§ 2b UStG – Nach der Option kommt die operative Umsetzung

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​veröffentlicht am 3. April 2023






Optionsfristverlängerung des § 2b UStG

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde die Optionsfristverlängerung des § 2b UStG in Artikel 16 Nr. 13a JStG umgesetzt. Danach ist der § 2b UStG zwingend ab dem 1.1.2025 anzuwenden. Eine Möglichkeit, die Frist nicht voll auszuschöpfen, sondern beispielsweise den § 2b UStG ab dem 1.1.2024 anzuwenden besteht jedoch.

Beispielsweise bei geplanten oder kürzlich durchgeführten Investitionen in Schwimmhallen oder Sportstätten kann dies, vor dem Hintergrund einen hohen Vorsteuerabzug geltend zu machen, sinnvoll sein.

Darüber hinaus ist in naher Zukunft davon auszugehen, dass es aufgrund diverser Äußerungen bzw. Entscheidungen der Finanzverwaltungen und -gerichte sowie der gelebten Verwaltungspraxis vermehrt zu Änderungen bei der steuerrechtlichen Bewertung kommen kann.

Warum wurde verlängert

Die erneute Verlängerung lässt sich nicht nur dadurch begründen, dass es aufgrund offener Rechtsfragen Unsicherheiten bei der Anwendung des § 2b UStG gibt, sondern auch durch die Vielzahl der aktuell zu bewältigenden Umstände, wie z. B. die Unterbringung der infolge des Ukraine-Krieges geflüchteten Menschen, die Energiekrise, die Grundsteuerreform, die dazu geführt hat, dass vor allem Städte und Kommunen teilweise Hunderte von Grundbesitzwerten gleichzeitig bewerten mussten, sowie das fehlende fachkundige Personal seitens der juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR).

Doch was ist in der Übergangszeit zu tun?

Die Anwendung des § 2b UStG ist ab dem 1.1.2025 verpflichtend. Für die operative Umsetzung ist je nach Fortschritt im Umstellungsprozess und mit Blick auf mögliche Besteuerungstatbestände und damit korrespondierende Mehrbelastungen und Vorsteuerpotenzialen eine Wirtschaftlichkeitsanalyse durchzuführen. Die steuerrechtliche Bewertung muss fortentwickelt und aktualisiert, sowie die verwaltungsinternen Strukturen auf Basis der bisher getätigten Vorarbeiten optimiert werden.

Aufbau einer Vertragsdatenbank
Die „gewonnene” Zeit sollte nicht nur für die Umsatzbesteuerung, sondern allgemein für die Organisation der Verwaltung genutzt werden. Ein wichtiger Schritt ist die Einführung oder die Fortentwicklung einer zukunftsfähigen Vertragsdatenbank.

Was mit staubigen Ordnern begann, kann nun in Excel- Tabellen gesichtet und danach in praktische Softwarelösungen eingespielt werden. Bei der Sichtung können Verträge klassifiziert und nach Inhalt und zeitlichem Abschluss gefiltert werden. Bei diesen Analysen kommt es nach unserer Erfahrung bereits zu ersten Feststellungen was beispielsweise Handyverträge angeht, die für Mitar-beitende abgeschlossen wurden, die den Arbeitgeber bereits seit Längerem gewechselt haben. 

Anpassen von Verträgen
Viele jPdöR haben im Rahmen der Vorbereitungen auf die verpflichtende Anwendung des § 2b UStG bereits Verträge angepasst oder sind dabei, Verträge für die Zukunft anzupassen. Ein häufiges Problem ist, dass Verträge auf den 1.1.2023 angepasst wurden, obwohl nun der § 2b UStG tatsächlich keine Anwendung findet. 

Dadurch steht § 14c UStG im Raum. Die sogenannte „umsatzsteuerliche Strafsteuer” muss gezahlt werden, wenn Umsatzsteuer in Rechnungen oder Dauerrechnungen (bspw. Mietverträgen) ausgewiesen wird, jedoch tatsächlich keine gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer vorliegt.

Das Problem besteht darin, dass:

  1. Ggf. die Leistung durch die Umsatzsteuer teurer geworden ist, obwohl grds. keine Erhöhung der Kosten vorgesehen war, oder
  2. der Leistungsempfänger eine Rechnung erhält, aus der er keine Vorsteuer ziehen kann, da es sich nicht um eine gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer handelt (Vorsteuerabzug § 15 UStG).

Lösungsansätze zu 1.:

Für bereits getroffene Vertragsgestaltungen ist es für eine komplette „Zurückabwicklung” ggf. zu spät. Da es sich jedoch um besondere Umstände handelt, die zu dieser umsatzsteuerlich falschen Vertragsanpassung geführt haben wäre ein praktischer Ansatzpunkt beispielsweise Anlagen zu den Verträgen aufzunehmen, in denen klargestellt wird, dass die Umsatzsteuer tatsächlich erst erhoben wird, wenn der § 2b UStG zur Anwendung kommt. Verknüpft mit einer Ankündigungsfrist für die jPdöR, die dem Vertragspartner innerhalb angemessener Frist ankündigen muss, dass der § 2b UStG angewendet wird, dürfte dies alle Vertragsparteien zu-friedenstellen.

