ESMA veröffentlicht Empfehlung und Stellungnahme zur Erweiterung des EU-Passes auf Nicht-EU-AIF und Nicht-EU-AIFM

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Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat am 30. Juli 2015 die von der AIFM-Richtlinie (RL 2011/61/EU) vorgesehene Empfehlung an das Europäische Parlament, den Rat und die Europäische Kommission zur Anwendung des EU-Passes auf den Vertrieb von Nicht-EU-AIF (Alternative Investmentfonds) durch EU-AIFM (Alternative Investment Fund Manager, in Deutschland die Kapitalverwaltungsgesellschaften) in den EU-Mitgliedstaaten und zur Verwaltung und/oder zum Vertrieb von AIF durch Nicht-EU-AIFM in den EU-Mitgliedstaaten veröffentlicht. Zeitgleich hat sie eine Stellungnahme veröffentlicht über die Funktionsweise des EU-Passes und des Vertriebs von Nicht-EU-AIF durch EU-AIFM und die Verwaltung und/oder den Vertrieb von EU-AIF durch Nicht-EU-AIFM in den Mitgliedstaaten gemäß den geltenden nationalen Regelungen (National Private Placement Regime).
 
Der durch die AIFM-Richtlinie und deren Umsetzung durch das deutsche Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) eingeführte EU-Pass erlaubt AIFM, die in einem EU-Mitgliedstaat zugelassen sind, bereits heute den EU-weiten Vertrieb von AIF an professionelle Anleger. Eine Neuzulassung des AIFM in jedem anderen Mitgliedstaat ist hierfür nicht erforderlich, es bedarf lediglich einer Anzeige bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) (siehe auch unseren Beitrag im Fonds-Brief Juli 2013). Für Sachverhalte mit Drittstaatenbezug, das heißt, unter Beteiligung von Nicht-EU-AIF und Nicht-EU-AIFM sollte der EU-Pass erst zu einem späteren Zeitpunkt durch delegierten Rechtsakt eingeführt werden. Zu diesem Zweck hat die ESMA dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission nun eine entsprechende Empfehlung und Stellungnahme vorgelegt.
 
Im Vorfeld zu dieser Empfehlung und Stellungnahme hat die ESMA sechs Rechtsordnungen, namentlich die von Guernsey, Hongkong, Jersey, Singapur, der Schweiz und den USA, genauer unter die Lupe genommen, um diese auf deren Eignung für die Erweiterung des EU-Pass-Systems zu untersuchen. Untersucht wurden diese Länder im Hinblick auf den bestehenden Anlegerschutz, den Wettbewerb, potentielle Marktstörungen und die Überwachung von Systemrisiken. Ferner hat die ESMA am 7. November 2014 ein Konsultationspapier (Call for evidence on AIFMD passport and third country AIFMs) veröffentlicht und lud Marktteilnehmer zu Feedback zum EU-Pass nach der AIFM-Richtlinie auch in Bezug auf Sachverhalte mit Drittstaatenbezug ein (siehe auch unseren Beitrag im Fonds-Brief direkt 13. November 2014).
 
Laut Empfehlung der ESMA bestehen keine Einwände gegen eine Erweiterung des EU-Pass-Systems auf die Kanalinseln Guernsey und Jersey. Eine Erweiterung auf die Schweiz sei ebenfalls möglich, allerdings müsste der schweizerische Gesetzgeber hierfür bestimmte Gesetzesänderungen vornehmen. Hinsichtlich Hongkong, Singapur und den USA stehen eine abschließende Empfehlung und Stellungnahme noch aus.
 
Die ESMA plant ihre Untersuchungen hinsichtlich Hongkong, Singapur und den USA so bald wie möglich abzuschließen. Überdies möchte sie weitere Drittstaaten auf ihre Eignung für die Erweiterung des EU-Pass-Systems untersuchen. Insgesamt sollen 22 Rechtsordnungen untersucht werden, unter anderem Australien, Bermuda, die British Virgin Islands, die Cayman Islands, die Isle of Man und Mauritius.
 
Die veröffentlichte Stellungnahme wurde dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission bereits vorgelegt. Diese haben nun zu entscheiden, ob sie gesetzgeberisch tätig werden und die empfohlene Erweiterung des EU-Pass-Systems auf Drittstaaten durch einen in allen EU-Mitgliedstaaten direkt anwendbaren delegierten Rechtsakt vornehmen. Es ist allerdings auch möglich, dass die Untersuchung weiterer Drittstaaten durch die ESMA abgewartet wird, um etwaige negative Marktauswirkungen zu vermeiden, die eine nur begrenzte Erweiterung auf wenige Drittstaaten haben könnte. Über die weiteren Entwicklungen halten wir Sie selbstverständlich auf dem Laufenden.

Fonds-Brief direkt 13. August 2015

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