Anforderungen an den Zugang einer Kündigung

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veröffentlicht am  20.12.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

LG Krefeld, Urteil vom 21.09.2022 – 2 S 27/21

Eine um 22:30 Uhr in den Briefkasten des Empfängers eingeworfene Kündigung geht nicht mehr am selben Tag zu, selbst wenn der Kündigende den Empfänger über den Einwurf und Inhalt informiert.


Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung, die sie von dem Beklagten gemietet hat. Uneinig sind sich die Parteien darüber, ob der Beklagte zu Recht mit einem ausstehenden Mietzinsanspruch aufgerechnet hat, oder ob das Mietverhältnis – wie die Klägerin behauptet – vorher wirksam durch diese gekündigt wurde. Die Klägerin hatte eine schriftliche Kündigung am 04.02.2020 um 22:30 Uhr beim Vermieter eingeworfen und diesen per Gegensprechanlage über den Einwurf des Schreibens sowie dessen Inhalt informiert. Nach der Regelung des § 573c Abs. 1 S. 1 BGB ist die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig, wobei die Wirksamkeit der Kündigungserklärung insbesondere deren Zugang beim Empfänger voraussetzt. Das Landgericht hat entschieden, dass die Kündigungserklärung aufgrund des späten Einwurfs durch die Klägerin erst am 05.02.2020 beim Vermieter zugegangen ist.


Eine Kündigungserklärung ist zugegangen, wenn diese in den Machtbereich des Empfängers gelangt und unter gewöhnlichen Umständen damit zu rechnen ist, dass sie zur Kenntnis genommen wird. Eine mündliche Kündigung ist jedenfalls aufgrund der Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses unwirksam. Vorliegend ist die Kündigungserklärung der Klägerin durch den Einwurf in den Machtbereich des Empfängers verbracht worden. Wann unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme durch die Leerung des Briefkastens durch den Vermieter zu rechnen war, richtet sich nach den gewöhnlichen Verhältnissen. Dabei ist im Interesse der Rechtssicherheit eine objektive Betrachtung und nicht die individuelle Situation maßgebend. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gelten bis um 18:00 Uhr eingeworfene Briefe grundsätzlich noch als am selben Tag zugegangen. Erst erhebliche Zeit nach der allgemeinen Postzustellung in einen Wohnungsbriefkasten eingeworfene Briefe gelten dagegen erst als am nächsten Tag zugegangen. Eine Leerung des Briefkastens um 22:30 Uhr ist nach den maßgeblichen gewöhnlichen Verhältnissen hingegen nicht zumutbar, denn eine Pflicht des Empfängers, sich zu jeder Tageszeit zu versichern, ob rechtserhebliche Erklärungen in seinen Machtbereich geraten sind, besteht nicht.


Zwar hatte die Klägerin umfassende Bemühungen unternommen, dem Vermieter die Kenntnisnahme zu ermöglichen, indem sie diesen per Gegensprechanlage über den Einwurf und den Inhalt der Kündigung informierte - dennoch bewirkte dies keine „Vorverlegung“ des Zugangszeitpunktes. Dem Erklärungsempfänger ist trotz erfolgter Information indes zuzugestehen, sich zur Nachtzeit der Kenntnisnahme des Inhalts rechtserheblicher geschäftlicher Erklärungen zu entziehen.

 

Fazit:

Auch wenn der Mieter meist aufgrund seiner schwächeren Stellung schutzwürdig ist, so erscheint es unbillig, dem Vermieter übermäßige Pflichten aufzuerlegen. Dass der Vermieter kraft seiner Rechtsstellung „gezwungen“ ist, auch am späten Abend die Wohnung zu verlassen, um sicherzustellen, dass zu dieser Uhrzeit keine rechtserheblichen Erklärungen mehr bei ihm eintreffen, würde aber dessen Lebensgewohnheiten und Gepflogenheiten in ungerechtfertigtem Maße beeinträchtigen. 

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