Glasfaserbau im ländlichen Bereich - Wirtschaftlichkeitslücken und Gegenmaßnahmen

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​veröffentlicht am 2. April 2014

 

Das Internet ist inzwischen jedem Bundesbürger ein Begriff, die Datenautobahn ist längst im Alltag angekommen. Und je mehr leistungsstarke Dienste wir im Internet nutzen, desto höher wird der Bedarf an einer möglichst hohen Bandbreite.

Umso wichtiger wird es, auch ländliche Regionen mit auf die Überholspur zu nehmen und die Infrastruktur entsprechend auszubauen. Und wo die Kapazität der alten Kupfernetze ihre Grenzen erreicht, ist der Ausbau von Glasfasernetzen in aller Munde. Doch wie soll das Netz aussehen, wie steht es um die Wirtschaftlichkeit und woher kommt das nötige Kapital? Aus großen Visionen ergeben sich konkrete Fragen!
 

Ziele und Herausforderungen

Die strategische Zielsetzung des Koalitionsvertrages liest sich erfreulich. Bis zum Jahr 2018 soll es in Deutschland eine flächendeckende Grundversorgung mit mindestens 50 MBit/s geben. Damit geht die derzeitige Bundesregierung sogar noch einen Schritt weiter als die EU, die in ihrer „digitalen Agenda“ seinerzeit ein Minimum von 30 MBit/s bis zum Jahr 202  anstrebte. Vor dem Hintergrund, dass sich der Bedarf an Bandbreite in den letzten Jahrzehnten ungefähr in einem fünfjährigen Turnus verzehnfachte, ist jedoch fraglich, ob die vorgegebenen Ziele den tatsächlichen Bedarf decken können. Leider stellt sich in ländlichen Regionen aufgrund der geringen Anschlusszahlen bei hoher Netzlänge oft erst nach vielen Jahren ein wirtschaftlicher Erfolg ein. Aus diesem Grund konzentrieren sich etablierte Telekommunikationsunternehmen verstärkt auf dicht besiedelte Regionen, in denen auf kurzen Netzlängen hohe Teilnehmerzahlen versorgt werden. Beim Ausbau vernachlässigt bleiben dann die weniger rentablen Gebiete. Aus diesem Grund entscheiden sich zunehmend mehr Kommunen in ländlichen Gebieten zu einem Glasfaserausbau in Eigenregie. Die Bundesregierung unterstützt diese Vorhaben bereits heute mit Förderprogrammen und Finanzierungsmodellen, die in Zukunft wohl noch weiter ausgebaut werden. Aus Sicht interessierter Kommunen gilt es, individuell optimale Modelle zu finden und bestehende Fördermöglichkeiten weitestgehend auszunutzen.
 

Mögliche Infrastrukturmodelle

Das „Rückgrat“ kabelgebundener Datennetze bildet das Backbone, ein Glasfasernetz mit Zugang zu den internationalen Knotenpunkten. Es mündet in verschiedenen lokalen Hauptverteilern. Von hier aus werden die Daten über unterschiedliche Technologien weitergeleitet  Am weitesten verbreitet ist die Kupferleitung, die über den Kabelverzweiger bis zum Endkunden verläuft. Die so erreichbaren Datenraten sind eher gering.
 
Eine Steigerung der Datenrate lässt sich erreichen, indem die Strecke vom Hauptverteiler bis zum Kabelverzweiger durch eine Glasfaserleitung verbunden wird (FTTC). Nur die sogenannte „letzte Meile“ ist weiterhin eine Kupferleitung. Die Datenraten sind hier deutlich höher, schwanken jedoch erheblich mit den verwendeten Übertragungsstandards sowie der Länge der Kupferleitung.
 
Die größte Datenrate lässt sich durch die vollständige Verlegung von Glasfaserkabeln bis zum Endkunden (FTTH) erreichen, was aber in der Regel auch mit hohen Investitionssummen einhergeht.

Verlegung Glasfaserkabel

Wirtschaftlichkeitslücken

Aufgrund von meist sehr hohen Anfangsinvestitionen und eines noch nicht vorhanden Kundenstamms ergeben sich oftmals Wirtschaftlichkeitslücken beim Ausbau von Breitbandnetzen. Daneben gestaltet es sich häufig schwierig, kurzfristig hohe Kundenzahlen zu generieren, da sich für den Endkunden beim heutigen Datenbedarf noch nicht zwingend die Notwendigkeit zum Umstieg auf Angebote mit höheren Datenraten ergibt. Auch die Vectoring-Technologie kann eine zügige Kundengewinnung erschweren. Durch Vectoring gelingt es den etablierten Telekommunikationsunternehmen teilweise, die bereitgestellte Datenrate auf Basis der bestehenden Kupfertechnologie zu erhöhen. Technische Voraussetzung dafür ist es, die „letzte Meile“ für Fremdanbieter zu sperren. Damit entfällt in einigen Fällen die Möglichkeit eines FTTC-Ausbaus für neue Anbieter. Langfristig kann aber davon ausgegangen werden, dass auch Vectoring keine ausreichenden Datenraten bieten kann. Etablierte Anbieter setzen zusätzlich oft aggressive Marketingstrategien ein, um ihren bestehenden Kundenstamm zu schützen, ohne das eigene Netz weiterentwickeln zu müssen. Der Anstieg der Nachfrage nach höheren Datenraten ist zwar grundsätzlich absehbar, jedoch muss die sich bis zu diesem Zeitpunkt ergebende Wirtschaftlichkeitslücke überbrückt werden.
 
