Haftung für die Fehler von Gehilfen

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​veröffentlicht am 03. Mai 2016

 

Bei der Vergabe von FM Dienstleistungen ist regelmäßig auch die Haftungsverlagerung vom Auftraggeber auf den Auftragnehmer von zentraler Bedeutung. Und auch in der internen Delegation spielt die Verteilung der Verantwortung auf Führungskräfte und Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Erbringt dann der Delegationsempfänger – egal ob Angestellter oder externer Dienstleister – die ihm übertragenen Aufgaben nicht ordnungsgemäß, stellt sich die Frage der Haftung des ursprünglich Verpflichteten für die Handlungen des von ihm eingesetzten „Gehilfen” und die Möglichkeiten zur Exkulpation.

 

Grundsätzlich hat derjenige, der durch seine Handlungen einem anderen in vorwerfbarer Weise einen Schaden zufügt, dem anderen den Schaden zu ersetzen. Werden Leistungen nicht durch den Verpflichteten selbst, sondern – wie im FM üblich – aufgrund der Übertragung von Dritten bzw. Gehilfen erbracht, kann eine Pflichtverletzung der eingesetzten Dritten auch eine Haftung und somit ein Schadensersatzrisiko des ursprünglich Verpflichteten begründen. Entscheidend für die Haftung und die Möglichkeiten der Entlastung ist dabei insbesondere, ob es sich bei dem eingesetzten Dritten um einen Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) oder einen Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) handelt.
 
Für die Differenzierung zwischen dem Erfüllungsgehilfen einerseits und dem Verrichtungsgehilfen andererseits kommt es allerdings weniger auf die eingesetzte Person an, d.h. es kann die gleiche Person im Falle eines schuldrechtlichen/vertraglichen Schadensersatzanspruchs (gem. §§ 280 ff. BGB) als Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) und gleichzeitig im Falle des deliktischen Anspruchs als Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB) qualifiziert werden.
 

Der Verrichtungsgehilfe nach § 831 BGB

Die deliktische Anspruchsnorm des § 831 BGB ist im Unterschied zu § 278 BGB keine Zurechnungsnorm, sondern eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Dabei haftet der in Anspruch genommene (Geschäftsherr) aber nicht für das (fremde) Verschulden des von ihm eingesetzten Dritten (Verrichtungsgehilfe), sondern für das eigene Auswahl- und Überwachungsverschulden, d.h. für die eigene (vorwerfbare) Pflichtverletzung, den eingesetzten Gehilfen nicht sorgfältig ausgewählt (Selektionsverschulden) oder überwacht (Überwachungsverschulden) zu haben. Auf ein Verschulden des Verrichtungsgehilfen kommt es dabei nicht an, allerdings muss der geltend gemachte Schaden zwingend bei der Ausführung der Verrichtungsleistung entstanden sein.
  
Die Besonderheit des § 831 BGB liegt darin, dass für den Geschäftsherrn die Möglichkeit besteht, sich trotz der Pflichtverletzung der Hilfsperson entlasten zu können, § 831 Abs. 1 S. 2 BGB. Eine Haftungsbefreiung ist immer dann möglich, wenn der Geschäftsherr nachweist, dass ihn bei der Auswahl und Beaufsichtigung des Gehilfen kein (eigenes) Verschulden trifft oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden wäre. Dabei wird eine Verschuldensvermutung zulasten des Geschäftsherrn angenommen, die er im Falle der Exkulpation entkräften muss. In der Praxis hat der Geschäftsherr somit mehrere Anknüpfungspunkte, um einer Haftung gem. § 831 BGB zu entgehen.
 

Der Erfüllungsgehilfe nach § 278 BGB

Im Gegensatz zu § 831 BGB ist die Regelung zum Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) eine Zurechnungsnorm für fremdes Verschulden. Der in Anspruch genommene haftet hierbei nicht für das eigene Verschulden, sondern für das Handeln bzw. Verschulden seines Erfüllungsgehilfen.
 
Voraussetzung für die Zurechnung ist eine Sonderrechtsbeziehung (i.d.R. ein Vertragsverhältnis) zwischen dem Geschäftsherrn und dem Geschädigten, d.h. der Geschäftsherr ist gegenüber dem Geschädigten zur Erbringung vertraglich geschuldeter Leistungen verpflichtet und bedient sich zur Erfüllung seiner Pflichten aus dem Vertrag eines Dritten (Erfüllungsgehilfen). Der Erfüllungsgehilfe kann dabei sowohl ein externer Dritter als auch ein angestellter Arbeitnehmer sein. Allerdings ist nach der herrschenden Meinung nur derjenige Erfüllungsgehilfe, der zur Leistungserbringung oder Erfüllung der damit verbundenen Schutzpflichten beiträgt, d.h. es muss wie beim § 831 BGB ein enger Zusammenhang zwischen Verletzungshandlung und Erfüllungshandlung gegeben sein.
 
Wichtigster Unterschied zum Anspruch gem. § 831 BGB besteht darin, dass dem Geschäftsherrn im Falle des § 278 BGB keine Entlastungsmöglichkeit zugestanden wird. Eine Haftungsbefreiung kommt demnach nur dann in Frage, wenn den Erfüllungsgehilfen bezüglich der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft. Eine Ausnahme bildet dabei aber die unentgeltliche Leistungserbringung (culpa in eligendo).
  

Fazit

Die in der arbeitsteiligen Welt des FM vielfach genutzte Möglichkeit der Übertragung – sei es durch die Einschaltung externer Dienstleister oder durch die interne Delegation auf Führungskräfte und Mitarbeiter – darf nicht dazu führen, dass die Rechte eines durch eine Pflichtverletzung Geschädigten verkürzt werden. Aus diesem Grund differenziert der Gesetzgeber zwischen Verrichtungs- und Erfüllungsgehilfen und hat die Exkulpation nur für den deliktischen Schadensersatzanspruch des § 831 BGB zugelassen. Insoweit sind Auftraggeber gut beraten, Klauseln zur Haftung, zu Haftungsfreistellungen oder Durchgriffsrechten nicht ohne juristischen Beistand zu formulieren oder aus Musterverträgen zu übernehmen, sondern auf den individuellen Einzelfall zu beziehen und rechtlich sauber zu vereinbaren. Darüber hinaus sollten entsprechende Regelungen zur Kontrollausübung gegenüber dem Auftragnehmer berücksichtigt werden.

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