Wird also gegenüber einem Unternehmer Umsatzsteuer ausgewiesen, muss diese nach § 14c Abs. 2 UStG gegenüber dem Finanzamt angezeigt und abgeführt werden. Der Unternehmer hat jedoch keinen Schaden zu befürchten, da das Finanzamt den Vorsteuerabzug auch aus solchen Rechnungen zulässt, obwohl tatsächlich keine gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer im Sinne des § 15 UStG vorliegt. 
Lösungsansatz zu 2.:

Nach Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder hat das Bundesministerium der Finanzen am 2.2.2023 klargestellt1, dass die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer von einer jPdöR (die im Jahr 2023 weiter § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung anwendet) den Vorsteuerabzug für vorsteuerabzugsberechtigte Personen nicht einschränkt. 

Außerdem kann auf die Festsetzung und Abführung von Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG verzichtet werden, wenn eindeutig feststeht, dass die Rechnung nicht für Zwecke verwendet werden kann, die einen Vorsteuerabzug ermöglichen (Rechnung an Nichtunternehmer), womit dem Urteil des Gerichtshofs vom 8.12.2022 gefolgt wird.2 

Zukünftig ist also trotzdem auf den richtigen Umsatzsteuerausweis zu achten. Hinzu kommt, dass darauf geachtet werden sollte, Verträge, die noch nicht auf die Anwendung des § 2b UStG angepasst sind, genauer zu betrachten.

Bei einer Option zur Umsatzsteuer nach § 9 UStG oder einer tatsächlichen Umsatzsteuerpflicht unter § 2b UStG sollte eine Verknüpfung zur tatsächlichen Anwendung des neuen Rechts geschaffen werden.

Musterverträge und Musterrechnungen für die Zukunft sollten nochmals untersucht werden, wenn diese bereits etabliert wurden.

GOBD immer wieder aktuell
Nicht müde werden sollte man ebenfalls bei dem Thema GoBD. Das seit dem Jahre 1995 aufgeworfene Thema3 ist laufend angepasst und aktualisiert worden. Auch die Finanzverwaltung legt immer mehr Wert auf eine ausreichende Verfahrensdokumentation, zeitnahe Erfassung von Einnahmen etc. Außerdem sind die GoBD auch im Kommunalrecht verankert.4 Ausführlicher wird sich dem Thema im bereits veröffentlichten Beitrag "Fit für die Betriebsprüfung? – GoBD in der Kommunalverwaltung" gewidmet. 

Vorsteuerabzug
Das Thema Vorsteuerabzug bei jPdöR war ebenfalls schon Thema in vorherigen Beiträgen von uns. 

Der Vorsteuerabzug sollte nach oben genannten Schritten mit auf der „To-do-Liste” stehen, da dieser eine gute Möglichkeit gibt, den Haushalt zu entlasten. Momentan besteht ein BMF-Entwurf, der das Ziehen von Vorsteuern durch jPdöR vereinfachen soll, indem Vorsteuerschlüssel gebildet werden. 

Jedoch ist das allgemeine Umsatzsteuerrecht vorrangig zu befolgen, wenn dies keinen unerheblichen Aufwand darstellt. 

Nach unserem Dafürhalten ist vor allem bei Gebäuden eine Bildung des individuellen Aufteilungsmaßstabs notwendig. Bei diesen ist die Bildung eines konkreteren Umsatzschlüssels ohne einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand möglich. Ob Wohn- und Nutzfläche, umbauter Raum oder Nutzungszeiten ist dabei für die Umsatzsteuer egal, solange die Aufteilung zu einem sachgerechten Ergebnis führt.

Personal
Als wichtigsten „letzten Punkt” sehen wir das Thema Personal. Alle Mitarbeitenden tragen die neuen steuerlichen Herausforderungen mit und sollten nach unserem Dafürhalten dementsprechend vorbereitet werden. Da die jPdöR bisher nur wenig mit der Besteuerung in Berührung kommen, ist eine erste Sensibilität zu schaffen. 

Praktische Erfahrung können leider die wenigsten aufweisen, jedoch kann entsprechendes Fachwissen, das die Mitarbeitenden tatsächlich brauchen, durch Schulungen und sonstige Angebote vermittelt und langsam aufbereitet werden.

Außerdem müssen in der jetzigen Zeit Hilfsmittel entwickelt werden, die die Mitarbeitenden im Rahmen ihrer täglichen Arbeit an die Hand nehmen. Ein weiterer Vorteil von Hilfsmitteln ist, dass die Arbeit dokumentiert wird und bereits im Vorfeld Problemfelder umgangen bzw. identifiziert werden können.

Hilfsmittel können dann zentral in Prozesse und damit in den täglichen Workflow der Mitarbeitenden eingebunden werden, um so die steuerlichen Konsequenzen bzw. Meldewege zu automatisieren.

Für Rückfragen, gerade im Hinblick auf die technische Umsetzung und die fachspezifische Expertise, beraten wir Sie gerne!

______________________________________________________________
1 Temporäre Billigkeitsregelung für einen unberechtigten Steuerausweis nach § 14c UStG BMF vom 2.2.2023.
2 EuGH-Urteil v. 8.12.2022, Rs. C-378/21.
3 BMF-Schreiben vom 7.11.1995.
4 Bspw. § 28 Abs. 5 KomHVO NRW.




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