Zur Abschätzung der wirtschaftlichen Effekte ist die Ermittlung der Wirtschaftlichkeitslücke unumgänglich. Grundlage hierfür bildet üblicherweise eine Planungsrechnung, die den geplanten Ausbau der Netze, die Kosten- und Ertragspositionen und die Finanzierungsbedingungen berücksichtigt. Daraus leitet sich ein Businessplan ab, in dem durch verschiedene Umsatzentwicklungen auch das entsprechende Kundengewinnungsrisiko dargestellt werden kann. Im Folgenden sei anhand fiktiver Zahlen beispielhaft eine stark vereinfachte Businessplanung vorgestellt (Tabelle unten).
 
Businessplanung Tabelle
Die hier unterstellte Entwicklung kann nicht als repräsentativ angenommen werden.

Zusätzlich ist das unternehmerische Risiko zu berücksichtigen, denn die Wirtschaftlichkeitslücke kann bei abweichen den Umsatzerlösen drastisch wachsen. Es bietet sich deshalb an, auch andere Modelle im Hinblick auf die Wertschöpfungstiefe zu prüfen. So können unternehmerische Risiken (aber auch Chancen) unter Umständen teilweise an einen Kooperationspartner transferiert werden.
 
Unabhängig von der letztendlich gewählten Wertschöpfungstiefe wird deutlich, dass eine ausreichende Kapitaldecke unabdingbar ist. Aufgrund dieser Tatsache wurden im Zuge der bundesweiten Glasfaseroffensive Fördermöglichkeiten geschaffen, die ausbauwilligen Kommunen eine entsprechende Investition auch aus Risikogesichtspunkten ermöglichen.
 

Finanzierung und Förderung

Grundsätzlich besteht aus kommunaler Sicht die Möglichkeit, den Ausbau von Glasfasernetzen aus dem Haushalt bzw. aus den Überschüssen kommunaler Unternehmen, beispielsweise Stadtwerken, zu finanzieren. Unter Umständen können auch Bankdarlehen aufgenommen werden. Zusätzlich bieten sich unterschiedliche Förderprogramme an, um die Finanzierung des Ausbaus zu stützen.
 
An dieser Stelle sei auch auf die Bundesrahmenregelung Leerrohre (BRLR) hingewiesen, deren Ziel die Vereinfachung des Breitbandausbaus durch die Schaffung eines notifizierungsfreien Rahmens für bestimmte Fördermaßnahmen ist. Beim Glasfaserausbau kommt dem Aufbau einer passiven Infrastruktur durch die (Mit-)Verlegung von Leerrohren beispielsweise im Wasser-/Abwasser-, Strom- oder Gasbereich eine zunehmend stärkere Rolle zu. Bei der Unterstützung solcher Maßnahmen durch öffentliche Mittel handelt es sich um Beihilfen, die regelmäßig notifizierungspflichtig sind. Die Notwendigkeit zur Notifizierung jeder Einzelmaßnahme wird durch die BRLR vermieden. Zwar ist ihre Gültigkeit zwischenzeitlich ausgesetzt, da sie nicht mit den aktuellen Breitbandrichtlinien der Europäischen Kommission übereinstimmt. Es wird jedoch allgemein davon ausgegangen, dass eine neue Rahmenregelung kurzfristig zum gleichen Ergebnis führt. Die BRLR ermöglicht die Nutzung vorhandener Leerrohre und damit das Heben von Synergien, stellt aber keine direkten Fördermittel zur Verfügung.
 
Bei direkten Fördermitteln wird zwischen Förderdarlehen und Förderzuschüssen unterschieden, wobei Zuschüsse naturgemäß nicht den vollständigen Kapitalbedarf des Netzausbaus abdecken. In einem Großteil der Fälle bietet sich eine Kombination aus Eigenfinanzierung, Förderzuschuss und Darlehen an. Dabei sind je nach Förderprogramm unterschiedliche Voraussetzungen zu erfüllen. Vorranging handelt es sich dabei um im Vorfeld durchgeführte Bedarfserhebungen im Netzgebiet, bankenfähige Businesspläne oder Ausschreibungen des Netzbetriebes. Je nach individueller Situation einer Kommune eignen sich auch spezialisierte Programme, beispielsweise zur Förderung von Energieeffizienz durch Smart-Grids mithilfe von Breitbandnetzen oder zur Förderung nur einzelner Gebiete bei gesicherter Gesamtfinanzierung.
 

Fazit

Es lässt sich festhalten, dass auch beim Ausbau von Glasfasernetzen die korrekte Ermittlung der wirtschaftlichen Effekte unumgänglich ist. Je nach Wertschöpfungstiefe, Zielnetzstruktur, bereits vorhandene Infrastruktur und Kundenentwicklung kann diese unterschiedlich hoch sein. Ein optimales Modell unter Ausnutzung passender Fördermaßnahmen und Synergien kann entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung solcher Großprojekte sein.
 
Gerne stehen wir Ihnen beratend mit unserem betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Know-how als Experten für kommunale Infrastrukturbelange zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

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