Haftungsfalle für Makler – Angaben über den Energieverbrauch in Immobilienanzeigen!

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veröffentlicht am 02. November 2017

Mit seinem Grundsatzurteil vom 5. Oktober 2017 – I ZR 229/16, I ZR 232/16, I ZR 4/17 verpflichtet der Bundesgerichtshof (im Folgenden auch BGH) auch Immobilienmakler zwingend dazu, in kommerziellen Immobilienanzeigen Angaben zum Energieverbrauch zu machen. Damit erklärt das höchste Gericht § 16a EnEV ausdrücklich nicht direkt, wohl aber indirekt – nämlich über die Hintertür des § 5 a Abs. 4 UWG i.V.m. Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU – auch für Makler als verpflichtend. Eine rechtlich wie tatsächlich sehr zweifelhafte Entscheidung!

 

​Grundsatzentscheidung zum Maklerrecht

Der für Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, welche Informationspflichten dem Immobilienmakler bei einer Immobilienanzeige in Hinblick auf den Energieverbrauch obliegen. Die Deutsche Umwelthilfe e. V. hatte sich unter anderem in den drei, nunmehr vom BGH zu einem Verfahren verbundenen Rechtsstreitigkeiten gegen Zeitungsanzeigen von Immobilienmaklern gewandt. Wegen fehlender, sich aus dem Energieausweis ergebender Angaben, erachtete die Klägerin die streitgegenständlichen Zeitungsanzeigen für unzulässig. Die veröffentlichenden Immobilienmakler wurden daraufhin auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verklagt.

 

Den verklagten Maklern droht folglich im Falle einer Verurteilung bei jeder weiteren unvollständigen Angabe in Zeitungsanzeigen eine empfindliche Strafzahlung in Höhe von mindestens 5.000 Euro.


Instanzenzug

Während die Klage in erster Instanz von den Landgerichten München II und Bielefeld abgewiesen wurde, folgte das Landgericht Münster dem klägerischen Vorbringen. Vor den Berufungsgerichten waren die Kläger in allen drei Fällen erfolgreich. Die Instanzgerichte verurteilten die Immobilienmakler auf Unterlassung. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr die von den Maklern eingelegte Revision in zwei Fällen abgewiesen und im dritten streitgegenständlichen Fall das Verfahren zur weiteren Beweisaufnahme an die zweite Instanz zurückverwiesen. Im Rahmen der Beweisaufnahme soll nun geklärt werden, ob bereits bei Schaltung der Immobilienanzeige ein Energieausweis vorlag.

 

§ 16a EnEV

In rechtlicher Hinsicht stellt der Bundesgerichtshof klar, dass ein Unterlassungsanspruch nach § 3a UWG wegen eines Verstoßes gegen § 16a EnEV nicht zu bejahen ist. Der § 16a EnEV verpflichtet – so die Feststellung des BGH – Verkäufer und Vermieter vor dem Verkauf oder der Vermietung einer Immobilie dazu, bei Anzeigen in kommerziellen Immobilienanzeigen Angaben zum Energieverbrauch zu machen. Vom
Adressatenkreis der Norm sind jedoch laut BGH Immobilienmakler gerade nicht erfasst. Konkret sind nach § 16a EnEV folgende Angaben erforderlich: Art des Energieausweises, Energieverbrauch oder -bedarf, wesentlicher Energieträger, Baujahr und Energieeffizienzklasse.


Da Immobilienmakler explizit nicht Adressat dieser Norm sind, kann der § 16a EnEV laut BGH diese Gruppe auch nicht verpflichten.


§ 5a UWG i.V.m. Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU

Allerdings sieht der BGH eine Verpflichtung des Immobilienmaklers, die vorstehend aufgeführten Angaben in Zeitungsanzeigen aufzunehmen, aus § 5a Abs. 4 UWG i.V.m. Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU als gegeben.


Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Klägerin die beklagten Makler unter dem Gesichtspunkt der Irreführung der Verbraucher durch Vorenthalten wesentlicher Informationen in Anspruch nehmen kann. Bei Nichtangabe der notwendigen Energieangaben in Immobilienanzeigen würden nach Ansicht des BGH den Verbrauchern wesentliche Informationen zur Immobilie verschwiegen.


Aus der unionsrechtlichen Vorschrift des Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU resultiert die Verpflichtung des Maklers, notwendige Angaben zum Energieverbrauch in der Anzeige aufzunehmen. Welche Angaben zu den wesentlichen Informationen zählen, definiert der Bundesgerichtshof wie folgt: Art des Energieausweises, wesentlicher Energieträger, Baujahr des Wohngebäudes, Energieeffizienzklasse und Wert des Energiebedarfs oder Endenergieverbrauchs.


Die notwendigen Angaben zum Energieverbrauch gem. Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU entsprechen somit den Voraussetzungen des § 16a EnEV.

