmodell und digitaler Ordnungsrahmen für das FM (Teil 6)

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veröffentlicht am 02. November 2017

 

Die Teile 1 bis 4 dieser Fachartikelreihe behandeln den Aufbau des Datenmodells, die dabei zum Einsatz kommenden Kataloge sowie den Ordnungsrahmen für das FM. Teil 5 beschreibt die darauf aufbauenden Ausbaustufen I und II für die Digitalisierung des Rechtsrahmens sowie der Facilities und Services im FM. Gegenstand von Teil 6 ist Ausbaustufe III zur Digitalisierung von Objekten und Projekten sowie die sich daraus ergebenden neuen Möglichkeiten zur Informationsgewinnung. Einige dieser Funktionalitäten sind bereits realisiert und entsprechende Tools dafür stehen am Markt zur Verfügung. Andere lassen sich durch Kopplung bestehender Tools mit CAFM-/SAP-Systemen realisieren und wieder andere bedürfen erst noch neu zu entwickelnder Tools.

 

Nachdem GEFMA 924 (mitsamt Katalogen GEFMA 924-1 ff.) im September veröffentlicht wurde, können interessierte Entwickler jetzt loslegen. Unser eigener Beitrag dazu war als Startnummer 7 auch in der Finalrunde der FM-Innovationsbörse am 25. und 26. Oktober 2017 vertreten.

 

Ausbaustufe III: Digitalisierung von Objekten und Projekten

Ein im Sinne von GEFMA 924 klassifiziertes Objekt ist zunächst durch folgende Merkmale (= Eingangsgrößen für das Datenmodell) gekennzeichnet:

 

E1 Der Standort: Dieser entscheidet über das anzuwendende Landesrecht.
E2 Der Bauwerkstyp nach Katalog G924-1: Dieser entscheidet über die Anwendung einer etwaigen Sonderbauverordnung; in Verbindung mit E1 im entsprechenden Bundesland.
E3 Die im Objekt vorkommenden und zu betrachtenden Facilities nach Katalog G924-2.
E4 Der Service nach Katalog G924-3, für den entsprechende Informationen abgefragt werden sollen, z. B. Inspektion und Wartung.


Mit den vier Eingaben E1 bis E4 kann das Datenmodell bereits folgende Ausgangsgrößen (Output) liefern:


A1 Objektrelevante Regelwerke
A2 Pflichten gemäß Regelwerk
A3 Risiken & Gefährdungen

A4 Tätigkeiten gemäß Regelwerk
A5 Begriffsdefinitionen, inkl. Rollen von Personen
A6 Soll-Objektdokumentation.
Diese Punkte sind bereits realisierbar und im Einsatz.


Gefährdungsbeurteilungs-Tool

Für die Erstellung einer IT-gestützten Gefährdungsbeurteilung gem. § 3 BetrSichV sind folgende Eingangsdaten erforderlich:

E3 hier: Auswahl des Arbeitsmittels (= Facility, z. B. 615.10:
Fahrbare Hubarbeitsbühne), für das eine Gefährdungsbeurteilung (GBU) erstellt werden soll
E4 hier: Die für die GBU zu berücksichtigende Tätigkeit (= Service, z. B. 0.640: Arbeitsmittel verwenden)

Zusätzlich erforderliche Eingangsdaten sind:

E5 Merkmale der Facilities (je nach Anwendungsfall unterschiedliche Merkmale), hier: zugelassene Verwendungsgebiete des Arbeitsmittels gemäß seiner Betriebsanleitung sowie der Sicherheitshinweise des Herstellers
E6 Einsatzbedingungen der Facilities, hier: Einsatzbedingungen des Arbeitsmittels, z. B. Arbeitsumgebung, Personenkreis.

Als Ergebnisse liefert das Datenmodell folgende Informationen:

A3 hier: Liste typischerweise auftretender Gefährdungen, wie sie in den einschlägigen Regelwerken für das entsprechende Arbeitsmittel genannt sind
A2 hier: Typische Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers (= Pflichten gemäß Regelwerk, z. B. Unterweisung des Bedienpersonals)
A4 hier: Typische Schutzhandlungen des Bedienpersonals (= Tätigkeiten gemäß Regelwerk, z. B. Betriebsanleitung beachten).


Eine fachkundige Person (!) kann mit einem entsprechenden Tool die tatsächlich auftretenden Gefährdungen aus der Liste auswählen, geeignete Schutzmaßnahmen und Schutzhandlungen
zuordnen, darunter auch Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen festlegen, und das Ergebnis anschließend dokumentieren.


