Überwachungskameras und das Persönlichkeitsrecht des Nachbarn

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​LG Frankenthal, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az.: 2 S 195/19

Das Persönlichkeitsrecht eines Nachbarn kann durch Überwachungskameras verletzt sein, auch wenn die Kameras das Nachbargrundstück nur potentiell erfassen.

 
Vor dem LG Frankenthal klagte ein Nachbar gegen seinen Nachbar auf Unterlassung des Betreibens einer Überwachungskamera an dessen Hauswand. Das AG Neustadt gab der Klage statt.

 
Das LG Frankental bestätigte nun die Entscheidung und wies die Berufung des Nachbarn, welcher die Kamera installiert hatte (aber inzwischen bereits wieder abmontiert hatte) als unbegründet zurück. Nach Auffassung des LG ist eine Videoüberwachung nur dann zulässig, wenn sie auf das eigene Grundstück beschränkt ist. Nur bei besonderen, das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen überwiegenden Interessen des Betreibenden sei es möglich, die Überwachung auch auf Bereiche auszuweiten, die öffentlich zugänglich sind, oder auf die Zugänge zu fremden Grundstücken. Vorliegend konnte das Gericht zwar nicht abschließend feststellen, ob die Nachbarn auch tatsächlich durch die Überwachung betroffen waren oder nicht, jedoch genüge es nach Auffassung des Gerichts auch wenn Dritte (also die Nachbarn) eine Überwachung objektiv ernsthaft befürchten müssen. Ob ein solcher Überwachungsdruck vorliege, sei im Einzelfall zu entscheiden, z.B. anhand objektiv Verdacht erregender Umstände oder im Hinblick auf einen eskalierenden Nachbarschaftsstreit. Insbesondere letzterer Punkt konnte vom Gericht vorliegend eindeutig festgestellt werden. Die Nachbarn befanden sich seit Jahren im Streit und die Kameras sollten angebracht werden, um sich gerade vor den Nachbarn zu schützen. Ein Sachverständigengutachten ergab außerdem, dass für eine der zwei Kameras die Möglichkeit bestand diese so zu drehen, dass sie den gesamten Gartenbereich des klagenden Nachbarn erfassen könnte.

 
Zu beachten kann letztlich auch sein, welchen Aufwand das Neu-Ausrichten der Kameras auf das Nachbargrundstück erfordert. Ein Unterlassungsanspruch könne beispielsweise dann verneint werden, wenn die Kamera nur mit erheblichem und äußerlich wahrnehmbarem Aufwand ausgerichtet werden könnte. Allerdings wurde vom BGH bereits ein Fall in 2011, in dem die Kameras in neun Meter Höhe nur unter Zuhilfenahme einer Leiter bewegbar waren, derart entschieden, dass hierdurch ein objektiver Überwachungsverdacht nicht verneint wurde. Eine Leiter hätte nach Aussage des BGH auch dann angebracht werden können, wenn die Nachbarn nicht zuhause sind und der Vorgang sei nicht sehr zeitaufwendig. Hieran könne man erkennen, dass ein derartiger Aufwand äußerst hoch sein müsse, um den Verdacht dadurch ausräumen zu können. Im Fall war das Drehen mit der bloßen Hand möglich, bzw. bei einer Kamera durch Lösen einer Schraube. Beides sei kein erheblicher Aufwand, stellte das LG Frankenthal fest und bejahte mithin auch unter diesem Gesichtspunkt einen objektiven Überwachungsverdacht.


Fazit:

Eine Überwachung des eigenen Grundstücks ist nicht grundsätzlich rechtswidrig. Problematisch wird es aber dann, wenn öffentlich zugängliche Areale oder gar andere (Privat-)Grundstücke von der Überwachung erfasst werden, oder zumindest ohne erheblichen und äußerlich sichtbaren Aufwand erfasst werden können. In diesen Fällen ist nämliche eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der betroffenen Personen naheliegend. Ein Nachbarschaftsstreit allein reicht auch nicht aus, um ausnahmsweise die Rechte der Betroffenen hinter den Rechten der überwachenden Person zurücktreten zu lassen.

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