Vertragsrecht – der erforderliche Abgleich von Miet- und Facility-Management-Verträgen

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veröffentlicht am 03. Mai 2016

Häufig werden bei der Vergabe von Leistungen in der Immobilienbewirtschaftung die bestehenden und neu abzuschließenden Verträge jeweils sorglos isoliert betrachtet und optimiert. Das bedeutet regelmäßig, dass Fachjuristen bspw. für Mietrecht den Mietvertrag gestalten und verhandeln und daneben andere Fachjuristen – häufig zeitversetzt – bspw. den Dienstleistungsvertrag (Facility Management Vertrag) oder andere Verträge für die Bewirtschaftung der Immobilie einzeln gestalten und verhandeln. Dies führt zu Schnittstellenproblemen, ggf. Doppelbeauftragungen und nicht zuletzt zu unerkannten Haftungsrisiken.

 

​Wollen Sie die vorgenannten Risiken vermeiden? Dann sollten Sie neben der fachlichen Begleitung im Rahmen der Gestaltung und Ausschreibung der FM-Verträge und der dazu gehörenden Leistungsbeschreibung auch die richtige Einbettung und Synchronisation bestehender oder neu abzuschließender Mietverträge und ggf. weiterer Verträge, die Berührungen zum FM-Vertrag haben, im Auge behalten.
 

Schnittstellen von Mietvertrag und weiteren Immobilienverträgen beachten

In aller Regel wird die betroffene Immobilie fremd genutzt. Sei es allein wohnungswirtschaftlich, gewerblich oder gar gemischt. Teil der mietvertraglichen Vereinbarungen sind stets – im Rahmen der meist formularvertraglichen Ausgestaltung eines über Jahre organisch gewachsenen Mietvertrages – auch Regelungen zur Übertragung der Instandhaltung/Instandsetzung und der Schönheitsreparaturen sowie allgemein der Verkehrssicherungspflicht, insbesondere dem Winterdienst.
 
Das ist in mehrfacher Hinsicht problematisch, denn das noch junge Rechtsgebiet „FM-Recht” verwendet zum Teil andere Begriffe als das bekannte Mietrecht oder verwendet die Begrifflichkeiten anders. Dies spiegelt sich auch in den verschiedenen vertraglichen Regelungen und Entwürfen, die wir zur Prüfung vorgelegt bekommen, wider. Meist werden Übertragungsrisiken und -lücken geschaffen, die zur Verwirklichung des Ausgangsinteresses unbedingt vermieden werden müssen. Wenn der Dienstleister z.B. den Winterdienst übernimmt, sind dessen Leistungen im Rahmen der Betriebskostenabrechnung mit dem Mieter abrechenbar. Fraglich ist das aber dann, wenn dem Mieter diese Aufgabe im Mietvertrag – weil man das immer so macht – übertragen wurde. Dann ist die vertragliche Regelung in den Augen der Rechtsprechung unklar und intransparent im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB. Die Folge: Unwirksamkeit der Klausel.
 

Instandhaltung ist nicht gleich Instandhaltung

Besonders deutlich wird dies bei der Übertragung der „Erhaltungsverpflichtung” aus § 535 Abs. 1 BGB im Rahmen einer zulässigen Dach- und Fachklausel auf den Mieter. Der Bundesgerichtshof hat hierzu in Kenntnis der Definition der technischen Vorschriften (DIN 31051) oder bspw. der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 7 BetrSichV eine andere Herangehensweise gewählt. Aus technischer Sicht untergliedert sich Instandhaltung in:
  • Wartung: Maßnahmen zur Bewahrung des Sollzustandes von technischen Arbeitsmitteln und Anlagen zur Vermeidung von Störungen des Produktionsablaufs, Beispiel: Schmieren, Reinigen, Justieren.
     
  • Inspektion: Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustands von Gebäuden, Anlagen und technischen Arbeitsmitteln zur Vermeidung von Störungen des Produktionsablaufs. Beispiel: Prüfen, Messen, Beurteilen.
     
  • Instandsetzung: Maßnahmen zur Wiederherstellung des Soll-Zustands von Gebäuden, Anlagen und technischen Arbeitsmittel mit Aufbereitung oder Ersatz von Teilen nach Inspektionsergebnissen, Beispiel: Austauschen, Ausbessern.

