Nicht jede Abmahnung kann einer nachfolgenden Mietvertragskündigung zu Grunde gelegt werden

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AG Paderborn, Urteil vom 03.03.2021 - Az.: 55 C 281/20

Nicht jede Abmahnung kann einer nachfolgenden Mietvertragskündigung zu Grunde gelegt werden.

 
In dem vorliegenden Rechtstreit vor dem Amtsgericht Paderborn nahm die Klägerin, Eigentümerin einer vom Beklagten bewohnten Eigentumswohnung diesen auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch.

 
Die Parteien schlossen am 1. März 2005 einen Mietvertrag über die besagte Wohnung. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 14. September 2020 außerordentlich fristlos und forderte die Herausgabe der Wohnung bis spätestens 23. September 2020. Hilfsweise erklärte sie die ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2021.

 
Die Klägerin trug vor, dem Beklagten gegenüber bereits mit Schreiben vom 23. Oktober 2009 eine Abmahnung wegen Lärmbelästigung und Störung des Hausfriedens ausgesprochen zu haben. Der Beklagte bestritt dies. Am 10. September 2020 sei der Beklagte wieder negativ aufgefallen, als er gegen 23 Uhr im Treppenhaus laut herumgeschrien haben soll. Am Folgetag, den 11. September 2020 soll er bei einer Mitmieterin Sturm geklingelt haben und diese lauthals beleidigt haben. Auch diese Vorwürfe bestritt der Beklagte.

 
Das Amtsgericht wies die Klage als unbegründet ab und stellte fest, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 14. September 2020 beendet worden sei. Dabei ließ das Gericht die Frage, ob ein zur außerordentlichen Kündigung rechtfertigender, wichtiger Grund vorliegt, offen. Es mangele jedenfalls an einer zunächst auszusprechenden Abmahnung, so das Gericht. Die im Raum stehende, behauptete Abmahnung vom 23. Oktober 2009 könne selbst bei deren Bestätigung keine Berücksichtigung finden. Eine zur außerordentlichen Kündigung berechtigende, vorangegangene Abmahnung müsse sich, aufgrund der mit ihr bezweckten Warnfunktion, auf eine ähnliche Vertragsverletzung beziehen und in einem engen zeitlichen Zusammenhang zur Kündigung stehen. Zumindest an letzterer Voraussetzung mangelte es hier, da die in Rede stehende Abmahnung bereits elf Jahre zurück liegt.

 
Anhaltspunkte für eine Entbehrlichkeit der Abmahnung sah das Gericht, selbst wenn sich die Vorwürfe bestätigt hätten nicht. Insbesondere stelle die behauptete Beleidigung gegenüber der Mitmieterin keine Ankündigung eines Verbrechens dar.

 
Auch als ordentliche Kündigung ausgelegt vermag das Schreiben vom 14. September 2020 nach Auffassung des Gerichts das Mietverhältnis nicht zu beenden. Dabei beruft sich das Gericht auf höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach eine nachhaltige, schwerwiegende Störung des Hausfriedens bei lediglich einmaligen und vereinzelten Vorfällen sowie Störungen, die dem Bagatellbereich zuzuordnen sind nicht vorliegt und somit eine ordentliche Kündigung nicht rechtfertigt. Nach Auffassung des Gerichts sei dies hier der Fall, da die Vorfälle vom 10. September 2020 und 11. September 2020 allein nicht eine Kündigung begründen können.


Fazit:

Das Gericht macht deutlich, dass eine mehrere Jahre zurückliegende Abmahnung eine außerordentliche Kündigung ebenso wenig rechtfertigen kann, wie eine Abmahnung wegen eines gänzlich anderen Benehmens, wie das, worauf sich die Kündigung stützt.

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