Leistungsverzeichnis-Tool für TFS

Die bisher am Markt kursierenden Leistungsverzeichnisse (LVs) für Technische Facility Services (TFS) sind oftmals unpräzise und lassen den Anbieter im Unklaren, welche Leistungen tatsächlich anzubieten sind. Für präzisere LVs sind folgende Eingangsgrößen erforderlich:

 

E1–4 wie oben, zusätzlich:
E5 hier: kalkulationsrelevante Merkmale der Facilities, z. B. Fabrikate, Typen, Anzahl, Baujahre, technische Daten, Ortsangaben, Zugänglichkeiten etc.
E6 hier: Einsatzbedingungen der Facilities, die für eine Angebotserstellung relevant sind, z. B. Drei-Schicht-Betrieb, Zeitfenster für Services.
E7 Geforderter Konformitätslevel gemäß Katalog G924-4 (derzeit noch nicht veröffentlicht).

 

Als Ergebnis liefert das Datenmodell:

 

A8 Leistungsverzeichnis mit allen notwendigen Angaben für eine aufwandsbasierte Kalkulation. Dabei insbesondere präzise Angaben zum geforderten Leistungssoll, bei Bedarf mit Angabe von Einzeltätigkeiten, Intervallen, Qualifikations- und Dokumentationsanforderungen.
Es besteht die Erwartung, dass durch solche LVs folgende Auswirkungen erzielt werden können:
  • Die Kalkulationsgrundlage wird klarer und einheitlicher;
    Missverständnisse und Fehlinterpretationen von Anbietern
    werden vermieden.
  • Die bisher hohen Schwankungsbreiten von Angebotspreisen
    werden verringert; die Vergleichbarkeit wird verbessert.
  • Die Angebote werden transparenter; Angebotspreise unter
    Selbstkosten werden besser erkannt.

 

 

Die enthaltenen konkreten Einzelleistungen sowie die Dokumentationsanforderungen dienen zudem als Grundlage einer späteren Leistungssteuerung und -überwachung im laufenden Betrieb.

Ein solches LV-Tool könnte künftig auch das Standard-LV der FM-Verbände (GEFMA 520) ablösen.


Personalbedarfs-Tool Objektbetrieb

Mit den Eingangsgrößen E1 bis E7 wird es künftig möglich sein zu berechnen:

A9 Personalbedarf Objektbetrieb

Die Berechnung des Personalbedarfs für den operativen Betrieb erfolgt dabei auf Grundlage der geforderten Tätigkeiten, die sich anhand der Eingangsgrößen E1 bis E7 aus dem Regelwerk
ergeben; es wird hier also ein Soll-Personalbedarf ermittelt, der auch die unterschiedlichen Qualifikationsanforderungen für die Durchführung von Tätigkeiten berücksichtigt. Dieser Ansatz
wird hier bewusst gewählt, um ein Gegenstück zu dem benchmarkbasierten Ansatz zu bekommen, bei dem der Ist-Personalstand ermittelt wird.

 

Ein GEFMA-Arbeitskreis ist derzeit damit beschäftigt, eine belastbare Methodik für die Personalbedarfsermittlung zu erarbeiten. Ergebnisse liegen noch nicht vor, sollen aber nach Veröffentlichung zeitnah datenbanktechnisch umgesetzt werden.


Das Tool ist v. a. für Anwender interessant, die TFS-Leistungen mit Eigenpersonal erbringen. Es sollen damit auch Simulationsrechnungen möglich sein, um die Auswirkungen von Veränderungen
z. B. beim Konformitätslevel aufzuzeigen.


Service-Kalkulations-Tool

Mit den Eingangsgrößen E1 bis E7 wird es künftig möglich sein zu ermitteln:


A10 Service-Kalkulation


Der Arbeitskreis Mustervertrag und Standard-LV erarbeitet derzeit einen Einheitspreiskatalog für TFS. Damit wird es künftig Auftraggebern möglich sein, bereits vor Durchführung einer
Ausschreibung grob abzuschätzen, mit welchen Preisen zu rechnen ist. Anbietern wird es möglich sein, sich bei ihrer Angebotskalkulation an Richtpreisen zu orientieren.


Vertrags-Tool

Mit den Eingangsgrößen E1 bis E7 wird es künftig möglich sein zu erstellen:


A11 Verträge


Die klassische und bisher weitgehend manuelle anwaltliche Leistung der Vertragsarbeit wird absehbar durch Tools abgelöst werden, die auf Grundlage der obigen Eingangsgrößen in der Lage sind, vertragliche Textbausteine zu Verträgen zusammenzustellen. Solche Vertrags-Tools können zudem bestimmte Vertragsklauseln, die regelmäßig gerichtlichen Würdigungen und ggf. nachfolgenden Veränderungen unterliegen, auf Aktualität und Zulässigkeit überprüfen und dann korrekt anwenden. Dies ist gleichermaßen für Miet- und für Service-Verträge zu erwarten und könnte künftig auch den Mustervertrag der FM-Verbände (GEFMA 510) ablösen.


In Kombination mit dem LV-Tool ist eine optimale Synchronisierung von LV und Vertrag gewährleistet.


Die Entwicklung eines entsprechenden Vertrags-Generators ist bereits weit vorangeschritten.