  
Nach dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 6. April 2005, Az.: XII ZR 158/01) sind in mietvertraglicher Hinsicht Instandhaltung und Instandsetzung zu unterscheiden: Unter den Kosten der Instandhaltung werden – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Parteien in Anlehnung an § 28 Abs. 1 der II. BerechnungsVO – die Kosten verstanden, die zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen. Bei den Instandsetzungskosten handelt es sich in der Regel um Kosten aus Reparatur und Wiederbeschaffung.
 
Die Begrifflichkeiten sind also nicht deckungsgleich. Im Rahmen der Beurteilung der FM-Verträge liegen uns oft auch Mietverträge vor bzw. wir empfehlen deren Einsichtnahme. Festzuhalten ist, dass eine mietvertragliche Abstimmung auf den FM-Vertrag oder anders herum selten vorgenommen wird. Dem Mieter wird mantraartig in einem Formularmietvertrag die Instandhaltung übertragen, ohne zu wissen, dass das nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nur die Hälfte der vollständigen Übertragung bedeutet. Auch hier ist die Folge, dass sich die Vertragsparteien ggf. in ermüdenden Rechtsstreiten erklären lassen müssen, was sie angeblich vereinbart haben, so aber nicht wollten. Besonders ist das dann zu bejahen, wenn dem Mieter einerseits Instandhaltungsmaßnahmen übertragen werden, andererseits aber weitgehende Kostentragungspflichten in der Betriebskostenabrede geschaffen werden. Das ist ein Widerspruch in sich. Im schlimmsten Fall entstehen Lücken in der Übertragung der Verantwortung mit der weiteren Folge, dass diese unbekannt beim Eigentümer verbleibt und er sich weiterhin darum zu kümmern hat – und auch zu bezahlen.
 

Lösungsansatz: „Der Blick über den Tellerrand”

Um derartige meist kosten- und personalintensive Rechtsstreitigkeiten mit oft unbefriedigendem Ausgang zu vermeiden, sollte anlässlich jeder Vergabe oder (Neu-)Organisation von FM-Leistungen auch das Mietermanagement auf den Prüfstand gestellt werden. Hier zeigt sich besonders, wie wichtig ein interdisziplinärer Beratungsansatz für den Mandanten ist.
  

Nach unserer Auffassung ist zu unterscheiden:

Soll eine vollständige Übertragung auf einen Dienstleister erfolgen, sind die Miet- und Nutzerverträge von Übertragungsregelungen im Bereich Instandhaltung und-setzung sowie Übertragung der Verkehrssicherungspflicht einerseits zu befreien und andererseits um die Aufnahme der entstehenden Kostenarten in die Betriebskostenregelung zu erweitern. Die Mieter sind demnach nur noch für die eigene Verkehrssicherung verantwortlich und zahlen wirtschaftliche Entgelte für die Ausübung der FM-Leistungen an den Eigentümer. Das muss auch jedem Mieter Recht sein, wird doch auch er so um eine Haftungsmasse erleichtert. Zunehmend spielen hier auch Überlegungen zur Vereinbarung einer Inklusivmiete wieder eine Rolle.
 
Soll – z.B. um die Betriebskosten gering zu halten oder weil es sich um einen single-tenant handelt – nur bereichsweise eine Übertragung erfolgen, sind die FM-Verträge und Mietverträge inhaltlich und bezogen auf den jeweiligen Ausübungsbereich abzustimmen.
 
Nebenbei werden durch uns – ohne große Ausnahmen – immer wieder fatale und zum Teil erheblich veraltete Regelungen zu den Themenkreisen Betriebskosten, Schönheitsreparaturen, Haftungsausschluss und Ausschluss der Aufrechnung/Zurückbehaltung und Mietminderung diagnostiziert. Im Rahmen der ggf. erforderlichen Umstellung des Mietvertrages können solche Klauseln in aller Regel ohne großen nennenswerten zusätzlichen Aufwand mitgeteilt werden.
 
Vertragskonstellation ohne Vertragsabgleich

   
Vertragskonstellation mit Vertragsabgleich

 
Vertragskonstellation "Kettenvertrag"

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