Rechtsprechung zur Mietzahlung bei pandemiebedingter Schließung uneinheitlich?

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​OLG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2021; Az.: 5 U 1782/20 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Februar .2021,; Az.: 7 U 109/20

 

Zwei OLGs entschieden am gleichen Tag einen auf den ersten Blick identischen Sachverhalt unterschiedlich. Ist dies eine uneinheitliche Rechtsanwendung?

 
Der zugrunde liegende Sachverhalt: Jeweils ein Inhaber eines/einer Einzelhandelslokals/-kette zahlte die Miete für April 2020 nicht. Die Vermieter klagten jeweils auf Zahlung. Die beiden Landgerichte (Chemnitz und Heidelberg) hatten jeweils die beklagten Mieter zur Zahlung der gesamten Miete verurteilt.

 
Während das OLG Dresden in der pandemiebedingten Schließung eines Textileinzelhandelslokals eine Störung der Geschäftsgrundlage und eine darauf basierende Reduzierung der Mietzahlungspflicht um 50 % annahm, entscheid das OLG Karlsruhe, dass eine Störung nicht vorliegt und der Mieter die volle Miete trotz Störung zu zahlen habe.

 
Die maßgebliche Frage in beide Fällen war diejenige nach einer möglichen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Beide Gerichte hatten nämlich entweder einen Mangel verneint, bzw. die Frage offengelassen.

 

Nach Ansicht des OLG Karlsruhe liegt laut Pressemitteilung vom 25. Februar 2021 eine Störung der Geschäftsgrundlage nicht vor. Eine Störung setze neben einer schwerwiegenden Veränderung eines Umstandes der zur Vertragsgrundlage wurde weiter voraus, dass dem betroffenen Vertragspartner das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Als Kriterien hierfür nennt der Senat eine Vernichtung der Existenz durch die Belastung mit der vollständigen Mietzahlung oder zumindest die schwerwiegende Beeinträchtigung seines wirtschaftlichen Fortkommens. Weiterhin müssen auch die Belange des Vermieters auf der Gegenseite berücksichtigt werden. Es sei mithin eine Abwägung der Interessen im Einzelfall vorzunehmen. Folgende Punkte wurden vom Senat ausdrücklich angesprochen:
- Rückgang der Umsätze
- Mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder öffentliche Leistungen
- Ersparte Aufwendungen zum Beispiel durch Kurzarbeit oder fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Ware.

 

Die Mieterin habe im konkreten Einzelfall jedoch keine besonderen Umstände dargelegt, welche belegt hätten, dass die Mietzahlung für sie unzumutbar ist.

 
Die Abwägung des OLG Dresden führte zur Annahme einer Störung der Geschäftsgrundlage, siehe Pressemitteilung vom 25. Februar 2021. Da keine der Parteien die Ursache für eine solche Störung gesetzt habe und auch keine Partei die Störung vorhergesehen habe, sei im Einzelfall eine hälftige Verteilung des Risikos angemessen. Mithin habe der Mieter nur noch einen Betrag von 50 % der vereinbarten Kaltmiete zu zahlen.

 

Fazit:

Die Unterschiede beruhen also auf unterschiedlichen Einzelfallabwägungen und nicht auf unterschiedlichen rechtlichen Auffassungen. Beide Entscheidungen sind im Lichte der Einführung einer Vermutungsregelung in Art. 240 § 7 EGBGB für die Störung der Geschäftsgrundlage zu betrachten. Diese betrifft nämlich ausdrücklich nicht die Vermutung einer Störung insgesamt, sondern soll nur die Unsicherheit beim sogenannten „tatsächlichen Element” beseitigen. Danach wird also lediglich vermutet, dass mit dem „Corona-Lockdown” eine wesentliche Änderung eines Umstandes vorliegt, welcher zur Geschäftsgrundlage wurde. Die weiteren Voraussetzungen muss der zahlungsunwillige Mieter weiterhin belegen. Hierzu gehört die Frage, ob bei vorhergesehener Veränderung der Vertrag mit anderem Inhalt oder nicht abgeschlossen worden wäre (hypothetisches Element), sowie die Unzumutbarkeit des Festhaltens am (unveränderten) Vertrag (normatives Element).

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