Tool zum Abgleich Soll-/Ist-Dokumentation

Bereits mit den Eingangsgrößen E1 bis E4 ist es datentechnisch möglich, die Soll-Objektdokumentation (--> A6) zu ermitteln. Wenn auch die digitale Ist-Dokumentation in einer Struktur nach GEFMA 924 vorliegt, dann kann ein künftiges Tool einen Soll-/Ist-Abgleich durchführen. Bestandteil eines solchen Abgleichs ist zunächst eine Plausibilitätsprüfung von Angaben zum gleichen Sachverhalt in verschiedenen Dokumenten. Hier tritt bereits zutage, wenn Angaben in Plänen, Listen, Aufmaßen, Abrechnungen etc. nicht übereinstimmen. In einem weiteren
Schritt erfolgen Prüfungen auf Vollständigkeit der Ist-Dokumentation jedes einzelnen Facilities.


Ein solcher Abgleich kann beispielsweise am Tag der Abnahme einer Bauleistung erfolgen und dem Bauherrn belegen, zu welchem Anteil die Dokumentationspflichten erfüllt sind, welche Dokumente widersprüchlich sind und welche fehlen. Auch zur laufenden Dienstleistungssteuerung oder bei Wechsel des Dienstleisters ist ein solcher Abgleich sinnvoll und nützlich.

 

Voraussetzung eines Soll-/Ist-Abgleichs digitaler Dokumente ist u. a. eine geeignete Ablagestruktur. Nach unserer hat sich die Ablage von Dateien in Unterverzeichnissen eines Laufwerks dabei ebenso wenig bewährt, wie der Versuch, sprechende Schlüssel als Dateinamen zu verwenden. GEFMA 924
favorisiert die Ablage digitaler Dokumente in einem Datenraum (z. B. Cloud) und Verwaltung mittels eines Dokumenten-Management-Systems (DMS). Jedem Dokument sollten dabei im DMS einige Schlagwörter (Deskriptoren) zugeordnet werden, anhand derer das einzelne Dokument oder auch
eine Gruppe zusammenhängender Dokumente später wieder leicht aufgefunden werden kann. Solche Deskriptoren können sein:

 

  • Facility nach G924-2
  • Service nach G924-3
  • Dokumentenart nach G924-6
  • Ersteller des Dokuments
  • Datum der Erstellung

 

Beispiel für das Wartungsprotokoll eines Aufzugs:

  • 461 (= Aufzugsanlage)
  • 6.332 (= Wartung)
  • CWT (= Logbuch)
  • Kone
  • 25.09.2017


Es erweist sich dabei als vorteilhaft, dass die Syntax der IDs der verschiedenen Kataloge so aufgebaut ist, dass sie untereinander nicht verwechselbar sind.


Erstes Feedback vom Markt

Über den Sommer hinweg wurden in vier Städten Deutschlands Veranstaltungen (REG-IS Tage 2017) durchgeführt, bei denen auch einige der hier genannten Tool-Vorschläge vorgestellt
wurden. Die insgesamt über 150 Teilnehmer wurden danach befragt, welche Tools für sie am interessantesten erschienen. Spitzenreiter der Antworten wurde das GBU-Tool, gefolgt von
LV und DL-Steuerung.

 

CAFM-Connect

Für die Realisierung der hier angedachten Tools mit Funktionalitäten auf Basis des Datenmodells GEFMA 924 sind die Anwendung der Kataloge sowie reibungslos funktionierende Schnittstellen von wesentlicher Bedeutung. Nach unserer Überzeugung wird die Schnittstelle CAFM-Connect (www.cafmring.de/cafm-connect) hierbei eine zentrale Rolle übernehmen. CAFM-Connect bietet sowohl die Möglichkeit, die benötigten Kataloge in komfortabler und IT-technisch unmittelbar anwendbarer Form bereitzustellen, als auch die direkte Anbindung der benötigten Merkmale von Facilities (--> E5) für verschiedene Verwendungszwecke.


Fazit

Die hier vorgestellten Tool-Vorschläge stellen sicherlich keine abschließende Aufzählung dar, etliche weitere Möglichkeiten werden sich noch eröffnen.

 

Eine vordringliche Aufgabe in den Verbänden und Gremien besteht jetzt darin, die verschiedenen Arbeiten an Katalogen derart zusammenzuführen, dass mit VDI 2552 Blatt 9 eine konsensfähige Richtlinie entsteht.

 

Ein DIN A1-Plakat „Rechtskonformität im FM – Digitalisierung mit REG-IS Tools” können Sie bei den Arbeitshilfen als pdf herunterladen.

 

 


 

Zitierte Publikationen:

  • GEFMA 510 Mustervertrag Facility Services
    V. 3.0 2014-08
  • GEFMA 520 Standardleistungsverzeichnis
    Facility Services V. 3.0 2014-08
  • GEFMA 924 Datenmodell, Kataloge und
    Ordnungsrahmen für das FM; Stand 2017-09
  • GEFMA 924-1 ff. Datenmodell für das FM;
    Kataloge; Stand 2017-09
  • VDI 2552 Blatt 9 BIM Klassifikationen; in
    Bearbeitung

 

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