 

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs –

Entscheidung mit Licht und Schatten:

Dass der BGH § 16a EnEV als nicht auf Immobilienmakler anwendbar erachtet, ist zunächst als durchaus begrüßenswert zu sehen. Trägt diese Einschätzung doch sowohl dem Wortlaut der Norm, die Makler explizit nicht erwähnt, als auch dem Willen des Gesetzgebers Rechnung. So folgt aus den Gesetzesmaterialien nämlich, dass der Gesetzgeber Immobilienmakler ausdrücklich nicht in den Adressatenkreis der Norm
aufgenommen hat. Damit beschränken sich jedoch auch die positiven Aspekte der Entscheidung.


Der Ausweitung der Pflichten des § 16a EnEV auf Makler über den Umweg des Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU kann nicht zugestimmt werden!


Im Einzelnen:

Der BGH geht in seiner Entscheidung weiter davon aus, dass der Unterlassungsanspruch der Kläger wegen eines Verstoßes gegen § 5a UWG in Verbindung mit Art. 12 der Richtlinie 2013/ 31/EU besteht. In Abs. 4 heißt es jedoch explizit:


„Die Mitgliedstaaten verlangen bei Verkauf oder Vermietung von Gebäuden, für die ein Ausweis über die Gesamteffizienz vorliegt [...] in Verkaufs- oder Vermietungsanzeigen in den kommerziellen Medien, dass der in dem Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes bzw. des Gebäudeteils angegebene Indikator der Gesamtenergieeffizienz
genannt wird.”


Der Richtlinie ist folglich weder ein genauer Adressatenkreis zu entnehmen, noch enthält der Art. 12 gerade eine Aufzählung der notwendigen Energieangaben. Vielmehr enthält die Richtlinie nur die Verpflichtung, den Indikator der Gesamtenergieeffizienz anzugeben. Eine ausdrückliche Verpflichtung von Immobilienmaklern ist der Norm folglich nicht zu entnehmen.


Weiter beinhaltet der Art. 12 der Richtlinie die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber erfolgte in § 16 a EnEV. Der deutsche Gesetzgeber hat im Rahmen der nationalen Norm die notwendigen Energieangaben in einer abschließenden Aufzählung fixiert, jedoch Immobilienmakler ausdrücklich aus dem Adressatenkreis der Norm ausgeschlossen.

 

Der Bundesgerichtshof und zum Teil auch die Instanzgerichte lehnen zwar einerseits die Anwendung des § 16a EnEV ab, überwälzen die sich aus dieser Norm ergebenden Pflichten jedoch vollständig auch auf Immobilienmakler, indem sie den Adressatenkreis über die Heranziehung des Art. 12 RL 2013/21/ EU über den Wortlaut des § 16a EnEV hinaus erweitern. Diese Ausdehnung des Adressatenkreises des § 16a EnEV ist unbillig, missachtet sie doch die ausdrückliche Intention des deutschen Gesetzgebers.


Zudem lässt das Urteil des BGH vermissen, dass der Verbraucher bereits durch den aus § 16 a EnEV verpflichteten Verkäufer bzw. Vermieter hinreichend informiert wird, ihm die notwendigen Informationen also – wenn auch von anderer Seite – auf jeden Fall zugehen. Sowohl Vermieter als auch Verkäufer sind nämlich vom Adressatenkreis des § 16a EnEV erfasst. Eine über den Wortlaut der Norm hinausgehende Verpflichtung des Maklers ist also nicht notwendig.


Zudem lässt die Entscheidung des BGH jegliche Realitätsbezogenheit vermissen. Schließlich dienen Immobilienanzeigen lediglich dazu, dem Leser einen ersten Eindruck einer Immobilie zu vermitteln und das Interesse des Verbrauchers zu wecken. Kein Verbraucher wird jedoch eine Immobilie allein aufgrund der Zeitungsanzeige anmieten oder kaufen. Im Zuge des relativ langen Entscheidungsprozesses bleiben genügend Möglichkeiten, den Verbraucher umfassend über alle wesentlichen Energiekennwerte des Gebäudes zu informieren. Spätestens bei Übergabe des Energieausweises bietet sich hierfür eine hervorragende Möglichkeit.


Fazit:

Festzuhalten ist aufgrund der vorstehenden Erwägungen also, dass die Grundsatzentscheidung zum einen in rechtlicher Hinsicht durchaus diskussionswürdig erscheint. Zum anderen schafft der Bundesgerichthof mit seiner Entscheidung zudem eine erhebliche, nahezu ungeahnte Haftungsfalle für Immobilienmakler. Die Maklerpraxis – ein Massengeschäft – wird deshalb in Zukunft vor erhebliche Hürden gestellt werden.


Sofern im Rahmen einer kommerziellen Immobilienanzeige Angaben vergessen wurden oder gar eine Abmahnung beim Makler eingeht, ist die Einholung von Rechtsrat zwingend anzuraten. In einer Einzelfallabwägung ist dann zu entscheiden, wie die drohende Haftung möglichst abgewandt werden kann und zukünftige Haftungsrisiken minimiert werden können.

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Ester Thanner LL.M.

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Wirtschaftsmediatorin (MuCDR), Zertifizierte Mediatorin

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